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Auf den Zahn gefühlt – wie ist es, in einer internationalen Wirtschaftskanzlei zu arbeiten?

Lesen Sie hier das Interview mit unseren Anwältinnen aus dem Fokus Rechtsguide, Mai 2021.

Was hat Euch motiviert, Anwältin zu werden beziehungsweise Jus zu studieren?

Aline: Zuerst habe ich angefangen, Betriebswissenschaften zu studieren. Schnell merkte ich aber, dass mir die Rechtswissenschaften besser gefallen. Ich habe mich daher umentschieden und Rechtswissenschaften mit Wirtschaftswissenschaften studiert. Dass ich Anwältin werden möchte, war für mich dann nach meinem ersten Praktikumstag in einer Anwaltskanzlei klar: Ich habe mich einfach wohlgefühlt. Die analytische und abwechslungsreiche Arbeit fordert mich täglich und gefällt mir sehr.

Simone: Als ich anfing Jus zu studieren, hätte ich nie gedacht, dass ich mich Jahre später noch immer hauptberuflich so intensiv mit Recht beschäftigen würde. Ich habe jedoch rasch gemerkt, dass mir das juristische Denken sehr entspricht und mir die Herausforderung gefällt, die unterschiedlichsten Sachverhalte – unter Zeitdruck – juristisch zu analysieren und Lösungen zu finden. Als Anwältin kann ich genau das täglich tun.

Olivia und Aline, was war für Euch als Berufseinsteigerinnen bei der Auswahl der Kanzlei ausschlaggebend?

Olivia: Ich habe bereits ein Kurzpraktikum bei CMS absolviert. Mir war wichtig, dass ich mich während des Substitutenjahrs gut auf die Anwaltsprüfung vorbereiten kann. Bei CMS sind Aktivitäten wie interne Weiterbildungen oder das gemeinsame Besprechen von alten Prüfungen Bestandteil der Ausbildung. Als Substitutin bin ich bei CMS auch nicht einer Partnerin oder einem Team zugeteilt, sondern kann von allen Practice Groups zur Unterstützung aufgefordert werden. Das ermöglicht einen umfassenden Einblick in die vielseitige Tätigkeit einer Wirtschaftsanwältin.

Aline: Nach meinem Gerichtspraktikum wollte ich noch Kanzleiluft schnuppern. Dabei gab mir CMS die Möglichkeit, während eines Jahres in vielen verschiedenen Teams und Rechtsgebieten zu arbeiten und mich auch weiterzubilden. Ich habe ein herausforderndes und spannendes Arbeitsumfeld angetroffen, in welchem ich mich persönlich wertgeschätzt und gefördert fühle. Ein Plus ist sodann das internationale Umfeld: Wir arbeiten täglich an internationalen Fällen zusammen mit Kolleginnen von unseren weltweiten CMS-Standorten. Das alles hat mich dazu bewogen, nach meiner Anwaltsprüfung direkt zu CMS zurückzukehren.

Was sind Eure Spezialgebiete? Was muss man sich darunter vorstellen und gibt es einen besonders spannenden Fall, der Euch kürzlich beschäftigt hat?

Simone: Ich bin auf Immaterialgüter- und Werberecht spezialisiert. Zu den Immaterialgüterrechten, die auch geistiges Eigentum genannt werden, zählen Marken-, Design-, Urheber- und Patentrechte sowie das Know-how. Schwerpunkte meiner Tätigkeit sind die Vertretung von Mandanten in Kennzeichenkonflikten und die vertragliche Beratung im Bereich Forschung und Entwicklung. Aktuell beschäftigen mich diverse Anfragen zu Werbung betreffend Nachhaltigkeit: Welche rechtlichen Aspekte sind zum Beispiel zu beachten, wenn ein Unternehmen damit wirbt, dass seine Produkte CO2-freundlich sind?

Sibylle: Mein Spezialgebiet sind Rechtsfragen rund um Immobilien und Bauvorhaben. Zum Beispiel durfte ich kürzlich einen Mandanten beim Erwerb des Hauptsitzes der Bank Pictet in Genf beraten. Auch Hoteltransaktionen sind sehr spannend – als bekanntes Beispiel kann ich den Verkauf des Hotels Widder nennen, bei dem ich die Verkäuferin unterstützen durfte.

Aline: Ich arbeite mehrheitlich in den Bereichen Prozessführung (Litigation/Arbitration), Vertragsrecht und – zusammen mit Simone – im Werberecht.

Wie sieht ein typischer Tag einer Substitutin in einer Wirtschaftskanzlei aus?

Olivia: Jeder Tag sieht anders aus. Als Substitutin arbeite ich beispielsweise an Due-Diligence- Prüfungen von Immobilien- oder Unternehmenstransaktionen mit, unterstütze bei der Erstellung von grösseren Rechtsschriften oder darf bei Gesprächen mit Klienten dabei sein. Natürlich gehören auch Routinetätigkeiten wie juristische Recherchen zu meinen Aufgaben.

Welche Karrieremöglichkeiten gibt es in einer Wirtschaftskanzlei?

Sibylle: Wir ermöglichen bereits Studentinnen einen Einblick in unsere Kanzlei in Form eines Kurzpraktikums. Bei gegenseitigem Interesse kann daran nach dem Studienabschluss ein reguläres Anwaltspraktikum anschliessen. Anwältinnen werden je nach Interesse oder Spezialisierung einem bestimmten Praxisteam innerhalb der Kanzlei zugeteilt. Nach ein paar Jahren Praxiserfahrung komplettieren viele Anwältinnen ihre Erfahrungen mit einem Auslandaufenthalt (LL.M.), einer Dissertation oder einem Secondment in der Rechtsabteilung eines Unternehmens oder in einer anderen CMS-Kanzlei im Ausland. Nach ca. sieben bis acht Jahren Anwaltserfahrung stellt sich dann die Frage nach einer Aufnahme in die Partnerschaft. Möglich ist aber auch die Weiterentwicklung zum sogenannten Counsel, das sind sehr erfahrene und selbstständig arbeitende Anwältinnen mit einer ausgeprägten Spezialisierung.

