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Wieso Kartellrechts-Compliance auch Private Equity etwas angeht

Update Compliance 09/2018

September 2018

Private-Equity-Unternehmen kannten Bußgelder wegen Kartellrechtsverstößen bisher allenfalls von den Portfoliogesellschaften, die sie erworben hatten oder zu erwerben gedachten. Es kam praktisch nicht vor, dass Kartellbehörden Bußgelder gegen Private-Equity-Unternehmen wegen Kartellrechtsverstößen ihrer Portfoliogesellschaften verhängten. Diese Zeiten sind vor-bei. Heute müssen Private-Equity-Unternehmen darauf achten, dass sie nicht selbst für Kartellrechtsverstöße mitbestraft werden, die ihre Portfoliogesellschaften in der Zeit ihrer Zugehörigkeit zu dem Portfolio des Private-Equity-Unternehmens begangen haben.

Dies macht eine aktuelle Entscheidung des EuG vom 12. Juli 2018 deutlich (Rs. T-419 / 14 – Goldman Sachs / Europäische Kommission). Das EuG hat eine Bußgeldentscheidung der Europäischen Kommission gegen Goldman Sachs im Stromkabelkartell-Fall bestätigt. Die Europäische Kommission hatte in ihrer Entscheidung aus dem Jahr 2014 Geldbußen u. a. gegen einen italienischen Stromkabelhersteller und gegen die Investmentbank verhängt.

Was war passiert?

Verschiedene Hersteller von Stromkabeln hatten zwischen 1999 und 2009 ein Kartell gebildet. Im Jahr 2005 hatte ein Goldman-Sachs-Fonds alle Anteile eines am Kartell beteiligten Stromkabelherstellers erworben. Kurz danach hatte der Goldman-Sachs-Fonds einen geringen Teil der Anteile des Stromkabelherstellers an einen anderen Private-Equity-Fonds und später auch an das Management des Stromkabelherstellers abgegeben, aber 100 % der Stimmrechte behalten. Im Jahr 2007 hatte der Goldman-Sachs-Fonds in mehreren Tranchen weitere Anteile abgegeben. Die Europäische Kommission stellte einen Kartellrechtsverstoß des fraglichen Stromkabelherstellers fest und verhängte ein Bußgeld in Höhe von ca. EUR 37 Mio. gegen den Stromkabelhersteller sowie gesamtschuldnerisch gegen Goldman Sachs. Die Europäische Kommission begründete die gesamtschuldnerische „Haftung“ von Goldman Sachs damit, dass Goldman Sachs in der Zeit von 2005 bis 2009 einen bestimmenden Einfluss auf den Hersteller ausgeübt habe.

Rechtlicher Rahmen

Die Europäische Kommission kann bei Verstößen gegen das EU-Kartellrecht sehr hohe Geldbußen verhängen. Sie verhängt die Geldbuße regelmäßig gegen diejenige Gesellschaft, die den Kartellrechtsverstoß selbst begangen hat, und gegen deren Konzernmutter. Beide „haften“ als Gesamtschuldner für die Geldbuße. Ob ein Anteilseigner eine Konzernmutter in diesem Sinne ist, bemisst sich nach dem Begriff der wirtschaftlichen Einheit. Eine Muttergesellschaft und deren Tochtergesellschaft bilden eine wirtschaftliche Einheit, wenn die Tochtergesellschaft ihr Marktverhalten nicht unabhängig bestimmen kann, sondern in allen wesentlichen Fragen die Anweisungen ihrer Muttergesellschaft ausführt. In Fällen 100%iger Beteiligungen besteht eine widerlegliche Vermutung, dass die Muttergesellschaft diesen Einfluss auch ausübt. Auf diese Vermutung stützte sich die Europäische Kommission für die Zeit von 2005 bis 2007 und stellte darauf ab, dass Goldman Sachs zwar nicht 100 % der Kapitalanteile, aber 100 % der Stimmrechte an dem Stromkabelhersteller gehalten hatte. Für die Zeit danach stützte sich die Europäische Kommission nicht auf diese Vermutung, sondern auf zahlreiche tatsächliche Umstände, die aus ihrer Sicht belegten, dass Goldman Sachs trotz zwischenzeitlicher Anteilsveräußerungen weiter Einfluss auf das Marktverhalten des Stromkabelherstellers ausübte. Den Einwand, man sei ein reiner Finanzinvestor, wies sie zurück. Das EuG bestätigte diese Bewertung in vollem Umfang.

Schlussfolgerungen

Private-Equity-Unternehmen sind gut beraten, die Kartellrechts-Compliance ihrer Portfoliogesellschaften ernst zu nehmen und für wirksame vorbeugende Maßnahmen (Instruktion und Überwachung) in der Portfoliogesellschaft zu sorgen oder diese selbst zu ergreifen. Sie können sich nicht darauf zurückziehen, dass sie die Beteiligungen an den Portfoliogesellschaften nur zu finanziellen Zwecken erworben haben und halten.

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Autoren

Foto vonRolf Hempel
Dr. Rolf Hempel
Partner
Stuttgart