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Gewährleistungsfrist für Photovoltaik - Anlagen

09/03/2016

Die europäische Energieunion, insbesondere die Integration der erneuerbaren Energien in den europäischen Energiemarkt, bedingt in hohem Maße die Vereinheitlichung der Rechtssysteme der EU-Staaten. Es besteht eine Vielzahl von Beispielen, die der Realität der verschiedenen Rechtsprechungen zu entnehmen sind und in der jeweiligen nationalen Rechtsordnung verwendet werden können.

In diesem Zusammenhang, nach der nicht leicht durchgeführten Energiewende hat man derweil in Bulgarien mit weiteren Schwierigkeiten zu kämpfen. Zwar sind durch gezielte Investitionen zahlreiche Photovoltaik-Projekte realisiert worden, es müssen aber noch einige Hindernisse aus dem Weg geräumt werden. So mangelt es an konkreter rechtlicher Klarheit hinsichtlich des Gewährleistungsrechts bei Baumängeln und damit werden die Solar-Pioniere mit ihren Gewährleistungsansprüchen dem Bauträger gegenüber konfrontiert.

Nach der Bauabnahme gehen einerseits alle Risiken auf den Bauherrn über. Andererseits beginnt mit der Bauabnahme die Gewährleistungszeit für später auftretende Mängel. Allerdings stellt sich in der Baupraxis in Bulgarien die Frage, welche Gewährleistungsfrist auf PV-Anlagen anzuwenden ist. Da die bulgarische Verordnung über die Gewährleistungsfristen teilweise veraltet ist bzw. keinen direkten Bezug auf den Aufbau von PV-Anlagen nimmt, lassen die Rechtsbestimmungen auf nationaler Ebene unterschiedliche willkürliche Auslegungen zu und führen im Vorfeld zu keiner einheitlichen Lösung.

Zwingende öffentlich-rechtliche Bauvorschriften sehen vor, dass die allgemeine Mindestgewährleistungsfrist für Bauarbeiten bei neuen Bauwerken 10 Jahre beträgt, für den Aufbau von Anlagen (grundsätzlich aller Art) und Installationen bestimmt die Verordnung aber eine 5-jährige Gewährleistungsfrist. Es muss dabei eine objektive Auslegung vorgenommen werden und zwar, ob Photovoltaikanlagen als eine Gesamtanlage im Rechtssinne zu qualifizieren sind, da sich an der Einordnung als Bauwerk die Frage nämlich entscheidet, welche Gewährleistungsfrist – die 10-jährige für Bauwerke oder die kürzere 5-jährige Gewährleistungsfrist für Aufbau von einzelnen Anlagen (Komponenten), anzuwenden wäre, d.h. innerhalb welches Zeitraums Mängel mit Erfolg gegenüber dem Bauträger geltend gemacht werden können.

Bei der Beurteilung dieser Frage wäre davon auszugehen, ob es sich bei den PV-Anlagen nach allgemeinem Verständnis um Einzelmodule eines PV-Kraftwerks oder um ein gesamtes PV-Kraftwerk handelt bzw. nach welchem Gesamtkonzept die einzelnen Komponenten funktional zusammenwirken und eine Gesamtheit bilden sollten.

Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs

Betrachtet man die Rechtsprechung des deutschen Bundesgerichtshofs, so erscheinen die Ausführungen über die Gesamtheit der PV-Anlagen sehr viel begründeter im Vergleich zum Konzept der einzelnen Photovoltaikkomponenten.

So führt der deutsche Bundesgerichtshof im Wesentlichen aus, dass nicht das einzelne, zum Einbau in ein Solarkraftwerk bestimmte Photovoltaikmodul als eine eigene Anlage anzusehen ist, sondern erst die Gesamtheit der Module die Anlage "Solarkraftwerk" bildet (Urteil VIII ZR 244/14 vom 4.11.2015). Der Anlagenbegriff beziehe nicht allein die zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien notwendigen Mindestkomponenten ein, sondern alle in den Produktionsprozess eingebundenen, technisch und baulich notwendigen Installationen (Senatsurteil vom 23.10.2013). Der Gesetzgeber wolle die PV-Anlage als größere Einheit ("Gesamtheit") definieren, so dass auf alle zur Zweckerreichung erforderlichen technischen und baulichen Bestandteile in ihrer Gesamtheit und nicht mehr auf die einzelnen Komponenten abzustellen sei. Denn bei einem aus mehreren Modulen bestehenden Solarkraftwerk sollen nach dem betriebstechnischen Konzept sämtliche Module zur Stromgewinnung zusammenwirken. Zudem gehören auch die Befestigungs- oder Montageeinrichtungen, auf denen die Module angebracht werden, zur Gesamtheit der funktional zum Zweck der geplanten wirtschaftlichen Stromerzeugung zusammenwirkenden technischen und baulichen Einrichtungen.

Fazit

Meines Erachtens wäre der Auffassung des deutschen Bundesgerichtshofs auch in Bulgarien zu folgen. Denn hieraus lässt sich ableiten, dass mit der Betrachtung der PV-Anlagen als ein gesamtes Bauwerk diese der 10-jährigen Gewährleistungsfrist einzuordnen wären und damit ein wesentlich höherer Schutz für die Energieunternehmen erzielt werden kann. Nicht gerechtfertigt scheint hingegen, die einzelnen PV-Anlagen als selbständige Objekte zu betrachten und daher die 5-jährige Gewährleistungsfrist für Montagearbeiten anzuwenden, denn ein Solarkraftwerk hat eine erhebliche wirtschaftliche Bedeutung und insofern eine sichere langfristige Funktionstüchtigkeit zu genießen. Letztendlich ist aber diese Problematik noch offen und eine adäquate Gerichtsentscheidung oder gesetzgeberische Anpassung in Bulgarien bleibt abzuwarten. Dennoch wäre die Beurteilung der europäischen Gerichte ebenfalls ein hilfreicher Hinweis.

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Maria Drenska