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Fehlende Originalvollmacht muss binnen Wochenfrist ausdrücklich gerügt werden

UPDATE ARBEITSRECHT 09/2018

September 2018

Die Zurückweisung einer Kündigung nach § 174 BGB kommt nur in Betracht, wenn das Fehlen der Originalvollmacht ausdrücklich und binnen einer Woche gerügt wird. Das allgemeine Bestreiten der Wirksamkeit der Kündigung und der Vertretungsmacht des Kündigenden sind nicht ausreichend. Die Zurückweisung wegen Fehlens der Originalvollmacht ist nicht heilbar und führt zur Unwirksamkeit der Kündigung.

Der klagende Arbeitnehmer war seit dem 16. Januar 2017 bei seinem Arbeitgeber, einem Dienstleistungsunternehmen für Visaanträge, tätig. Bereits am ersten Arbeitstag kam es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen dem Mitarbeiter und seinem neuen Arbeitgeber. Am 18. Januar 2017 kündigte das Unternehmen das gerade mal zwei Tage bestehende Arbeitsverhältnis innerhalb der Probezeit. Das Kündigungsschreiben wurde von der Büroleiterin unterzeichnet und dem Mitarbeiter persönlich übergeben. Der Kündigung war der E-Mail-Ausdruck einer Vollmacht der sogenannten Landesleiterin des Unternehmens beigefügt. Ob der Arbeitnehmer bei Entgegennahme des Kündigungsschreibens die Kündigung „wegen fehlender Vollmacht“ zurückgewiesen hat, ist umstritten. Schriftlich notierte er auf dem Kündigungsschreiben jedoch, dass er „mit der willkürlichen Kündigung […] ausdrücklich nicht einverstanden“ sei und diese anfechte. Mit Anwaltsschreiben vom 25. Januar 2017, dem Arbeitgeber frühestens am 26. Januar 2017 zugegangen, wies der Prozessbevollmächtigte des Arbeitnehmers die Kündigung gemäß § 174 BGB mit der Begründung zurück, dass mit der Kündigung keine Originalvollmacht vorgelegt worden sei.

Das Arbeitsgericht wies die Kündigungsschutzklage ab. Die Berufung des Arbeitnehmers hatte keinen Erfolg. Die Kündigung vom 18. Januar 2017 hatte das Arbeitsverhältnis zum Ablauf der Probezeitkündigungsfrist beendet.

Die Zurückweisung gemäß § 174 BGB durch den Prozessbevollmächtigten des Arbeitnehmers war zu spät erfolgt. § 174 BGB lautet:

„Ein einseitiges Rechtsgeschäft, das ein Bevollmächtigter einem anderen gegenüber vornimmt, ist unwirksam, wenn der Bevollmächtigte eine Vollmachtsurkunde nicht vorlegt und der andere das Rechtsgeschäft aus diesem Grunde unverzüglich zurückweist. […]"

Die Richter argumentierten, nach der Rechtsprechung des BAG sei unter „unverzüglich“ nicht etwa – wie im allgemeinen Sprachgebrauch – „sofort“ zu verstehen, sondern „innerhalb einer Woche“. Diese Frist sei jedoch mit Ablauf des 25. Januar 2017 abgelaufen, so dass die Rüge des Arbeitnehmers am 26. Januar 2017 um einen Tag zu spät sei. Gründe, die ausnahmsweise eine Verlängerung der Frist rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich.

Auch habe der Arbeitnehmer die Kündigung nicht bereits bei der Entgegennahme wegen des Fehlens der Originalvollmacht zurückgewiesen. Der bloße „Protest“ des Mitarbeiters, wie er ihn auf dem Kündigungsschreiben vermerkte, sei keine Zurückweisung i. S. d. § 174 BGB. Erforderlich sei vielmehr, dass die Kündigung gerade mit der Begründung zurückgewiesen werde, dass der Kündigende keine Originalvollmacht vorlege.

(LAG Köln, Urteil vom 2. März 2018 – 6 Sa 958/17)

Tipp für die Praxis:

Bei einer Kündigung ist stets darauf zu achten, dass diese von einer kündigungsberechtigten Person unterzeichnet wird, die gesetzlich (allein-)vertretungsberechtigt ist oder deren Prokura aus dem Handelsregister erkennbar ist. In allen anderen Fällen muss zusammen mit dem Kündigungsschreiben eine Originalvollmacht der kündigungsberechtigten Person(en) übergeben werden. Bei Fehlen einer Originalvollmacht kann eine fristgerechte Zurückweisung nach § 174 BGB anderenfalls für den Arbeitgeber weitreichende Folgen haben (insbesondere bei langen Kündigungsfristen, die sich nach hinten verschieben, wenn ein nochmaliger Ausspruch der Kündigung erforderlich wird).


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