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Beteiligungspublizität Neu – Ein Ende für das stille Anschleichen an börsenotierte Targets?

2014-02

Um Anleger vor einem Informationsdefizit zu schützen und zu verhindern, dass Investoren unbemerkt die Kontrolle über ein börsenotiertes Unternehmen erlangen, sieht das BörseG Melde- und Veröffentlichungspflichten für das Erreichen bestimmter Beteiligungsschwellen vor. Regelungslücken ermöglichten Investoren aber ein stilles „Anschleichen“ an die Zielgesellschaft.

In Deutschland, wo vergleichbare Regelungen bestanden haben, wurden die Umgehungsmöglichkeiten durch den Beteiligungs­aufbau von Schaeffler an Continental und Porsche an VW aufgezeigt. Auch in Österreich konnte der Investor Ronny Pecik unbemerkt bei der Telekom Austria einsteigen. Der österrei­chische Gesetzgeber reagierte mit einer Novelledes BörseG, die seit 1.1.2013 in Kraft ist. Nachfolgend sollen die wesentlichen Neuerungen im Überblick dargestellt werden.

Ziele der Novelle

  • Schließung von Lücken durch Erweiterung der meldepflichtigen Finanzinstrumente
  • Verbesserte Transparenz durch Einführung zusätzlicher Meldeschwellen
  • Gesteigerte Wirksamkeit durch Verschärfung der Sanktionen

Rechtslage vor der Novelle

Erfasste Finanzinstrumente

Transaktionen in Finanzderivaten konnten die Meldepflichten auslösen, wenn der Investor einen Rechtsanspruch auf Erwerb stimmberechtigter Aktien aufgrund einer verbind­lichen Vereinbarung hatte.

Nicht erfasst waren von dieser engen Definition „cash settled equity options“. Bei diesen auf Barausgleich ausgerichteten Finanzinstrumenten übernimmt der Investor nur das mit einer Referenzaktie verbundene wirtschaftliche Risiko. Mangels Verpflichtung der Bank, nach Ende der Vertragslaufzeit die Referenzaktien zu liefern, löste dieser Vorgang keine Meldepflichten aus. In der Praxis erwirbt die Bank bei „cash settled options“ regelmäßig die Referenzaktien, um sich abzusichern. Dies eröffnete dem Investor am Ende der Laufzeit die faktische Möglichkeit, auf einen Schlag ein relevantes Beteiligungspaket von der Bank zu erwerben. Ebenso wenig lösten der Erwerb von Wandelschuld­verschreibungen und „put options“ Meldepflichten aus.

Meldeschwellen

Die niedrigste relevante Beteiligungsschwelle lag bei 5 %.

Sanktionen

Verstöße wurden verwaltungsstrafrechtlich mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 30.000 geahndet.

Neue Rechtslage

Erfasste Finanzinstrumente

Die neue, wesentlich weiter gefasste Definition der meldepflichtigen Finanzinstrumente verlangt keinen auf physische Lieferung von Aktien gerichteten Rechtsanspruch. Unterschiedlichste schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäfte, die eine mit dem Erwerb von Aktien vergleichbare wirtschaftliche Wirkung haben, sind nunmehr als Finanzinstrumente bzw. vergleichbare Instrumente melderelevant. Darunter fallen jetzt unter anderem auch Optionen (einschließlich „put options“) und Termingeschäfte, die keine physische Abwicklung, sondern nur einen Barausgleich vorsehen. Wandelschuldverschreibungen sind ebenso erfasst wie die Vereinbarung von Vorkaufsrechten und Aufgriffsrechten. Letztere sind nach Ansicht der FMA nur meldepflichtig, wenn sie nicht bloß der Absicherung von Gesellschaftern im Falle des Eintritts ungewisser Umstände dienen, sondern eine Umgehung der Transparenzvorschriften bezwecken. Aufschiebend bedingte Erwerbe sind dann melderelevant, wenn eine abstrakte Chance auf Bedingungseintritt besteht. Ausstehende kartellrechtliche Genehmigungen oder das Erreichen eines bestimmten Aktienkurses könnten laut FMA solche Bedingungen darstellen.

