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Änderungen im Gesetz über die landwirtschaftlichen Flächen schränken Eigentumsrecht ein

03/04/2015

Am 13. Juni 2014 wurden im Gesetzblatt die neuen Änderungen im Gesetz „über das Eigentum und die Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen“ veröffentlicht. Mit diesen Änderungen werden eine Reihe von Anforderungen und Einschränkungen eingeführt, die sich auf die Bedingungen zum Erwerb von Eigentum an landwirtschaftlichen Flächen in Bulgarien beziehen.

Verbot betrifft Besitzer aus Offshore-Zonen und aus Nicht-EU-Ländern

Die neuen Bestimmungen räumen nur einem bestimmten Personenkreis die rechtliche Möglichkeit ein, landwirtschaftliche Flächen zu besitzen. Das Verbot umfasst im Wesentlichen drei Kategorien von Personen.

An erster Stelle sind es die Handelsgesellschaften, in denen die Gesellschafter oder Aktionäre direkt oder indirekt Gesellschafter sind, und die in Jurisdiktionen mit steuerlicher Vorzugsbehandlung (die sog. Offshore-Zonen sind im Gesetz über die Körperschaftssteuer aufgezählt) registriert sind. Als eine Jurisdiktion mit steuerlicher Vorzugsbehandlung wird auch jeder Staat angesehen, mit dem Bulgarien kein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung abgeschlossen hat, und in dem Gewinn und Einkommen mit Steuern belegt werden, die mindestens 60% niedriger sind als die Steuern, mit denen ähnliche Einkommen und Gewinne in Bulgarien besteuert werden.

Ferner gilt das Verbot auch für Handelsgesellschaften, an denen Gesellschafter oder Aktionäre solche ausländische natürliche oder juristische Personen sind, die Bürger von Nicht-EU- bzw. EWR-Ländern sind oder in solchen Ländern gemeldet sind.

Zu der dritten Kategorie zählen alle Aktiengesellschaften, die Inhaberaktien ausgegeben haben, d.h. Aktien, deren Inhaber für die Öffentlichkeit praktisch unbekannt ist und als deren Inhaber jener angesehen wird, der die Aktien physisch besitzt. Wahrscheinlich wurde diese Kategorie deswegen eingeführt, um zu vermeiden, dass das Gesetz durch Verdecken von ausländischen Eigentümern durch die Anonymität der Inhaberaktien umgangen wird.

Ziel der neuen gesetzlichen Restriktionen hinsichtlich der landwirtschaftlichen Flächen ist wahrscheinlich die Einschränkung des Zugangs von Gesellschaften mit unklaren Eigentumsverhältnissen und Herkunft des Kapitals. Die Neuerungen würden die versteckte Spekulationstätigkeit von „Investoren“, die landwirtschaftliche Flächen als Mittel zur Geldwäsche von Finanzen mit unklarem oder verbrecherischem Ursprung kaufen, erschweren. Auf diese Weise wird garantiert, dass sich die landwirtschaftlichen Flächen in den Händen von Personen befinden, welche nicht die Absicht haben, diese zu bewirtschaften.

Die Einschränkung geht zu weit bei börsennotierten Landbesitzern

Diese gesetzgeberischen Änderungen können aber auch die Interessen von Gesellschaften betreffen, bei denen die Herkunft der finanziellen der Mittel und deren Aktionärsstruktur geklärt sind. Ein Beispiel sind die börsennotierten Unternehmen, deren Aktien nach Genehmigung eines Prospekts durch die Kommission für Finanzaufsicht an der Börse frei gehandelt werden. Gesellschaften, die in Jurisdiktionen mit steuerlicher Vorzugsbehandlung registriert sind, dürfen grundsätzlich Aktien an der Börse erwerben, wobei auf diese Weise jedes börsennotierte Unternehmen automatisch Teil des Personenkreises werden kann, für welchen die neuen gesetzlichen Restriktionen angewendet werden. Die derzeitige Fassung des Gesetzes über das Eigentum und die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen führt zu einer Situation, in der die börsennotierten Unternehmen praktisch keine landwirtschaftlichen Flächen erwerben können.

Eine Lösung des Problems könnte vielleicht in einer der Regelungen des neuen Gesetzes über „die Gesellschaften aus Jurisdiktionen mit steuerlicher Vorzugsbehandlung “ enthalten sein. Ähnlich wie in diesem Gesetz könnte auch das Gesetz über das Eigentum und die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen mit einem Passus ergänzt werden, der vorsieht, dass die Einschränkungen für den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen nicht auf börsennotierten Unternehmen angewendet werden, deren Aktien an einem regulierten Markt in einem EU- bzw. EWR-Mitgliedstaat sowie auf solchen Märkten gehandelt werden, die auf Plattformen für Kleinhandel gemäß der europäischen Gesetzgebung spezialisiert sind. Eine solche Änderung ist aber noch nicht in Sicht.

Mangel von Sanktionen im Falle von Verstößen

Erwähnenswert ist die Tatsache, dass die Nichteinhaltung der neu eingeführten gesetzlichen Verbote derzeit mit keinen Sanktionen belegt ist. Genau diese Versäumnisse heben die Mitglieder des Ausschusses für Landwirtschaft und Ernährung als Hauptgrund hervor, weswegen sie eine Ergänzung zum Änderungsgesetz vorgeschlagen haben, bevor die erste Gesetzesfassung im Gesetzblatt veröffentlicht wurde.

