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Herber Rückschlag für das EU-Einheitspatent

24/03/2020

Das deutsche Bundesverfassungsgericht hat das Gesetz zum Abkommen über das EU-Einheitspatentgericht für nichtig erklärt. Schon zuvor hat Großbritannien bekannt gegeben, mit dem Austritt aus der Europäischen Union ebenso wenig am EU-Einheitspatentwesen teilnehmen zu wollen. Das Jahr 2020 beginnt mit Rückschlägen für das Europäische Patentwesen.

Das EU-Einheitspatent 

Das EU-Einheitspatent bietet die Möglichkeit, mit einer einzigen Anmeldung eine Erfindung in 25 EU-Mitgliedsstaaten in gleicher Weise zu schützen. Dabei kann das EU-Einheitspatent folglich nur im Hinblick auf alle teilnehmenden Mitgliedstaaten beschränkt, übertragen oder für nichtig erklärt werden. 

Voraussetzung für das ins Leben rufen des EU-Einheitspatents ist die Schaffung eines EU-Einheitspatentgerichts. Es soll in Bezug auf europäische Patente und EU-Einheitspatente die ausschließliche Zuständigkeit für einen umfangreichen Katalog von Streitigkeiten übertragen erhalten. Dieser umfasst insbesondere Klagen wegen Patentverletzung, Streitigkeiten über den Bestand von Patenten und bestimmte Klagen gegen Entscheidungen des Europäischen Patentamts. 

Für die Schaffung des EU-Einheitspatentgerichts müssten mindestens dreizehn EU-Mitgliedstaaten, darunter die drei anmeldestärksten Mitgliedstaaten (Frankreich, Deutschland und Großbritannien), ein völkerrechtliches Abkommen ratifizieren. Grund hierfür ist, dass das Europäische Patentamt keine EU-Institution darstellt, sondern eine eigenständige internationale Organisation, somit ist auch das Einheitspatentgericht kein Gericht der EU. 

Austritt Großbritanniens 

Trotz aller Diskussionen rund um das Brexit, hat Großbritannien im April 2018 das Abkommen zur Schaffung eines EU-Einheitspatentgerichts ratifiziert. 
 
Nun hat Großbritannien jedoch angekündigt, gänzlich aus dem Abkommen zur Schaffung eines EU-Einheitspatentgerichts auszutreten. Grund hierfür ist, dass dieses Abkommen ausdrücklich die Anwendung von Recht der Europäischen Union vorsieht und sich damit auch der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs unterwirft. Dies steht mit dem erfolgten Brexit nicht im Einklang.

Zurück zum Start in Deutschland 

Deutschland hat zwar bereits die Zustimmung zur Schaffung eines EU-Einheitspatentgerichts mit dem sogenannten „Gesetz zu dem Übereinkommen über ein Einheitliches Patentgericht“ (EPGÜ-ZustG), erteilt. Doch nun hat das deutsche Bundesverfassungsgericht das EPGÜ-ZustG für nichtig erklärt, weil das Gesetzgebungsverfahren nicht verfassungsmäßig durchgeführt wurde. 

Nach Ansicht des Bundesverfassungsgerichts bewirkt das EPGÜ-ZustG eine materielle Verfassungsänderung, da die Rechtsprechung auf ein internationales Gericht, dem Einheitspatentgericht, übertragen werden sollen. Diese materielle Verfassungsänderung ist aber vom Bundestag nicht mit der hierfür erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossen worden. Zwar wurde im Bundestag das EPGÜ-ZustG einstimmig angenommen, doch tatsächlich waren bei der Abstimmung nur etwa 35 Abgeordnete anwesend. Ein Beschluss mit qualifizierter Mehrheit lag daher nicht vor (Bundesverfassungsgericht 13.02.2020, 2 BvR 739/17).

Lange beschwerliche Reise des EU-Einheitspatents 

Erste Maßnahmen zur Schaffung eines EU-weiten einheitlichen Patentschutz wurden bereits im Jahr 2012 umgesetzt. Der Austritt Großbritanniens und das (vorläufige) Stopp-Zeichen aus Deutschland stellen schwere Rückschläge für das gesamte europäische Patentwesen dar. Das ursprüngliche Vorhaben, Ende 2020 den Startschuss für das EU-Einheitspatent abzugeben, ist wohl angesichts der neuesten Entwicklungen obsolet. 

Es bleibt zu hoffen, dass das EU-Einheitspatent trotz der widrigen Umstände dennoch ins Leben gerufen werden kann. Bis dahin ist das gesamte EU-Einheitspatentwesen in der Warteschleife. 

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