Die so genannte Karfreitagsentscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) war wenig überraschend: Der Karfreitag als Feiertag nur für Angehörige der evangelischen Kirchen und der Altkatholiken ist diskriminierend gegenüber allen nicht-evangelischen/nicht-altkatholischen ArbeitnehmerInnen. Ohne Änderung der Karfreitagsregelung im Arbeitsruhegesetz (ARG) hätten nach dem Urteil des EuGH alle ArbeitnehmerInnen den Karfreitag auf Wunsch frei bekommen.
Der Gesetzgeber war daher angesichts der sich nähernden Osterfeiertage um eine schnelle Reparatur bemüht. Dass eine neue Regelung aber alles andere als einfach wird, ist inzwischen klar geworden und wird durch die gestern im Nationalrat beschlossene Novellierung bestätigt: Die Kompromisslösung ist ein persönlicher Feiertag für alle ArbeitnehmerInnen - eine Regelung, die Systembrüche sowohl im Urlaubsrecht als auch im Feiertagsrecht aufweist und daher eine Reihe von (neuen) Rechtsfragen aufwirft.
Vermischung des Urlaubsrecht mit dem Feiertagsrecht - der "persönliche Feiertag"
ArbeitnehmerInnen können nun einen Urlaubstag, sei es am Karfreitag oder an einem anderen beliebigen Tag, zu ihrem "persönlichen Feiertag" erheben. Im ARG (und nicht etwa im Urlaubsgesetz/UrlG) wird diesbezüglich ein Anspruch auf einen einseitigen Urlaubsantritt geregelt ("persönlicher Feiertag"). Der Anspruch bezieht sich auf einen Urlaubstag pro Urlaubsjahr, der mindestens 3 Monate vorab schriftlich den ArbeitgeberInnen bekannt gegeben werden muss. Falls die ArbeitnehmerInnen auf Ersuchen der ArbeitgeberInnen dennoch arbeiten, bekommen die ArbeitnehmerInnen neben dem Urlaubsentgelt für den (nichtkonsumierten) Urlaubstag auch die geleistete Arbeit - also doppelt - bezahlt. Dieser Urlaubstag wird auf den Urlaubsanspruch angerechnet.
Einseitiger Urlaubsantritt - keine Interessensabwägung?
Auf den ersten Blick ungewöhnlich, aber nicht neu ist die Möglichkeit eines einseitigen Urlaubsantritts: Urlaub verlangt zwar grundsätzlich eine Vereinbarung zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen, das UrlG hat aber schon in zwei Fällen einseitige Urlaubsantritte vorgesehen: Neben dem Pflegeurlaub (§ 16 UrlG) gibt es die Möglichkeit, Urlaub einseitig dann anzutreten, wenn er mindestens zwei Wochen dauert und dies den ArbeitgeberInnen mindestens 3 Monaten vorab bekannt gegeben wird. Wenn keine Einigung zwischen ArbeitgeberInnen und ArbeitnehmerInnen zustande kommt, können die ArbeitgeberInnen den Urlaub durch Klage verhindern. ArbeitgeberInnen müssen dafür aber sachliche (betriebliche) Gründe ins Treffen führen, die gegen den Urlaubsantritt zu dem von den ArbeitnehmerInnen gewünschten Zeitpunkt sprechen (§ 4 Abs 4 UrlG).
Im Gegensatz dazu sieht die Novelle eine vergleichbare Berücksichtigung betrieblicher Interessen nicht vor. Der Anspruch der ArbeitnehmerInnen auf den "persönlichen Feiertag" ist damit weitaus stärker abgesichert als die sonstigen Urlaubsansprüche nach dem UrlG. ArbeitgeberInnen haben daher keine durchsetzbare Möglichkeit, den Urlaubsantritt am "persönlichen Feiertag" bei Vorliegen betrieblicher Gründe zu verhindern. Dies ist so lange kein Problem, als sich die "persönlichen Feiertage" gleichmäßig über das Jahr verteilen. Sollten aber beispielsweise an einzelnen Tagen - wie etwa dem Karfreitag oder einem hohen islamischen Feiertag - viele ArbeitnehmerInnen den "persönlichen Feiertag" antreten, kann dies dazu führen, dass die notwendige Mindestbelegschaft zur Aufrechterhaltung des Betriebs an diesem Tag nicht mehr gegeben ist. In diesem Fall können ArbeitgeberInnen die ArbeitnehmerInnen nur "ersuchen", dass sie dennoch arbeiten. Nach dem Wortlaut der Novelle steht es den ArbeitnehmerInnen frei, diesem Ersuchen nachzukommen - sie können, müssen aber nicht. Betriebliche Spannungen sind also vorprogrammiert.
Was bedeutet das dann für die anderen ArbeitnehmerInnen, die diesen Tag nicht als "persönlichen Feiertag" frei haben wollten? Wenn die ArbeitgeberInnen durch die Abwesenheiten der ArbeitnehmerInnen, die einen persönlichen Feiertag in Anspruch nehmen, an diesem Tag den Betrieb nicht aufrechterhalten können, können die anderen ArbeitnehmerInnen auch nicht zur Arbeit eingesetzt werden und werden deswegen wohl freigestellt. Dies löst für die anderen ArbeitnehmerInnen einen Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 1155 ABGB aus. Ein Urlaubstag darf diesen ArbeitnehmerInnen nicht abgezogen werden.
