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Reform der GesbR seit 1. Jänner 2015 in Kraft

29/07/2015

Am 1. Jänner 2015 ist die große Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ("GesbR") - deren Rechtsgrundlagen im Wesentlichen noch auf der Stammfassung des ABGB beruhten - in Kraft getreten. Nachfolgend soll ein Überblick über die Reform gegeben werden.

A. Inhalte

Die GesbR-Reform kodifiziert zahlreiche von der L und Rsp herausgearbeitete Wesensmerkmale der GesbR. Zu nennen sind:

Die Auffangfunktion der GesbR für gesellschaftliche Zusammenschlüsse (§ 1175)

  • Der GesbR komm keine Rechtspersönlichkeit zu (§ 1175 Abs 2)
  • Unterscheidung zwischen Innen- und Außengesellschaft (§ 1176)
  • Vermögensordnung: Gesamthandeigentum bei unkörperlichen Sachen (insb Forderungen); Miteigentum bei körperlichen Sachen (§ 1180)
  • Die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander sind weitgehendst dispositiv (§ 1181)
  • Gesamtschuldnerische Haftung aller Gesellschafter für gesellschaftsbezogene Verbindlichkeiten (§ 1199)

Zahlreiche Bestimmungen des GesbR-Reformgesetzes führen zudem zu einer weitgehenden Annäherung der GesbR an die OG:

  • Geschäftsführung (§§ 1189ff; vgl §§ 114ff UGB):◦grds Alleingeschäftsführungsbefugnis von allen Gesellschaftern (bisher Gesamtgeschäftsführung nach dem Mehrheitsprinzip;
    • Widerspruchsrecht jedes Gesellschafters zu Geschäftsführungsmaßnahmen;
    • einstimmiger Gesellschafterbeschluss für außergewöhnliche Geschäfte notwendig;
    • Vertrauensschutz hinsichtlich der Vertretungsbefugnis bei unternehmerisch tätigen Außengesellschaften (zuvor § 178 UGB aF);
    • Entzug der Geschäftsführungsbefugnis aus wichtigem Grund; weiterhin umfassendes Bucheinsichtsrecht der Gesellschafter und Auskunftspflicht der geschäftsführenden Gesellschafter.
  • Ausscheiden eines Gesellschafters, Auflösung und Umwandlung der Gesellschaft◦Unabdingbares Kündigungsrecht jedes Gesellschafters unter Einhaltung einer 6-Monatsfrist zum Schluss des Geschäftsjahres (§ 1209, vgl §132 UGB)
    • Rechtsnachfolge zwischen ausscheidenden und eintretenden Gesellschaftern ohne die Notwendigkeit einzelner Übertragungsakte (§ 1201; vgl § 38 UGB)
    • Rechtsgestaltungsklage auf Ausschluss aus der Gesellschaft (§ 1213; vgl § 140 UGB)
    • Umwandlungsmöglichkeit der GesbR auf OG oder KG (§§ 1206f)

B. Aspekte der Vertragsgestaltung

  1. Geschäftsführungsbefugnis
    Anders als bislang gilt nunmehr als Grundsatz die Alleingeschäftsführungsbefugnis jedes Gesellschafters in der ordentlichen Geschäftsführung. Gerade bei nicht unternehmerisch tätigen GesbR, wo kein Erfordernis zur laufenden und raschen Entscheidungsfindung besteht, könnte es sinnvoll sein, hier gesellschaftsvertraglich die alte Rechtslage wiederherzustellen, aber auch bei der unternehmerischen GesbR kann dies als Vorsichtsmaßnahme sinnvoll sein.
  2. Entlohnung von geschäftsführenden Gesellschaftern und Arbeitsgesellschaftern
    § 1195 übernimmt § 121 UGB und stellt fest, dass geschäftsführenden Gesellschaftern bzw Arbeitsgesellschaftern ohne weiteres kein gewinnunabhängiges Entgelt für ihre Tätigkeiten zusteht. Vertraglich können hier abweichende Regelungen getroffen werden, was uE durchaus sinnvoll ist.
  3. Ausschluss von Gesellschaftern
    Während bisher die bloße Erklärung des Ausschlusses eines Gesellschafters aus wichtigem Grund durch die anderen Gesellschafter genügte4, kann nunmehr in Entsprechung von § 140 UGB ein Gesellschafter nur noch mittels Rechtsgestaltungsklage ausgeschlossen werden (§ 1213). Diese zwingend notwendige Prozessführung mutet, insbesondere bei kleinen und nicht unternehmerisch tätigen Gesellschaften, als hypertroph an. Mittels Vertragsgestaltung könnte hier entweder die alte Rechtslage, dh bloßer Gesellschafterbeschluss über den Ausschluss, wiederhergestellt werden, oder sonstige Erleichterungen bzw Erschwerungen vorgesehen werden5.
  4. Kündigungsrecht der Gesellschafter
    Bisher konnte jeder Gesellschafter jederzeit, wenn nicht nur Unzeit, das Gesellschaftsverhältnis aufkündigen, jetzt nur mehr unter Einhaltung einer sechsmonatigen Frist zum Ende des Geschäftsjahres (§ 1203). Die Gesellschafter können von der Gesetzesregelung vertraglich abweichen, sofern die Kündigungsmöglichkeit des einzelnen hierdurch nicht unangemessen erschwert wird. Gerade bei wenn es sich in der GesbR um die persönliche Zusammenarbeit (Kooperation) der Gesellschafter geht, wäre hier an eine abweichende erwägenswert.

C. Übergangsbestimmungen für Altgesellschaften - Opt-Out

Die GesbR-Reform trat mit 1. Jänner 2015 in Kraft und erstreckt sich auf Sachverhalte, die sich ab diesem Zeitpunkt verwirklicht haben.
Für vor diesem Zeitpunkt begründete GesbR gelten einzelne Vorschriften, insbesondere die Vorschriften über die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter untereinander und die neuen Kündigungs- und Auflösungsbestimmungen erst ab dem 1. Juli 2016. Dies zudem nur dann, wenn keiner der Gesellschafter einer "Alt-GesbR" gegenüber den anderen Gesellschaftern bis zu diesem Zeitpunkt (30. Juni 2016) erklärt hat, das zuvor geltende Recht beibehalten zu wollen (sog "Opt-Out"). Ab 1. Jänner 2022 gelten sämtliche Vorschriften nach der GesbR-Reform - unbeschadet des Vorrangs gesellschaftsvertraglicher Vereinbarungen (§ 1181 ABGB) - auch für jene GesbR, die zuvor genanntes Opt-Out erklärt haben.


1. GesbR-Reformgesetz, BGBl I Nr. 83/2014. Paragrafenhinweise beziehen sich, soweit nicht anders angegeben, auf das ABGB nF.
2. So im Ergebnis die bisherige hL und Rsp - vgl OGH 8 Ob 138/81; 2 Ob 2398/96b - wenngleich § 1203 aF Anteilshaftung vorsieht.
3. OGH 1 Ob 1052/52.
4. OGH 5 Ob 264/67.
5. Vgl OGH 2 Ob 284/05m zur Dispositivität von § 140 UGB.

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Johannes Reich-Rohrwig
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