Die von den Mitgliedern des Ausschusses für Landwirtschaft und Ernährung vorgeschlagenen Ergänzungen sehen vor, dass bis zum 1. Januar 2015 alle Handelsgesellschaften, die unter das Verbot fallen, ihre landwirtschaftlichen Flächen veräußern. Für die Nichterfüllung der obigen Verpflichtung wird eine Strafe in Höhe von 100 Leva pro Hektar auferlegt. Wenn nach der Auferlegung der Strafe der Verstoß mehr als einen Monat weiter andauert, wird eine weitere Strafe in Höhe von 300 Leva pro Hektar verhängt.

Falls die vorgesehenen Sanktionen vom Parlament beschlossen werden, sollten die Gesellschaften mit Offshore-Anteil, die landwirtschaftliche Flächen in Bulgarien besitzen, in kürzester Frist das von ihnen besessene Land verkaufen, wenn sie keine wesentlichen Verluste hinnehmen möchten. Wie ausgeführt, liegt die Gesetzesvorlage für die Einführung der Sanktionen immer noch dem Parlament zur Verabschiedung vor.

Aufenthalt von fünf Jahren ermöglicht Erwerb - oder auch nicht?

Darüber hinaus führt das Gesetz über das Eigentum und die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen noch eine weitere und ebenso umstrittene Regelung ein: Natürliche und juristische Personen können das Eigentumsrecht auf landwirtschaftliche Flächen erwerben, wenn sie sich in der Republik Bulgarien über fünf Jahre aufgehalten haben oder ansässig waren. Weiter können landwirtschaftliche Flächen von juristischen Personen erworben werden, die in Bulgarien zwar weniger als fünf Jahre „ansässig“ sind, aber deren Gesellschafter sich mehr als fünf Jahre im Lande aufgehalten haben oder hier ansässig waren. Beim Abschluss eines Geschäfts für den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen müssen die Erwerber vor dem Notar eine Erklärung bzw. einen Nachweis über die Herkunft der Mittel vorlegen. Die Anforderung über ihre fünfjährige Ansässigkeit wird nur bei gesetzlichen Erbschaften nicht angewandt.

Interessant ist die Tatsache, dass der Gesetzgeber keine Sonderregelung oder kein Verfahren für das Feststellen des Aufenthalts der natürlichen Personen vorgesehen hat. Es ist unklar, mit welchen Dokumenten nachgewiesen werden muss, dass eine fünfjährige Ansässigkeit im Land vorliegt.

Politisch, aber auch rechtlich ist das Thema immer noch nicht gelöst und sorgt für Diskussion

Die neuen Einschränkungen bzgl. des Erwerbs von landwirtschaftlichen Flächen von Ausländern wurden verkündet, nachdem das bulgarische Parlament im Jahr 2013 versucht hatte, ein Moratorium auf den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen durch ausländische Personen einzuführen. Im Nachhinein wurde dieses Verbot vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig und als dem Beitrittsvertrag zwischen Bulgarien und der Europäischen Union widersprechend aufgehoben.

Dies war auch der Grund für das Veto des Präsidenten im April 2014 gegen die damals noch nicht verkündeten und in Kraft getretenen Änderungen im Gesetz über das Eigentum und die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen. In der Begründung des Präsidenten wurde angegeben, dass das Verfassungskriterium „Staatsangehörigkeit“ vom faktischen Kriterium „fünfjähriger Aufenthalt“ bzw. „fünfjährige Ansässigkeit“ für juristische Personen ersetzt wird. Gemäß der Verfassung könnten die bulgarischen Staatsbürger und juristischen Personen einschränkungsfrei Land erwerben. Was die EU-Bürger betrifft, verweise die Verfassung auf die Bedingungen des Beitrittsvertrags. Gemäß seiner Bestimmungen entfallen ab 1. Januar 2014 die Einschränkungen für den Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen für EU- und EWR-Bürger sowie für juristische Personen, die gemäß der Gesetzgebung dieser Länder gegründet wurden. Jegliche Einschränkung der Rechte ausländischer EU-Personen nach dem angegebenen Datum ist nur nach Neuverhandlung des Beitrittsvertrags möglich und bedarf der Zustimmung aller EU-Mitgliedstaaten.

Eine Sanktion für die Nichteinhaltung der gesetzlichen Anforderung für Ansässigkeit beim Erwerb von landwirtschaftlichen Flächen ist weder im veröffentlichten Gesetz, noch im Projekt des Ausschusses für Landwirtschaft und Ernährung zur Ergänzung des Gesetzes enthalten.

Der direkte Widerspruch der neuen Bestimmungen des Gesetzes über das Eigentum und die Nutzung der landwirtschaftlichen Flächen lässt die Möglichkeit des Anrufens des Verfassungsgerichts und deren Aufhebung offen. Im Fall, dass das Gericht nicht angerufen wird und das Gesetz in der derzeitigen Fassung in Kraft bleibt, werden die eingeführten Einschränkungen die Interessen der ausländischen Investoren direkt treffen und können dazu führen, dass ausländische Investitionen in der bulgarischen Landwirtschaft abgezogen werden.

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Marin Drinov