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Rechtsrahmen der un­ter­neh­mens­in­ter­nen Untersuchungen

28/11/2016

Bei einem Strafermittlungsverfahren sind die zuständigen Staatsbehörden an strenge Gesetzesregeln gebunden, wenn es darauf ankommt, was sie bei einer Ermittlung dürfen und nicht dürfen. Wie sieht es dann mit einer unternehmensinternen Untersuchung aus? In Bulgarien gibt es keine speziellen Gesetzesvorschriften, die Regeln für die Initiierung und Durchführung der Untersuchung sowie für die Verwendung der gewonnenen Ergebnisse festlegen. Dennoch kann eine unternehmensinterne Untersuchung nicht willkürlich eingesetzt werden. Die Unternehmen müssen verschiedene rechtliche Aspekte berücksichtigen.

Der Begriff der unternehmensinternen Untersuchung

Unter dem Begriff „unternehmensinterne Untersuchung“ ist grundsätzlich eine interne Sachverhaltsermittlung bei Verdacht auf Gesetzes- oder sonstige Rechtsverstöße zu verstehen. Typische Beispielsfälle sind Verstöße gegen Antikorruptions-, Wettbewerbs- oder Antidiskriminierungsvorschriften. Manchmal kann der Verdacht auf Missachtung unternehmensinterner Richtlinien eine Untersuchung veranlassen. Beispiele für Auslöser interner Untersuchungen sind:

  • Anzeige bei den Behörden, die dem Unternehmen ein Fehlverhalten vorwerfen;
  • Interne Anzeige von Mitarbeitern, die unangemessene Geschäftspraktiken erkannt haben;
  • Medienmitteilungen;

Rolle der Entscheidungsträger

Eine interne Untersuchung macht grundsätzlich die Abstimmung auf Führungsebene notwendig. 

Fraglich ist auch, ob für die Geschäftsführungsorgane sogar die Pflicht besteht, eine interne Untersuchung bei Verdacht auf Gesetzes- oder sonstige Rechtsverstöße anzuordnen. Diese Frage ist in der bulgarischen Rechtspraxis offen und sogar kaum behandelt. Nach dem allgemeinen handelsrechtlichen Grundsatz hat aber die Geschäftsführung die Angelegenheiten der Geschäftsleitung nach Maßgabe des Gesetzes sowie der Gesellschafterbeschlüsse zu pflegen. Zu den Leitaufgaben der Geschäftsführung gehört also mögliche Schäden abzuwenden, wie etwa wirtschaftliche Verluste, Strafen, Störung der Unternehmensabläufe sowie Schädigung der Reputation des Unternehmens. Die Geschäftsführung hat somit die Aufgabe, einen Verdachtsfall rechtzeitig aufzuklären. Diese Aufgabe verdichtet sich mehr zu einer Pflicht zur Sachverhaltsermittlung, als dass der Schadenseintritt konkreter wird und nähersteht.

Rolle der Mitarbeiter

Die Mitarbeiter spielen eine Schlüsselrolle bei der Aufklärung von Verdachtsfällen. Sie sind wichtige Wissensträger, da sie Schlüsselkenntnisse über die internen Geschäftsabläufe und das Netzwerk von externen Dienstleistern besitzen. Rechtlich gesehen stellt sich die Frage, ob und wenn ja, inwieweit die Mitarbeiter verpflichtet sind, bei einer unternehmensinternen Untersuchung mitzuwirken.

Beispielsweise bejaht man in Deutschland eine umfassende Auskunftspflicht der Mitarbeiter innerhalb ihres Arbeitsbereichs, selbst wenn sie damit eigenes strafbares Verhalten offenbaren. In Bulgarien kann man dagegen eine solche Mitwirkungspflicht weder aus der Rechtsprechung, noch aus den Rechtsvorschriften ausdrücklich herleiten. Deswegen begeben sich die bulgarischen Arbeitgeber auf dünnes Eis, wenn sie eine Mitwirkungspflicht der Mitarbeiter durch interne Richtlinien oder sonstige Anweisungen durchzusetzen versuchen. Die Arbeitgeber haben auch keinen rechtlich durchsetzbaren Anspruch darauf, dass die Mitarbeiter bei einem Interview im Rahmen der Untersuchung mitmachen.

Datenschutz

Die internen Untersuchungen stoßen auch auf datenschutzrechtliche Herausforderungen. Insbesondere sind die Informationen aus der elektronischen Post ein wichtiger Bestandteil der Untersuchung. Private Kommunikation (SMS, E-Mails, Chat) ist nach dem bulgarischen Grundgesetz unantastbar, es sei denn, dass ein Gerichtsbeschluss vorliegt. Demgegenüber kann der Arbeitgeber grundsätzlich auf die dienstlichen E-Mails ohne Zustimmung der Mitarbeiter zugreifen. Allerdings riskiert der Arbeitgeber das Grundrecht der Mitarbeiter auf Datenschutz zu verletzen, wenn das dienstliche Postfach auch private Kommunikationen enthält und die private Nutzung nicht ausdrücklich im Voraus verboten ist. Deswegen müssen die Arbeitgeber klare Regeln über die private Nutzung von dienstlichen E-Mails aufstellen.

Bei den unternehmensinternen Untersuchungen werden häufig Mitarbeiter befragt und Kommunikationen im großen Stil überprüft. Diese Untersuchungen sind aber „kein rechtsfreier Raum“. Jedenfalls sind insbesondere rechtliche Grenzen des Daten- und Persönlichkeitsschutzes zu beachten. 

Autoren

Desislava Todorova