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„Der Strom geht den Weg des geringsten Widerstandes“ - Umsatzsteuervereinfachungen für Energielieferungen und Netzleistungen

Bei grenzüberschreitenden Energielieferungen stellt sich die grundsätzliche Frage, wer letztendlich die Umsatzsteuer an das Finanzamt abzuführen hat. Auch im Energiehandel wurde mit Einführung des „Reverse-Charge-Verfahrens“ der Wechsel der Steuerschuldnerschaft geregelt. Für den österreichischen Unternehmer ist für Zwecke des Vorsteuerabzugs dabei relevant, auf welche Weise die Gesamtrechnung über Netz- und Energiekosten ausgestaltet ist. 

Von der Erzeugung der Energie bis hin zur Nutzbarkeit der Energie durch den Endkunden gibt es typischerweise eine Vielzahl von Beteiligten. Österreichische Energiekonsumentinnen und -konsumenten haben in der Regel zumindest zwei Vertragspartner:

(i) einen Netzanschlussvertrag mit dem Netzbetreiber, um Zugang zum Energienetz zu erhalten.

(ii) einen Liefervertrag mit dem Energielieferanten zur Belieferung von Energie.  

 

In der Praxis erfolgen diese Vorgänge - wie die Grafik zeigt - oftmals grenzüberschreitend:

 

 

Befindet sich der unternehmerische Abnehmer in Österreich und wird die Energie tatsächlich in Österreich verbraucht bzw. genutzt, liegt für Zwecke der Umsatzsteuer sowohl der maßgebliche „Lieferort“ der Energielieferung als auch der sogenannte „Ort der Leistung“ für Netzleistungen in Österreich. Damit unterliegen die Umsätze aus der Energielieferung sowie der Netzleistung in Österreich der Umsatzsteuer.

Grundsätzlich würde der unternehmerische Abnehmer zwei getrennte Rechnungen, nämlich eine über die Netzkosten und eine über die Energiekosten, erhalten. In der Praxis stellen Energielieferanten aber eine Gesamtrechnung über beide Kosten an den Endkunden aus. 

Um durch den Vorsteuerabzug von der Umsatzsteuer entlastet zu werden, gilt es für den österreichischen Unternehmer zu beachten, wie die Gesamtrechnung ausgestaltet ist:

Gesonderter Ausweis des Umsatzes des Netzbetreibers 

Der Lieferant rechnet neben den eigenen Umsätzen auch die Leistungen des Netzbetreibers ab. Die Rechnungsausstellung durch den Lieferanten erfolgt dennoch für den Netzbetreiber, d.h. es handelt sich de facto um eine Rechnung des Netzbetreibers.

Voraussetzung dafür ist, dass der Netzbetreiber den Lieferanten dazu bevollmächtigt hat und dies dem Endkunden gegenüber auch offengelegt wird. Typischerweise enthalten solche Gesamtrechnungen einen Hinweis wie "Die [Leistung] erfolgte im Namen und für Rechnung des [Netzbetreibers, Adresse, UID-Nummer]".  

Die Abrechnung der Netz- und Energiekosten erfolgt dann auf einer Gesamtrechnung. Dennoch muss aus der Rechnung klar ersichtlich sein, welche Umsätze dem Lieferanten und welche dem Netzbetreiber zuzurechnen sind.

In obigem Beispiel (siehe Grafik) stellt sich die Gesamtrechnung in diesem Fall aus umsatzsteuerlicher Sicht daher wie folgt dar:

Umsätze laut Gesamtrechnung

Steuerausweis laut Gesamtrechnung

Rechnung gilt als ausgestellt für

Steuerschuldner

  1. Umsatz des deutschen Lieferanten aus der Energielieferung

-            kein Ausweis der Umsatzsteuer

-            Hinweis auf Anwendung des Reverse Charge Systems (zwingend anzuwenden)

Deutscher Lieferant

Österreichischer Unternehmer

  1. Umsatz des österreichischen Netzbetreibers aus der Netzleistung*

-            Ausweis der österreichischen Umsatzsteuer

Österreichischer Netzbetreiber

Österreichischer Netzbetreiber

*Im Fall, dass der Netzbetreiber seinen Sitz in einem EU-Mitgliedstaat hat, kommt ebenfalls zwingend das Reverse Charge System zur Anwendung. Es erfolgt damit kein Ausweis der Umsatzsteuer auf der Gesamtrechnung. Steuerschuldner ist der österreichische Unternehmer.

Vereinfachte Variante: Kein gesonderter Ausweis des Umsatzes des Netzbetreibers

Für umsatzsteuerliche Zwecke kann zur Vereinfachung vereinbart werden, dass der Netzbetreiber seine Leistungen an den Lieferanten erbringt. Der Lieferant verrechnet dann in einer Gesamtrechnung sowohl seine Leistungen aus der Energielieferung als auch die Netzleistungen an den Endkunden. Es handelt sich dann auch hinsichtlich der Netzkosten um eine Rechnung des Lieferanten. Die Vereinfachung besteht darin, dass kein gesonderter Ausweis des Umsatzes des Netzbetreibers erforderlich ist.

In obigem Beispiel (siehe Grafik) stellt sich die Gesamtrechnung nach Variante 2 aus umsatzsteuerlicher Sicht daher wie folgt dar:

Umsätze laut Gesamtrechnung

Steuerausweis laut Gesamtrechnung

Rechnung gilt als ausgestellt für

Steuerschuldner

  1. Gesamtumsatz (Umsatz des Lieferanten aus der Energielieferung + Umsatz des Netzbetreibers aus Netzleistung)

-            kein Ausweis der Umsatzsteuer

-            Hinweis auf Anwendung des Reverse Charge Systems (zwingend anzuwenden)

 

Deutscher Lieferant

Österreichischer Unternehmer

Autoren

Foto vonSibylle Novak
Sibylle Novak
Partnerin
Wien
Eva-Maria Vögerl