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Keine Mitbestimmung bei Mitarbeiterbefragungen

UPDATE ARBEITSRECHT 09/2018

September 2018

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht für Regelungen zur Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie zum Gesundheitsschutz, soweit es um die Ausfüllung des Rahmens der gesetzlichen Arbeitsschutzvorschriften und der Unfallverhütungsvorschriften der Berufsgenossenschaft geht.

In einer aktuellen Entscheidung hatte das BAG über die Frage zu entscheiden, inwieweit eine freiwillige und anonymisierte Mitarbeiterbefragung zur Arbeitsumgebung, zu den Arbeitsbedingungen und zur Arbeitszufriedenheit der Mitbestimmung unterliegt.

Es stritten

  • der Betriebsrat eines Hamburger Herzzentrums, einer 100%igen Tochtergesellschaft des Universitätsklinikums,
  • das Herzzentrum selbst,
  • das Universitätsklinikum als Konzernobergesellschaft sowie
  • der Konzernbetriebsrat

über die Frage, ob der Betriebsrat des Herzzentrums bei einer konzernweit durchzuführenden Mitarbeiterbefragung mitzubestimmen habe. Die mehr als 100 Fragen des standardisierten Fragebogens, der in Papierform versendet worden war, waren in mehrere Themenkomplexe gegliedert, so z. B. „Ihre Arbeitsumgebung“, „Ihre Arbeitsbedingungen“, „Ihre Arbeitszufriedenheit“, und enthielten fast ausschließlich vorgegebene, anzukreuzende Antwortalternativen. Der Betriebsrat bestand auf einem Mitbestimmungsrecht. Er argumentierte zum einen, dass es sich bei der Befragung um eine Gefährdungsbeurteilung im Sinne der §§ 3 und 5 ArbSchG handele, bei der die Rechtsprechung einen Mitbestimmungstatbestand nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG anerkenne. Zum anderen sei der Fragebogen als Personalfragebogen anzusehen, so dass auch der Mitbestimmungstatbestand des § 94 Abs. 1 Satz 1 BetrVG eingreife. Herzzentrum und Universitätsklinikum waren der Auffassung, dass aufgrund von Freiwilligkeit und Anonymisierung der Mitarbeiterbefragung kein Mitbestimmungsrecht vorliege. Der Konzernbetriebsrat beanspruchte zuletzt ein Mitbestimmungsrecht für sich selbst.

Die Richter des 1. Senats kamen zu dem Ergebnis, dass die Mitarbeiterbefragung nicht der Mitbestimmungspflicht unterliege.

Zunächst sei die Mitarbeiterbefragung eine ausschließliche Maßnahme des Universitätsklinikums als Konzernobergesellschaft. Damit unterliege sie allenfalls einer Mitbestimmung des Konzernbetriebsrats.

Abgesehen davon unterfalle sie weder der Mitbestimmung nach § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG i. V. m. §§ 3 und 5 ArbSchG noch der Mitbestimmung nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.

Die Mitarbeiterbefragung sei objektiv keine Gefährdungsbeurteilung und keine Maßnahme des Arbeitsschutzes. Die Mitarbeiterbefragung lasse wegen ihrer Freiwilligkeit und Anonymität, vor allem aber wegen ihres Konzernbezugs keine ortsgebundenen arbeitsplatz- bzw. tätigkeitsbezogenen Schlüsse über Arbeitsbedingungen im Betrieb des Herzzentrums zu. Ebenso wenig handele es sich bei dem verwendeten Standardfragebogen um einen Personalfragebogen. Die Beteiligung des Betriebsrats nach § 94 Abs. 1 Satz 1 BetrVG diene dem Schutz des Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers. Dessen Beeinträchtigung scheide im vorliegenden Fall aber aus, da die Teilnahme an der Umfrage freiwillig sei und der Arbeitnehmer somit den Umfang seiner Auskünfte selbst bestimmen könne.

(BAG, Beschluss vom 21. November 2017 – 1 ABR 47/16)


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