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Managerhaftung – Vorsicht bei Zahlungen nach Insolvenzreife, selbst mit D&O-Versicherung!

Update Compliance 09/2018

September 2018

Die Haftung von Geschäftsführern und Vorständen im Krisenszenario ist eines der schärfsten Schwerter der Insolvenzverwalter. Mit seinem Urteil vom 20. Juli 2018 hat das OLG Düsseldorf dafür gesorgt, dass auch hinsichtlich des Schutzes durch eine D&O-Versicherung Klarheit geschaffen werden muss.

Die Abdeckung einer Haftung von Geschäftsführern und Vorständen für verbotene Auszahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife (vgl. § 64 GmbHG bzw. § 93 AktG) von einer D&O-Versicherung war bislang umstritten. Einerseits scheinen die meisten Versicherer und Versicherungsnehmer dies wie selbstverständlich angenommen zu haben – in vielen Versicherungspolicen finden sich hierzu schlicht keine Regelungen. Andererseits mehrten sich Fälle, in denen Versicherer die Deckung mit dem Argument verweigerten, dass es sich nicht um Schadensersatzansprüche zugunsten des Unternehmens handele und diese Ansprüche deshalb bereits im Grundsatz nicht vom Versicherungsschutz umfasst seien.

Das OLG Düsseldorf ist nun als erstes Obergericht diesem Argument in einem Urteil gefolgt. Kernpunkt der Begründung ist, dass auch der BGH wiederholt diese Ansprüche nicht als Schadensersatzansprüche, sondern als „Erstattungsansprüche eigener Art“ bezeichnet habe.

Eine Haftung des Geschäftsführers einer GmbH (oder des Vorstands einer AG) für verbotene Auszahlungen kann alle Zahlungen betreffen, die nach Eintritt der Insolvenzreife geleistet wurden. Es kommt dabei nicht darauf an, ob diese aktiv angewiesen wurden oder lediglich Zahlläufe nicht unterbunden wurden. Kann der Betroffene nicht beweisen, dass diese Zahlungen ausnahmsweise zwingend erforderlich und deshalb mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmanns vereinbar gewesen sind, müssen sie an die Insolvenzmasse zurückerstattet werden.

Unter Insolvenzreife ist der Eintritt eines zwingenden Insolvenzgrundes (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) zu verstehen. Zahlungsunfähigkeit setzt voraus, dass die liquiden Mittel nicht ausreichen, um die fälligen Verbindlichkeiten zeitgerecht zu begleichen.

Überschuldung im insolvenzrechtlichen Sinn liegt vor, wenn die Verbindlichkeiten das vorhandene Vermögen übersteigen und keine positive Fortbestehensprognose vorliegt. Hierbei werden in einem Überschuldungsstatus die Aktiva des Unternehmens unter Annahme von Zerschlagungswerten (Marktwert bei Einzelveräußerung) den Schulden gegenübergestellt. Zwar dürfen dabei stille Reserven aufgedeckt werden, jedoch kommt aufgrund der erforderlichen Abschläge bei der Bewertung häufig eine rechnerische Überschuldung heraus.

Die insolvenzrechtliche Überschuldung liegt nur dann vor, wenn auch keine positive Fortbestehensprognose gegeben ist. Eine positive Fortbestehensprognose erfordert, dass mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon ausgegangen werden kann, dass das Unternehmen im laufenden und folgenden Geschäftsjahr seine fälligen Verbindlichkeiten ordnungsgemäß begleichen kann, also „durchfinanziert“ ist. Hierzu ist eine Liquiditätsprognose im Rahmen einer integrierten Unternehmensplanung zu erstellen. Gesetzliche Anforderungen an die genaue Ausgestaltung einer Fortbestehensprognose gibt es nicht, jedoch fordert die Rechtsprechung, dass die Geschäftsleitung die eigene Planung fachmännisch überprüfen lässt. Grundsätzlich wird von jedem Geschäftsleiter erwartet, dass er die finanzielle Situation der Gesellschaft zu jeder Zeit im Blick hat.

Im Krisenfall besteht deshalb ein hohes Haftungsrisiko, das durch eine entsprechende Versicherung abgedeckt sein sollte. Spätestens jetzt sollte jeder Geschäftsleiter die eigene Versicherungspolice genau betrachten. Nur wenn die Ansprüche aus § 64 GmbHG und § 93 AktG ausdrücklich darin einbezogen sind, kann künftig auch mit einer Deckung gerechnet werden.

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Autoren

Foto vonAlexandra Schluck-Amend
Dr. Alexandra Schluck-Amend
Partnerin
Stuttgart
Nicolas Kreuzmann, LL.M. (corp. restruc.)