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Sachverständigengebühren in Kartellverfahren: Kostenvorschuss von EUR 80.000,00 nicht überhöht

27/06/2019

Die Höhe des Kostenvorschusses in einem Kartellverfahren muss dem mit der Aufnahme des Beweises verbundenen Aufwand entsprechen. Geschätzte Gutachterkosten von EUR 80.000,00 bis 90.000,00 bei einem Stundensatz von EUR 400,00 hält der OGH für einen qualifizierten Sachverständigen für nicht überhöht.

Zur angemessenen Höhe des Kostenvorschusses

Schon in der Vorentscheidung 16 Ok 5/18y hatte dies der OGH so ausgesprochen. Daher sind der voraussichtliche Arbeitsumfang des Sachverständigen und die Vorschriften des Gebührenanspruchsgesetzes für die Höhe des Kostenvorschusses maßgebend.

In seinem Beschluss vom 22.01.2019, 16 Ok 6/18w, konkretisierte der OGH dann, dass die Parteien durch den Kostenvorschuss eine realistische Grundlage für die Einschätzung des tatsächlichen Aufwandes zur Erreichung ihres Prozesszieles erhalten sollen. Die Höhe des Kostenvorschusses muss sich an dem Gebührenanspruch orientieren, der für den voraussichtlichen Aufwand des Sachverständigen zu erwarten ist. Dem Richter kommt bei der Bestimmung der Höhe grundsätzlich kein Spielraum zu. Die subjektive Einschätzung einer Partei zur Angemessenheit der Höhe der Gebühren stellt keine geeignete Grundlage für die Bemessung dar.

Ein Stundensatz von EUR 400,00 (plus USt.) für einen qualifizierten Sachverständigen (Universitätsprofessor) sowie von EUR 250,00 für dessen wissenschaftlichen Mitarbeiter hält der OGH für nicht überhöht, weil es „nicht einsichtig“ sei, dass „ein besonders qualifizierter Sachverständiger in einem noch dazu vom Gesetzgeber als schwierig eingestuften und daher in erster Instanz dem Oberlandesgericht zugewiesenen Verfahren zu einem Stundensatz arbeiten soll, der deutlich unter üblicherweise von Wirtschaftsanwälten verrechneten Stundensätzen liegt“.

Geschätzte Gutachterkosten von EUR 80.000.00 bis 90.000,00 hielt der OGH daher für marktkonform und billigte dem Erstgericht zu, aufgrund seiner Erfahrung mit Kartellverfahren die Höhe der voraussichtlich anfallenden Sachverständigengebühren zumindest größenordnungsmäßig annähernd einschätzen zu können. Dass sich die Höhe des Kostenvorschusses am zu erwartenden Gebührenanspruch orientieren muss, liege in Wahrheit auch im Interesse der Parteien, weil diese eine realistische Grundlage für die Einschätzung erhalten, mit welchem Aufwand sie für die Erreichung ihres Prozesszieles zu rechnen haben.

Befreiung vom Erlag des Kostenvorschusses

Daraus, dass die Auferlegung des Kostenvorschusses die Parteien nicht von der Beweisführung abhalten soll, kann nicht abgeleitet werden, dass diese aus sozialen Gründen vom Erlag eines Kostenvorschusses zu befreien sind. Eine Befreiung vom Erlag des Kostenvorschusses kann nur nach Maßgabe der Bestimmungen über die Verfahrenshilfe erfolgen. In Hinblick auf diese Möglichkeit liegt auch kein Verstoß gegen Art 6 EMRK vor.

Dies zeigt, dass Sachverständigengebühren neben den Gerichtsgebühren und Anwaltskosten wesentliche Prozesskostenbestandteile sind, die schon vor Prozessbeginn realistisch eingeschätzt werden sollten.

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Bernt Elsner
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Wien
Miriam Baierl