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Konkursanmeldeverpflichtung bei der GmbH

06/10/2016

Regresshaftung des ausgeschiedenen GmbH-Geschäftsführers gegenüber seinem Nachfolger als Geschäftsführer, der trotz Überschuldung der GmbH den gebotenen Konkursantrag unterlassen hatte und als faktischer Geschäftsführer die Geschäfte der GmbH weiter führt.

Haftung erstreckt sich auch auf Schäden des späteren Strohmann-Geschäftsführers, der vom Finanzamt zur Haftung herangezogen wird.

Auch bei einer überschuldeten GmbH stellt das Hinzukommen von weiteren Schulden (Passiva) einen Vermögensschaden dar, weil das, wenngleich überschuldete, gegenwärtige Vermögen durch die Belastung durch weitere Schulden eine weitere Minderung erfährt. Der Geschäftsführer, der den Konkursantrag schuldhaft unterlässt (Konkursverschleppung), kann daher für die Vergrößerung der Schuldenlast haften.

Sachverhalt

Bei der PF-GmbH war zunächst Mag. G. B. Gesellschafter und Geschäftsführer. In Kenntnis der Überschuldung der PF-GmbH schied er im November 2007 als Geschäftsführer aus, ohne Insolvenzantrag gestellt zu haben, und er bestellte Herrn B. M. zum neuen Geschäftsführer der PF-GmbH (monatliches Entgelt: € 1.000). Herr B. M. war gelernter Elektrotechniker und hatte keine für die Geschäftsführung erforderliche Ausbildung. Der Gesellschafter und bisherige Geschäftsführer Mag. G. B. versicherte dem neu bestellten Geschäftsführer, seine Geschäftsführertätigkeit sei lediglich von vorrübergehender Natur und mit wenig Arbeit verbunden. Faktisch übte die Geschäftsführertätigkeit Mag. G. B. weiter aus. Dieser war in Kenntnis darüber, dass die PF-GmbH zu diesem Zeitpunkt bereits überschuldet war, ließ jedoch den neuen Geschäftsführer darüber in Unkenntnis.

Im Juni 2008 kaufte die PF-GmbH eine Eigentumswohnung und verkaufte sie sofort an die Gesellschafterin der PF-GmbH, Frau B. H., weiter. Nach dem Kaufvertrag sollte der Nettokaufpreis von € 225.000 auf das Konto der PF-GmbH bei der Sparkasse K. überwiesen werden. Die Entrichtung der Umsatzsteuer von € 45.000 sollte durch „Überrechnung“ auf den Steuerkonten der Vertragsteile beglichen werden. Die Hypothekargläubigerin Sparkasse K. forderte im Zuge der Lastenfreistellung, dass der gesamte Kaufpreis in Höhe von € 270.000 zzgl. Kosten auf das Konto der PF-GmbH überwiesen wird. Mag. G. B. trug dem abwickelnden Notar auf, den Bruttokaufpreis von € 270.000 zur Gänze auf das Konto der Sparkasse K. zur Anweisung zu bringen. Der Geschäftsführer, B. M., war über den konkreten Inhalt und den Folgen dieses Kaufvertrags nicht in Kenntnis gesetzt worden. Ein Überrechnungsantrag an das Finanzamt war daraufhin nicht mehr durchführbar. Es entstand auf dem Abgabenkonto der PF-GmbH eine Umsatzsteuerzahllast in Höhe von € 45.000. Über das Vermögen der PF-GmbH wurde am 10.02.2009 über das Vermögen des Mag. G. B. am 31.03.2009 das Insolvenzverfahren eröffnet. In der Folge erließ das Finanzamt Innsbruck gegen den Geschäftsführer B. M. am 17.11.2009 einen Haftungsbescheid über € 46.521,39, der zwischenzeitig in Rechtskraft erwuchs.

Im Schuldenregulierungsverfahren über das Vermögen des B. M. meldete das Finanzamt seine Forderung an. In der Folge meldete der Insolvenzverwalter des B. M. seinerseits eine Regressforderung über € 47.547,88 im Insolvenzverfahren über das Vermögen des Mag. G. B. an. Dessen Insolvenzverwalter hat diese Forderung bestritten, weshalb der gegenständliche Rechtstreit über die Feststellung der Regressforderung als Insolvenzforderung geführt wurde.

Rechtliches Ergebnis

Der OGH bejahte einen Freistellungsanspruch (Regressanspruch) des später bestellten Geschäftsführers, der vom Finanzamt zur Haftung für Abgabenschulden herangezogen wurde, gegen Mag. G. B.

Der OGH betrachtete das Verhalten des als faktischer Geschäftsführer agierenden Mag. G. B. unter Beachtung der mit dem neuen Geschäftsführer B. M. getroffenen Vereinbarungen als rechtswidrig.

Nach intensiver juristischer Begründung – die hier nicht wiedergegeben wird – bejahte der OGH den Regressanspruch (Freistellungsanspruch) von B. M. gegenüber dem Gesellschafter und faktischen Geschäftsführer, Mag. G. B.

Die Entscheidung befasst sich ausführlich mit dem Freistellungsanspruch des früheren Geschäftsführers und weist insbesondere auf die Aufsätze von Oberhofer, Die entstandene Ersatzverpflichtung als Schadensbild, ÖJZ 1995, 180, sowie Kodek, Der schadenersatzrechtliche Freistellungsanspruch – das unbekannte Wesen, Zak 2015, 204, sowie auch auf deutsche Rechtsprechung hin.

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Foto vonJohannes Reich-Rohrwig
Johannes Reich-Rohrwig
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Wien