Einfacher persönlicher Feiertag, aber doppeltes Entgelt
Wenn die ArbeitnehmerInnen auf Ersuchen der ArbeitgeberInnen am persönlichen Feiertag arbeiten, bekommen sie die Arbeit "doppelt" bezahlt. Dieser Punkt ist analog zum Feiertagsrecht geregelt, das neben der Entgeltfortzahlung auch ein Feiertagsarbeitsentgelt vorsieht. ArbeitgeberInnen sollten es sich daher gut überlegen, ob sie die ArbeitnehmerInnen tatsächlich "ersuchen", an ihrem persönlichen Feiertag zu arbeiten. Der Gesetzgeber hat klargestellt, dass die ArbeitnehmerInnen auch nur einmal pro Urlaubsjahr den persönlichen Feiertag einfordern können - wird dennoch gearbeitet, reduziert sich der Urlaubsanspruch (natürlich) nicht um den nichtkonsumierten Urlaubstag, die ArbeitnehmerInnen können aber für dasselbe Urlaubsjahr nicht nochmals einen anderen Tag als persönlichen Feiertag einfordern.
Keine echte Feiertagsruhe
Im Gegensatz zum Urlaub sind Feiertage besonders abgesichert - es ist die Feiertagsruhe in Ausmaß von 24 Stunden einzuhalten, die nur in den gesetzlich normierten bzw. zugelassenen Ausnahmefällen durchbrochen werden darf. Liegt keine Ausnahme von der Feiertagsruhe vor und wird dennoch gearbeitet, liegt eine Verwaltungsübertretung vor. Diese besondere Absicherung ist für den "persönlichen Feiertag" nicht vorgesehen - was auch richtigerweise dem Konzept als Urlaubstag entspricht.
Krankenstand?
Was passiert, wenn ArbeitnehmerInnen am persönlichen Feiertag krank werden? Die Kollision von Krankheit und Urlaub ist im Urlaubsgesetz klar geregelt - erst wenn die Erkrankung länger als drei Kalendertage dauert, werden die Tage der Erkrankung auf das Urlaubsausmaß nicht angerechnet. Bei eintägigen Erkrankungen wird der Urlaub daher nicht unterbrochen. Anders im Feiertagsrecht: Ein Feiertag während eines entgeltpflichtigen Krankenstands gilt arbeitsrechtlich nicht als Krankenstandstag, sondern als Feiertag. Der Gesetzgeber hat zu dieser Frage keine Regelung getroffen, es sprechen aber durchaus zahlreiche Argumente dafür, dass hier die Regelungen des Urlaubsrechts durchschlagen.
Übergangsregelung für das Jahr 2019
ArbeitnehmerInnen haben ihren persönlichen Feiertag mindestens 3 Monate vorher schriftlich bekannt zu geben. Da dies für den heurigen Karfreitag nicht mehr möglich ist, hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass in innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten dieses Gesetzes nur eine Frist von 2 Wochen einzuhalten ist.
Auswirkungen auf Kollektivverträge
Die Frage besonderer Feiertage für einzelne Minderheiten betrifft nicht nur die frühere Karfreitagsregelung im ARG, sondern auch viele Kollektivverträge (insbesondere den Generalkollektivvertrag), die idente oder ähnliche Regelung wie das ARG vorsehen. Der Gesetzgeber wollte hier einen kurzen Prozess machen und hat daher geregelt, dass für die evangelischen Kirchen und die Altkatholiken Regelungen zum Karfreitag in Kollektivverträgen unwirksam sind und zukünftig auch nicht mehr geregelt werden dürfen.
Kollektivvertragsbestimmungen zu anderen Feiertagen, die einen Feiertag ebenfalls nur für Angehörige bestimmter Konfessionen vorsehen - wie Yom Kippur für Angehörige der israelitischen Religionsgesellschaft aber auch entsprechende arbeitsfreie Tage für Angehörige anderer Religionsgemeinschaften -, bleiben bestehen, nicht aber der Karfreitag für die vier genannten Kirchen.
Diese nur auf vier Kirchen zugeschnittene Bestimmung könnte somit gleichheits- und damit verfassungswidrig sein. Unionsrechtlich liegt zudem möglicherweise ein Verstoß gegen das grundrechtlich geschützte Diskriminierungsverbot vor, der zur Konsequenz hätte, dass die diskriminierenden Bestimmungen des neuen Gesetz unangewendet zu bleiben haben. Nach dieser Auffassung blieben Kollektivvertragsbestimmungen, die den Karfreitag als Feiertrag regeln, unverändert aufrecht.
Feiertagsregelungen in Kollektivverträgen für Angehörige einzelner Religionen, die nicht den Karfreitag betreffen, bleiben jedenfalls unverändert aufrecht - mit dem Risiko, dass alle ArbeitnehmerInnen diese Feiertage mit dem Verweis auf die Karfreitagsentscheidung einfordern können.
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