Meldeschwellen

Die bisherigen Meldeschwellen (5 %, 10 %, 15 %, 20 % usw.) bleiben aufrecht. Eine weitere Schwelle wurde bei 4 % eingeführt. Zusätzlich können Emittenten in ihrer Satzung festlegen, dass bereits eine 3%-Schwelle für die Publizitäts­pflichten nach dem BörseG relevant sein soll. Eine Herab­setzung der Meldeschwellen ist wirksam, wenn sie auf der Website der Emittentin veröffentlicht und der FMA mitgeteilt wurde.Neu ist, dass Stimmrechte aus direkt oder indirekt gehaltenen Anteilen und Stimmrechte, die sich aus Finanzinstrumenten ableiten lassen, zusammengerechnet werden.

Sanktionen

Die FMA kann nun wesentlich höhere Verwaltungsstrafen, nämlich von bis zu EUR 150.000 im Einzelfall, verhängen. Abschreckender dürften aber die neu eingeführten zivilrechtlichen Sanktionen sein: Eine Verletzung der Meldepflicht bewirkt ein Ruhen des Stimmrechts im Ausmaß der Differenz zwischen dem aktuellen und dem zuletzt gemeldeten Stimmrechtsanteil. Bei Verletzung der Meldepflicht durch erstmaliges Überschreiten der 4%-Schwelle ruhen somit sämtliche Stimmrechte. Das Ruhen endet sechs Monate nach ordnungsgemäßer Meldung. Geringfügige Verstöße können durch Nachmeldung saniert werden. Aufgrund des doch erheblichen Informationsdefizits der Emittentin wird es schwierig sein, eine Verletzung der Meldepflicht vor einer Abstimmung in der Haupt­ver­sammlung festzustellen. Ein zugelassenes, aber ruhendes Stimmrecht führt zur Anfechtbarkeit des Beschlusses.

Umgehungsmöglichkeiten in der Praxis

Der österreichische Gesetzgeber hat sich – im Gegensatz zu der in Deutschland bestehenden Regelung – im Interesse von mehr Rechtssicherheit für eine detailliertere Umschreibung der meldepflichtigen Finanzinstrumente entschieden. Dies könnte erneut Schlupflöcher bieten.

Nach Umsetzung der Änderungsrichtlinie (siehe unten) erfolgt die Berechnung des Stimmrechtsanteils von auf Barausgleich ausgerichteten Finanzinstrumenten ausschließlich gemäß dem „Konzept der Wertabhängigkeit“ (Berechnung auf einer „delta-angepassten“ Basis). Der zugerechnete Stimmrechtsanteil hängt von dem schwankenden Wert der Referenzaktie ab. Trotz gleichbleibender Grundvereinbarung schwankt somit der zurechenbare Stimmrechtsanteil. Folge könnte sein, dass nicht sämtliche potenziellen Zugriffsmöglichkeiten auf die Aktien einer Emittentin erfasst sind.

EU-Recht

Ende 2013 hat auch die EU mit einer Überarbeitung (Änderungs­richtlinie4) der den Publizitätsvorschriften zugrundeliegenden Transparenzrichtlinie5 reagiert. Diese Änderungsrichtlinie ist seit 26.11.2013 in Kraft und ist von den Mitgliedstaaten umzusetzen. Sie bezweckt nunmehr eine Vollharmonisierung, lässt aber strengere Regelungen der Mitgliedstaaten in wenigen Aus­nahme­fällen zu, zum Beispiel in Bezug auf die in der RL vorgesehene 5%-Schwelle. Die Regelungsziele der Änderungs­richtlinie decken sich mit den Zielen der BörseG-Novelle 2013 und wurden im Wesentlichen bereits durch diese vorgreifende Novelle umgesetzt.

3 BGBl I 83/2012.
4 RL 2013/50/EU
5 RL 2004/109/EG

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