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Bun­des­ver­ga­be­ge­setz 2018: Wichtige Neuerungen für Auftraggeber und Bieter

17/06/2018

Mit mehr als zwei Jahren Verspätung sollen die drei EU-Vergaberichtlinien aus 2014 in Österreich umgesetzt werden. Das entsprechende Gesetzespaket wurde im April sowohl im Nationalrat als auch im Bundesrat beschlossen. Sofern nicht von Seiten der Länder Widerspruch erhoben wird, könnte es mit 1. Juli 2018 in Kraft treten. Das sind die wichtigsten Änderungen im Überblick:

1. Neuordnung der gesetzlichen Grundlage

Zukünftig besteht auf Bundesebene eine vergaberechtliche Trias: Neben dem neu erlassenen BVergG 2018 (Auftragsvergabe im „klassischen“ und im Sektorenbereich), gibt es in Zukunft ein eigenes Konzessionsvergabegesetz (BVergGKonz 2018). Die Vergabe von Aufträgen in den Bereichen Sicherheit und Verteidigung bleibt in einem Sondergesetz geregelt (BVergGVS 2012).

2. Kooperationen zwischen öffentlichen Auftraggebern

Mit dem neuen Gesetz wird klargestellt, in welchen Konstellationen öffentliche Auftraggeber von anderen Auftraggebern Leistungen beziehen können, ohne die Vorgaben des Vergaberechts beachten zu müssen. Dazu zählen einerseits die Erbringung von Leistungen durch Tochter-, Mutter- oder Schwestergesellschaften an die bzw. den mit ihnen verbundenen Auftraggeber, andererseits aber auch rein vertragliche Kooperationen von öffentlichen Auftraggebern.

Eine genaue Prüfung dieser Voraussetzungen ist entscheidend. Bei Nicht-Vorliegen drohen die Nichtigerklärung des Vertrags, erhebliche Geldbußen und Schadenersatzforderungen!

3. Auch weiterhin vereinfachte Regelungen für bestimmte Dienstleistungen

Die bisherige Unterscheidung von Dienstleistungen in prioritäre und nicht prioritäre Dienstleistungen wird aufgegeben. Dennoch unterliegen auch zukünftig nicht alle Dienstleistungen dem Vollanwendungsbereich. Viele der bislang nicht prioritären Dienstleistungen werden nunmehr der Kategorie besondere Dienstleistungen zugeordnet, für die auch zukünftig erleichterte Regelungen gelten. Dazu zählen insbesondere die freie Gestaltbarkeit von Vergabeverfahren und der deutlich höhere Schwellenwert von EUR 750.000,-. Für bestimmte Dienstleistungen innerhalb dieser Gruppe werden noch zusätzliche Erleichterungen geschaffen. Zudem werden Dienstleistungen im öffentlichen Personenverkehr (Stichwort „ÖBB-Ausnahme“) begünstigt.

4. Verpflichtende E-Vergabe

Beginnend mit 18.10.2018 sind die wesentlichen Mitteilungen eines Vergabeverfahrens im Oberschwellenbereich (auch von Bietern) verpflichtend auf elektronischem Weg zu übermitteln. Eine Pflicht, die gesamte Kommunikation auf elektronischem Weg zu führen, normiert das Gesetz jedoch nicht. Diese Vorgaben gelten für Konzessionsvergaben nicht.

Tipp für Auftraggeber: Über die CMS-eigene Vergabeplattform können vollelektronische Vergabeverfahren unkompliziert abgewickelt werden. 

Tipp für Unternehmer: Besorgen Sie sich rechtzeitig eine qualifizierte elektronische Signatur (z.B. A-Trust) für eine ausreichende Anzahl von Mitarbeitern und setzen Sie sich zeitgerecht mit den Eigenheiten der unterschiedlichen Vergabeplattformen auseinander!

5. Vertragsänderungen nach Zuschlagserteilung

Große praktische Bedeutung hat die Frage, ob ordnungsgemäß vergebene Aufträge nach Zuschlagserteilung noch abgeändert werden können. Bislang gab es nur einzelne Entscheidungen des EuGH zu dieser Frage. Das Gesetzespaket enthält nun eine Bestimmung, welche für Auftraggeber und Auftragnehmer mehr Rechtssicherheit schafft.

Jedenfalls zulässig sind Änderungen, die bei Lieferungen und Dienstleistungen 10 %, bei Bauaufträgen 15 % des ursprünglichen Auftragswertes und zugleich die gesetzlichen Schwellenwerte nicht übersteigen. Unter gewissen Voraussetzungen können Vertragsänderungen auch über diese Wertgrenze hinaus erfolgen. Ebenfalls erlaubt sind Änderungen, wenn im ursprünglichen Vertrag klare, präzise und eindeutig formulierte Änderungsklauseln enthalten sind, auf die man sich später berufen kann.

Nach der Auftragsvergabe ist vor der Auftragsvergabe. Wurde zu Unrecht eine Vertragsänderung vorgenommen, drohen ebenso die Nichtigerklärung des Vertrags, erhebliche Geldbußen und Schadenersatzforderungen!

6. Rechtsschutz

Bisher waren Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit einer Zuschlagserteilung innerhalb einer absoluten Frist von sechs Monaten ab Erteilung des Zuschlags einzubringen. Diese Bestimmung musste infolge einer EuGH-Entscheidung geändert werden. Nunmehr sind Feststellungsanträge innerhalb von sechs Monaten ab Kenntnis bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Zuschlag einzubringen. Eine absolute Frist gibt es nicht mehr! Wird ein Antrag mehr als sechs Monate nach Zuschlagserteilung eingebracht, kann zwar der Vertrag nicht mehr für nichtig erklärt werden, allerdings können stattdessen Geldbußen über den Auftraggeber verhängt werden.

Die Einbringung von Feststellungsanträgen hat kein fixes Ablaufdatum! Die nachträgliche Bekanntgabe einer Zuschlagserteilung kann entscheidend sein.

7. Vergabe von Konzessionen

Bislang waren Bau- und Dienstleistungskonzessionen unterschiedlich geregelt. Letztere unterlagen nicht einmal dem vergabespezifischen Rechtsschutz. Mediale Aufmerksamkeit erlangte die Spekulation über eine „Privatisierung der Trinkwasserversorgung“ durch die Vergaberichtlinien 2014.

Nunmehr werden die Vorgaben vereinheitlicht, allerdings gelangen nicht die detaillierten Regelungen für Auftragsvergaben zur Anwendung. So müssen zwar Konzessionen, deren Wert EUR 5,548 Mio übersteigt, unionsweit bekannt gemacht werden, es sind jedoch keine förmlichen Vergabeverfahren (wie offenes Verfahren, nicht offenes Verfahren oder Verhandlungsverfahren) vorgeschrieben.

8. Fazit

Da das Inkrafttreten des neuen Bundesvergabegesetzes 2018 voraussichtlich schon am 1. Juli 2018 zu erwarten ist, ist es höchste Zeit, die notwendigen Vorbereitungen, vor allem hinsichtlich elektronischer Vergabeverfahren, zu treffen! Insgesamt bringt das neue Gesetz viele durchaus bedeutende Änderungen. Diese stellen für Bieter und Auftraggeber Herausforderungen dar, bieten aber auch Chancen.

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Bernt Elsner
Partner
Wien
Ruth Bittner