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Geplante Änderungen der VwGO

Update Real Estate & Public 09/2019

September 2019

Die Belastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit und die Auswirkungen auf die Garantie effektiven Rechtsschutzes werden derzeit breit diskutiert. Wohl auch unter diesem Eindruck hat der Bundesrat im Mai 2019 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) beschlossen, der sich derzeit im Bundestag befindet.

Hintergrund

Anlass der geplanten Änderungen waren laut dem Entwurf verschiedene (empfundene) Defizite. So dauere (auch) die gerichtliche Überprüfung von Planungs- und Genehmigungsverfahren zu lang; dies stelle ein Investitionshindernis dar. Des Weiteren werde von der Verwaltungsgerichtsbarkeit zunehmend erwartet, dass sie über wirtschaftlichen Sachverstand verfüge. Schließlich gebe es punktuelle Defizite, die ausgeräumt werden müssen; zu nennen sei hier insbesondere die Durchsetzung von Ersatzansprüchen gegen die öffentliche Hand, was teilweise Doppelprozesse erforderlich mache.

Wesentlicher Umfang der geplanten Änderungen

Zur Verfahrensbeschleunigung sieht der Gesetzesentwurf zunächst eine Erweiterung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte im Hinblick auf bestimmte infrastrukturelle Großprojekte vor. So soll etwa die Zuständigkeit auf Streitigkeiten über Planfeststellungsverfahren nach dem Bundesberggesetz sowie für Landesstraßen und größere Wasserkraftwerke ausgedehnt werden. Mit der Konzentration auf eine Tatsacheninstanz solle schneller Rechtssicherheit hergestellt werden. Ferner soll ein konzentriertes Verfahren eingeführt werden, womit das Verwaltungsgericht den gesamten Ablauf des Verfahrens möglichst früh strukturieren und eine Art Prozessfahrplan festlegen kann. Unter anderem können Fristen mit ausschließender Wirkung gesetzt werden.

Des Weiteren sieht der Gesetzesentwurf die Möglichkeit vor, bei den Verwaltungsgerichten in Angelegenheiten des Wirtschafts- bzw. des Planungsrechts besondere Wirtschafts- oder Planungsspruchkörper zu bilden. Den Wirtschaftsspruchkörpern sollen regelmäßig Angelegenheiten der Wirtschaftsverfassung, Marktordnung und Außenwirtschaft unterfallen, den Planungsspruchkörpern Angelegenheiten der Raumordnung und Landesplanung und des Bauplanungs-, Bauordnungs- und Städtebauförderungsrechts.

Schließlich wird ein optionales Adhäsionsverfahren für öffentlich-rechtliche Ersatzansprüche im Verwaltungsprozess vorgesehen. So sollen mit einer im Verwaltungsrechtsweg anhängigen Klage (Primäranspruch) zugleich damit zusammenhängende öffentlich-rechtliche Ersatzansprüche (Sekundäranspruch) verfolgt werden können. Dem Rechtsschutzsuchenden soll es aber unbenommen bleiben, für den Sekundäranspruch den ordentlichen Rechtsweg zu beschreiten (vgl. Art. 34 Satz 3 GG).

Bewertung der geplanten Änderungen

Die geplanten Änderungen scheinen geeignet, die vom Gesetzesentwurf konstatierten Defizite anzugehen. Über den tatsächlichen Befund und den Umfang der geplanten Änderungen bestehen aber Meinungsverschiedenheiten: So hält die Bundesregierung in ihrer Stellungnahme die aktuelle Belastung der Verwaltungsgerichte für temporär und möchte von nicht zwingend erforderlichen Änderungen der VwGO absehen. So sieht sie z. B. keinen Mehrwert in fakultativen Regelungen zu einem konzentrierten Verfahren und zu spezialisierten Spruchkörpern; ferner führe die Möglichkeit optionaler Adhäsionsverfahren zu einer Mehrbelastung der Verwaltungsgerichte. Erwägenswert sei allein die Ausweitung der erstinstanzlichen Zuständigkeit der Oberverwaltungsgerichte. Nun hat sich der Bundestag mit dem Gesetzesentwurf zu befassen.

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Autoren

Foto vonJulius Städele
Dr. Julius Städele, LL.M. (Cambridge)
Counsel
Berlin