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Keine Tricks: BGH erteilt der notariellen Unterlassungserklärung eine Absage

Update Gewerblicher Rechtsschutz und Kartellrecht 09/2018

September 2018

Insbesondere in Wettbewerbsstreitigkeiten stellt sich nicht selten die Frage, wie auf eine Abmahnung, über deren Berechtigung der Abgemahnte nicht streiten möchte, sinnvollerweise reagiert werden soll. Gibt man eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab oder lässt man es auf eine Unterlassungsverfügung ankommen? So mancher stört sich bei der Unterlassungserklärung daran, dass im Fall einer Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe an den Gläubiger zu zahlen ist. Anders bei gerichtlichen Unterlassungstiteln: Hier fließt das Ordnungsgeld bei einem Verstoß an die Staatskasse. Als Ausweg für den unterwerfungswilligen Schuldner, der sowohl ein Gerichtsverfahren als auch die Zahlung der Vertragsstrafe an den Gläubiger vermeiden möchte, wird mitunter die Abgabe einer notariell beurkundeten Unterlassungserklärung empfohlen. Dem hat der BGH indes in zwei Entscheidungen, von denen die letzte soeben veröffentlicht worden ist, Grenzen aufgezeigt, die einer Absage gleichkommen.

Bereits im ersten Fall hatte der BGH (Az.: I ZR 100 / 15) im Jahr 2016 entschieden, dass eine notarielle Unterlassungserklärung weder das Rechtsschutzbedürfnis für die gerichtliche Verfolgung des Unterlassungsanspruchs beseitigt noch die Wiederholungsgefahr entfallen lässt. Das gilt jedenfalls so lange, wie der Gläubiger sich nicht entscheidet, eine Ordnungsmittelandrohung zu beantragen und zuzustellen. Denn ohne eine solche Androhung könnten Verstöße des Schuldners gegen die Unterlassungspflicht nicht geahndet werden. Damit verfüge der Gläubiger mit einer notariellen Unterlassungserklärung noch nicht über eine einem Hauptsachetitel gleichwertige Vollstreckungsmöglichkeit. Diese bestehe erst, wenn der Beschluss über die Androhung von Ordnungsmitteln zugestellt sei.

Es sei Sache des Gläubigers, sich für die aus seiner Sicht angemessene Form der Rechtsdurchsetzung zu entscheiden. Er habe es in der Hand, ob er eine notarielle Unterlassungserklärung akzeptiert und durch die Zustellung eines Beschlusses mit Ordnungsmittelandrohung dafür sorgt, dass Verstöße geahndet werden können, oder ob er die gerichtliche Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs vorzieht. Das Interesse des Schuldners, im Falle eines Verstoßes gegen die Unterlassungsverpflichtung lieber der Staatskasse ein Ordnungsgeld als einem Wettbewerber eine Vertragsstrafe zu zahlen, habe gegenüber dem Interesse des Gläubigers, die Einhaltung des Unterlassungsanspruchs effektiv zu sichern, zurückzustehen. Die durch die strafbewehrte Unterwerfung erzielte wirkungsvolle Durchsetzung des Lauterkeitsrechts liege nicht zuletzt auch im Sinne der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb.

Ein besonders findiger Prozessrechtler ist nun auf die Idee gekommen, dass doch der Schuldner selbst das Heft in die Hand nehmen und eine Ordnungsmittelandrohung erwirken und damit den Wegfall der Wiederholungsgefahr herbeiführen könne. Dem hat der BGH mit Beschluss vom 7. Juni 2018 (Az.: I ZB 117 / 17) eine Absage erteilt. Der Schuldner sei nicht antragsbefugt. Nach Sinn und Zweck der hier relevanten gesetzlichen Regelung des § 890 II ZPO liege die Antragsbefugnis allein beim Gläubiger. Er sei Herr des Verfahrens und nicht verpflichtet, die Ordnungsmittelandrohung herbeizuführen, sondern könne stattdessen den Weg der gerichtlichen Durchsetzung seines Anspruchs wählen. Wenn der Schuldner den Streit entgegen dem gesetzlichen Leitbild nicht durch eine strafbewehrte Unterlassungserklärung beenden wolle, könne er das zuverlässig nur im Einvernehmen mit dem Gläubiger erreichen, der dann die Ordnungsmittelandrohung zu beantragen habe.

Jedenfalls nach dieser zweiten Entscheidung ist klar, dass die notarielle Unterlassungserklärung zur Vermeidung eines Rechtsstreits ungeeignet ist, da sie die Kooperation des Abmahnenden erfordert, auf die in der Praxis in der Regel nicht gesetzt werden kann. Wer unter keinen Umständen eine Vertragsstrafe an die Gegenseite zahlen und daher keine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben mag, muss es auf eine Unterlassungsverfügung (oder -klage) ankommen lassen und die damit verbundenen weiteren Kosten in Kauf nehmen.

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Michael Fricke
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Hamburg