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Ständiger Vertreter einer Zweigniederlassung haftet nicht für Verwaltungsübertretungen

18/08/2016

Über den ständigen Vertreter der österreichischen Niederlassung einer Gesellschaft mit Sitz in der Schweiz wurde wegen Übertretung der NÖ Bauordnung eine Geldstrafe verhängt. Das Verwaltungsgericht NÖ begründete dies damit, dass er gemäß § 254 Abs 2 AktG zur gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft befugt sei. Organschaftlicher Vertreter der Gesellschaft war jedoch jemand anderer.

AG und GmbH mit Sitz im Ausland haben für den gesamten Geschäftsbetrieb der Zweigniederlassung in Österreich mindestens eine Person zu bestellen, die zur ständigen gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung der Gesellschaft befugt ist und ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat. AG und GmbH mit Sitz in der EU/im EWR können einen solchen ständigen Vertreter bestellen (§ 254 Abs 2 AktG, § 107 Abs 2 GmbHG).

Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch eine juristische Person sind die zur Vertretung nach außen berufenen Organe verantwortlich (§ 9 Abs 1 VStG). Begeht eine AG oder GmbH eine Verwaltungsübertretung, dann sind grundsätzlich die Mitglieder des Vorstandes bzw die Geschäftsführer zu bestrafen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nun geklärt, dass ein ständiger Vertreter nicht für Verwaltungsübertretungen der von ihm vertretenen Gesellschaft haftet. Mit dem VwGH-Erkenntnis vom 16.3.2016, Ra 2014/05/0002, wurde die Entscheidung des Verwaltungsgerichtes NÖ aufgehoben.

Die Stellung des ständigen Vertreters entspricht inhaltlich jener einer Filialprokura zuzüglich Liegenschaftsklausel (§ 49 UGB), auch wenn eine solche formell nicht erteilt wurde. Seine Bestellung erfolgt durch einen Bestellungsakt der ausländischen Gesellschaft. Durch den Bestellungsakt zu einem ständigen Vertreter wird dieser nicht zum Organ der Gesellschaft, sondern zum rechtsgeschäftlichen Vertreter. Als rechtsgeschäftlicher Vertreter haftet dieser nicht - wie ein organschaftlicher Vertreter - gemäß § 9 VStG.

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Robert Keisler
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