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Verschärfte Zwangsstrafen bei Nicht-Offenlegung des Jahresabschlusses

20/12/2011

Mit 10.3.2011 hat der Gesetzgeber die Vorschriften zur Offenlegung des Jahresabschlusses von Kapitalgesellschaften zum Firmenbuch verschärft: Werden die zur Vorlage vorgeschriebenen Unterlagen, insbesondere Jahres- und Konzernabschluss, nicht innerhalb von neun Monaten nach Ende des Geschäftsjahres beim Firmenbuch eingereicht, hat das Firmenbuchgericht automatisch Zwangsstrafen von zumindest EUR 700 bis maximal EUR 3.600 gegen jeden Geschäftsführer/jedes Vorstandsmitglied, zusätzlich aber auch gegen die Gesellschaft zu verhängen. Alle zwei Monate werden die Zwangsstrafen erneut verhängt. Eine Pflicht zur Auf­forderung, erforderliche Unterlagen nachzureichen, besteht nicht.

Vorzulegen sind in der Regel der Jahres- und Konzernabschluss, bei großen und mittelgroßen Kapitalgesellschaften zusätzlich der Lagebericht sowie gegebenenfalls der Corporate-Governance-Bericht, der Bericht des Aufsichtsrats, der Vorschlag über die Verwendung des Ergebnisses und der Gewinnverwendungsbeschluss.

Der OGH hat nun erstmals in einer Vielzahl an Entscheidungen (vgl. OGH 18.7.2011, 6 Ob 129/11f u.a.) zur neueren Rechtslage Stellung genommen und erste Unklarheiten der neuen Regelungen beseitigt:

  • Zwangsstrafen sind nach Ablauf der Offenlegungsfrist zwingend zu verhängen. Eine vorhergehende Verständigung der Gesellschaftsorgane hat somit nicht zu erfolgen.
  • Wird die Bilanz spätestens am Tag vor Erlassung der Zwangs­straf­verfügung eingereicht, ist die Verhängung einer Zwangs­strafe unzulässig; anderes gilt, wenn bereits einmal eine Zwangsstrafe verhängt wurde; diesfalls steht die nachträgliche Einreichung der Bilanz der Verhängung einer Zwangsstrafe nicht entgegen.
  • Geschäftsführer/Vorstände haben in ihrem Unternehmen für die rechtzeitige Erfüllung der Offenlegungspflichten Sorge zu tragen; bei Online-Einreichung des Jahresabschlusses ist auf wirksame Weise zu kontrollieren, ob die Übermittlung zustande gekommen ist; dies setzt als Mindesterfordernis die Einsicht­nahme in das Übermittlungsprotokoll voraus.
  • Mindeststrafen von EUR 700 sowie Strafverhängungen gegen Gesellschaft und zugleich Geschäftsführer sind verfassungs­rechtlich unbedenklich. Dasselbe gilt für die in den Übergangs­bestimmungen vorgesehene Übergangsfrist (1.1.2011 bis 28.2.2011).
  • Betrifft die Offenlegung Zeiträume vor dem 1.1.2011, und erfolgt die Offenlegung nicht bis zum 28.2.2011, kommt bereits die neue Rechtslage zur Anwendung.

Auswirkungen für die Praxis

Die nunmehrige OGH-Rsp stellt klar: Zwangsstrafen nach Ablauf der Offenlegungsfrist sind zwingend zu verhängen. Von einer Verhängung der Zwangsstrafe ist dann abzusehen,

  • wenn die Offenlegung noch bis zum Tag vor Erlassung der Zwangsstrafverfügung bei Gericht eingelangt ist oder
  • es für das Gericht offenkundig ist, dass das Organ durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der fristgerechten Offenlegung gehindert ist.

Wurde bereits eine Zwangsstrafe verhängt, steht die nachträgliche Einreichung der Bilanz der Verhängung einer (weiteren) Zwangsstrafe nicht entgegen.

Autoren

Foto vonJohannes Reich-Rohrwig
Johannes Reich-Rohrwig
Partner
Wien