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Streikbruchprämien können zulässiges Kampfmittel sein

UPDATE ARBEITSRECHT 09/2018

September 2018

Ein bestreikter Arbeitgeber ist grundsätzlich berechtigt, zum Streik aufgerufene Arbeitnehmer durch Zusage einer Prämie (sogenannte Streikbruchprämie) von einer Streikbeteiligung abzuhalten – dies entschied ganz aktuell das BAG.

Der Fall: Der klagende Arbeitnehmer ist bei einem Einzelhandelsunternehmen als Verkäufer beschäftigt. In den Jahren 2015 und 2016 wurde der Betrieb, in dem er eingesetzt ist, an mehreren Tagen bestreikt. Dazu hatte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft ver.di aufgerufen mit dem Ziel, einen Tarifvertrag zur Anerkennung regionaler Einzelhandelstarifverträge zu schließen.

Vor Streikbeginn versprach der Arbeitgeber in einem betrieblichen Aushang allen Arbeitnehmern, die sich nicht am Streik beteiligen und ihrer regulären Tätigkeit nachgehen, die Zahlung einer Streikbruchprämie. Diese war zunächst pro Streiktag in Höhe von EUR 200 brutto (bei einer Teilzeitbeschäftigung entsprechend anteilig) und in einem zweiten betrieblichen Aushang in Höhe von EUR 100 brutto zugesagt worden.

Der Kläger, der ein Monatseinkommen von EUR 1.480 brutto bezog, folgte dem gewerkschaftlichen Streikaufruf und legte an mehreren Tagen die Arbeit nieder. Mit seiner Klage verlangte er die Zahlung von Streikbruchprämien i. H. v. insgesamt EUR 1.200 brutto und stützte sich hierfür vor allem auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz. Zudem war er der Auffassung, dass es sich bei der Streikbruchprämie aufgrund der Höhe um ein rechtswidriges Arbeitskampfmittel handelte.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage ab. Auch die Revision des Klägers blieb vor dem BAG ohne Erfolg.

Ein Anspruch des Mitarbeiters auf Zahlung der Streikbruchprämie bestehe nicht, da er die Voraussetzungen für die Auszahlung der Prämie nicht erfülle.

In der Zusage der Prämienzahlung an alle arbeitswilligen Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber liege zwar eine Ungleichbehandlung der streikenden und der nicht streikenden Beschäftigten. Diese sei aber aus arbeitskampfrechtlichen Gründen gerechtfertigt. Der Arbeitgeber verfolge mit der freiwilligen Sonderleistung das Ziel, betrieblichen Ablaufstörungen und damit dem Streikdruck entgegenzuwirken. Vor dem Hintergrund der für beide sozialen Gegenspieler geltenden Kampfmittelfreiheit handele es sich um eine grundsätzlich zulässige Maßnahme des Arbeitgebers. Für diese gelte das Verhältnismäßigkeitsprinzip. Danach sei die ausgelobte Streikbruchprämie – auch soweit sie den Tagesverdienst Streikender um ein Mehrfaches überstieg – nicht unangemessen.

(BAG, Urteil vom 14. August 2018 – 1 AZR 287/17)

Tipp für die Praxis:

Die Entscheidung ist zu begrüßen. Der Arbeitgeberseite wird nunmehr wieder ein wirksames Mittel an die Hand gegeben, Streiks zu begegnen, nachdem die Rechtsprechung derartige Streikbruchprämien in der Vergangenheit oft nicht anerkannt hat.


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