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Angebotsöffnung durch externe Berater doch erlaubt

Update Real Estate & Public 09/2019

September 2019

Hintergrund

§ 55 Abs. 2 S. 1 VgV bestimmt, dass die Öffnung von Angeboten im Vergabeverfahren von mindestens zwei Vertretern des öffentlichen Auftraggebers gemeinsam an einem Termin unverzüglich nach Ablauf der Angebotsfrist durchzuführen ist. Das hiernach vorgesehene Vier-Augen-Prinzip soll ein faires und willkürfreies Vergabeverfahren sichern. Umstritten ist hierbei insbesondere, ob auch externe Berater des Auftraggebers – wie z. B. Mitarbeiter eines beauftragten Ingenieurbüros oder zur Begleitung des Vergabeverfahrens bevollmächtigte Rechtsanwälte – als „Vertreter“ im o. g. Sinne Angebote öffnen dürfen oder ob die Angebotsöffnung stets durch eigenes Personal des Auftraggebers erfolgen muss. Dies wird bisher von den Vergabekammern unterschiedlich bewertet. Aufgrund des Beschlusses des OLG Düsseldorf vom 14.11.2018 (Verg 31/18) hat sich nun erstmals ein Vergabesenat mit dieser Problematik beschäftigt.

In dem zugrundeliegenden Fall schrieb ein öffentlicher Auftraggeber Dienstleistungen europaweit im offenen Verfahren aus. Der Auftraggeber beauftragte eine Rechtsanwaltskanzlei mit der Konzipierung und Durchführung des Vergabeverfahrens. Nachdem die Angebote der Bieter elektronisch eingegangen waren, nahmen zwei Rechtsanwälte der Kanzlei die Angebotsöffnung vor. Dieser Vorgang wurde vom Auftraggeber zunächst nicht in der Vergabeakte dokumentiert, was ein ausgeschlossener Bieter nach erfolgter Akteneinsicht rügte. Im Zuge des Nachprüfungsverfahrens vor der Vergabekammer reichte der Auftraggeber den Ausdruck eines elektronischen Vermerks über die durchgeführte Öffnung nach und erläuterte den Sachverhalt hierzu. Das OLG Düsseldorf hatte sich nun in zweiter Instanz u. a. mit der Frage zu beschäftigen, ob die Angebotsöffnung vergaberechtskonform durchgeführt und dokumentiert worden war.

Die Entscheidung

Nach Ansicht des erkennenden Vergabesenats war dies der Fall. Die Verfahrensweise bei der Angebotsöffnung begegne keinen rechtlichen Bedenken; die Öffnung durch zwei Rechtsanwälte sei rechtmäßig erfolgt. Das OLG Düsseldorf stellt klar, dass Vertreter des Auftraggebers im Sinne des § 55 Abs. 2 S. 1 VgV – und damit zur Angebotsöffnung berechtigt – jede von ihm hierzu ermächtigte Person sein könne, z. B. ein Mitarbeiter oder ein externer Berater, mithin auch ein Rechtsanwalt. Was die Dokumentation anbelangt, so bestehe in einer fehlenden Protokollierung der Angebotsöffnung zwar zunächst ein Mangel. Ein solcher Mangel sei jedoch grundsätzlich nachträglich zu beheben, was dem Auftraggeber nach Auffassung des Gerichts durch sein Vorbringen im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens auch gelungen war.

Praxistipp

Das OLG Düsseldorf liegt mit seiner Entscheidung auf einer Linie mit der VK Lüneburg, die ebenfalls davon ausgeht, dass Vertreter des Auftraggebers jede von ihm zur Angebotsöffnung ermächtigte Person sein könne (Beschluss vom 08.05.2018 – VgK-10/2018). Die VK Südbayern hingegen vertritt die Auffassung, die Angebotsöffnung dürfe nicht ausschließlich durch Mitarbeiter eines beauftragten Büros durchgeführt werden (Beschluss vom 02.01.2018 – Z3-3-3194-1-47-08/17). Es bleibt insoweit abzuwarten, ob die Entscheidung des OLG Düsseldorf auch für Vergabekammern außerhalb von Nordrhein-Westfalen oder bei bundesweiten Ausschreibungen Signalwirkung haben wird und, wenn ja, welche.

In jedem Fall sollte die Angebotsöffnung stets von Anfang an ausreichend dokumentiert werden. Dies beinhaltet insbesondere Angaben darüber, wann die Öffnung stattgefunden hat und welche Personen hierbei anwesend und beteiligt waren. Auch bei der Inanspruchnahme externer Berater müssen im Übrigen mindestens zwei Vertreter bei der Öffnung anwesend sein.

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Autoren

Dr. Tobias Sdunzig