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Neuregelungen zu Unternehmenssanktionen und Internal Investigations

Update Compliance 09/2018

September 2018

Die Bundesregierung plant, ein neues Sanktionsrecht für Unternehmen zu schaffen. Dies umfasst die Abkehr von dem bislang bei der Verfolgung von Unternehmen anwendbaren Opportunitätsprinzip. Zudem soll die Obergrenze der Sanktionen deutlich erhöht werden. Gleichzeitig will die Bundesregierung gesetzliche Vorgaben für Internal Investigations schaffen, die einen Anreiz für die Aufklärungshilfe setzen. 

Einführung des Legalitätsprinzips

Für die Rechtspraxis stellt die geplante Abkehr vom bislang bei der Verfolgung von Unternehmen geltenden Opportunitätsprinzip die wohl einschneidenste Erneuerung dar. Hierdurch wird die Einleitung von Verfahren gegen Unternehmen bei dem Anfangsverdacht einer betriebsbezogenen bzw. das Unternehmen bereichernden Straftat zur Pflicht und liegt nicht mehr im Ermessen der Behörde.

Ausweislich des Koalitionsvertrages sollen „klare Verfahrensregelungen (…) die Rechtssicherheit der betroffenen Unternehmen“ erhöhen. Diese Verfahrensregelungen sollen auch unternehmensspezifische Regelungen zu Verfahrenseinstellungen enthalten.

Höhere Geldsanktionen für unternehmensbezogene Straftaten

Die Bundesregierung plant, die Höhe der Geldsanktionen an der Wirtschaftskraft der Unternehmen zu orientieren. Für Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als EUR 100 Mio. soll die Höchstgrenze bei 10 % des Jahresumsatzes liegen. Ferner hält die zukünftige Bundesregierung im Koalitionsvertrag fest, dass die Sanktionen gegen Unternehmen „auf geeignetem Weg öffentlich bekannt gemacht werden“ sollen.

Für die Verhängung der Sanktionen möchte die Bundesregierung zudem „konkrete und nachvollziehbare Zumessungsregeln“ schaffen. Es ist zu erwarten, dass hierbei auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes Berücksichtigung findet. Der Bundesgerichtshof urteilte im Mai 2017, dass für die Bemessung eines Bußgeldes von Bedeutung ist, inwieweit ein Unternehmen ein effektives Compliance-Management-System installiert hat, das auf die Vermeidung von Rechtsverstößen ausgerichtet ist (BGH, Urteil vom 9. Mai 2017 – 1 StR 265 / 16).

Internal Investigations

Ferner hält der Koalitionsvertrag fest, dass „gesetzliche Anreize zur Aufklärungshilfe durch ‚Internal Investigations‘ und zur anschließenden Offenlegung der hieraus gewonnenen Erkenntnisse“ gesetzt werden sollen. Dabei möchte die Bundesregierung gesetzliche Vorgaben für Internal Investigations schaffen und hierbei insbesondere die Durchsuchung und Beschlagnahme von Unterlagen regeln (siehe zur Frage der Beschlagnahme von Dokumenten aus Internal Investigations auch den Beitrag von Potinecke / Ghoroghy).

Referentenentwurf steht aus

Der gestalterische Wille der Bundesregierung ist offenkundig: Durch höhere Sanktionen auf der einen und die Honorierung von Compliance-Maßnahmen sowie Aufklärungshilfe auf der anderen Seite sollen Unternehmen stärker in die Pflicht genommen werden. Ein Referentenentwurf, der die Vereinbarungen der Koalition konkretisiert, steht noch aus. Bereits 2013 legte das Justizministerium NRW den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen und sonstigen Verbänden vor. Dieser fand jedoch nie Eingang in ein Gesetzgebungsverfahren. Ende 2017 veröffentlichte eine Forschungsgruppe der Universität Köln den gemeinsam mit Experten aus Wissenschaft und Praxis erstellten „Kölner Entwurf“ eines Verbandsstrafgesetzes. Es bleibt abzuwarten, ob die Bundesregierung einen dieser Entwürfe zur Grundlage der im Koalitionsvertrag avisierten Gesetzesänderungen macht.

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Autoren

Dr. Laura Blumhoff