Das Photo von Sibylle Schnyder
Bei uns in der Kanzlei sind 60 Prozent unserer juristischen Mitarbeitenden weiblich. In den nächsten Jahren wird sich daher zweifellos auch der Frauenanteil in der Partnerschaft erhöhen.
Sibylle Schnyder, Fokus Rechtsguide, Mai 2021

Ist es für Frauen, insbesondere Mütter, immer noch schwieriger, in einer Wirtschaftsanwaltskanzlei Karriere zu machen, als für Männer?

Sibylle: Bei uns in der Kanzlei sind 60 Prozent unserer juristischen Mitarbeitenden weiblich. In den nächsten Jahren wird sich daher zweifellos auch der Frauenanteil in der Partnerschaft erhöhen. Natürlich stellen sich insbesondere Müttern, welche eine Anwaltskarriere anstreben, die bekannten Herausforderungen wie zum Beispiel Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Inzwischen gibt es aber immer mehr Rollenvorbilder, welche zeigen, wie diese Herausforderungen gemeistert werden können. Sodann haben Frauen aktuell gerade relativ gute Karten, wenn es um die Besetzung von Gremien wie Verwaltungs- oder Stiftungsräte geht oder Referierende für eine Tagung gesucht werden – wir Frauen sollten diese Chancen nutzen!

Simone: Ich glaube, man kann heute nicht mehr sagen, dass eine Karriere in einer Wirtschaftskanzlei für Frauen grundsätzlich schwieriger ist als für Männer. Es besteht ein gewisser Druck seitens der Klientschaft, insbesondere der internationalen, dass das Beratungsteam auf allen Stufen durchmischt ist. Zudem stelle ich fest, dass meine Ansprechpartner bei den Klienten zunehmend Frauen sind. Eine andere Frage ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, welche im Anwaltsberuf mit seiner geringen Planbarkeit eine besondere Herausforderung darstellt. Ich beobachte aber, dass in den letzten Jahren erfreulicherweise eine Veränderung stattgefunden hat und dies nicht mehr nur ein Thema der Anwältinnen, sondern vermehrt auch der Anwälte ist.

Simone und Sibylle, Ihr habt beide ein Nachdiplomstudium im englischsprachigen Raum, einen sogenannten Master of Laws (LL.M) absolviert. Was hat Euch dies gebracht? Ist ein solches Nachdiplomstudium auch heutzutage noch ein Muss in einer internationalen Wirtschaftskanzlei oder sprechen sowieso alle jungen Anwälte fliessend Englisch?

Sibylle: Wir begrüssen und unterstützen es, wenn jüngere Kolleginnen ein Nachdiplomstudium im ausländischen, insbesondere englischsprachigen Raum absolvieren. Dabei geht es nicht nur um die Verbesserung von Sprachkenntnissen, sondern auch darum, das englische beziehungsweise amerikanische Rechtssystem besser zu verstehen. Als internationale Kanzlei haben wir täglich mit Klienten aus dem angelsächsischen Raum zu tun. Da ist es natürlich wichtig, mit den entsprechenden Begriffen und rechtlichen Konzepten vertraut zu sein.

Sibylle, Du bist unter anderem auch für die Auswahl und Anstellung von Anwältinnen und Substituten in Eurer Kanzlei zuständig. Worauf achtest Du besonders in den eingehenden Bewerbungen?

Sibylle: Eine Grundvoraussetzung ist ein sehr guter juristischer Abschluss. Unsere Wunschkandidatinnen zeichnen sich sodann durch einen spannenden Lebenslauf aus, der zum Beispiel erste berufliche Erfahrungen, Zusatzausbildungen, Sprachkenntnisse oder wertvolle Erfahrungen in anderen Bereichen wie Sport, Kultur, ehrenamtlichen Tätigkeiten etc. aufweist. Im persönlichen Gespräch versuche ich anschliessend herauszufinden, ob die Kandidatin auch von den Interessen und dem Typ her in unsere Kanzlei passt – die gegenseitige Chemie muss schliesslich stimmen.

Gibt es auch Schattenseiten in Eurem Job und wie geht Ihr damit um?

Aline: Eine Herausforderung ist die manchmal sehr schwankende Auslastung. In «heissen Phasen» eines Prozesses kann es sehr hektisch werden mit langen Arbeitstagen – das macht es teilweise schwierig, Ausgleich zu finden und soziale Kontakte zu pflegen. Ich plane mir aber immer bewusst Pausen ein, in denen ich auch tatsächlich offline bin und geniesse diese Momente dafür auch umso mehr.

Simone: Die Tätigkeit als Anwältin ist herausfordernd und man übernimmt teilweise viel Verantwortung. Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden zu verbringen, sei es wandernd oder bei einem guten Essen, ist für mich der beste Ausgleich.

Was würdet Ihr jüngeren Kolleginnen, die zum Beispiel noch im Studium stehen, mit auf den Weg geben?

Olivia: Ich habe schon während des Studiums Praxiserfahrung in verschiedenen juristischen Tätigkeiten gesammelt und kann das nur empfehlen. Ein Auslandssemester würde ich auf keinen Fall missen wollen und jeder Studentin dazu raten, eines zu machen. Das ist eine wertvolle Erfahrung, nicht nur aus akademischer oder beruflicher, sondern auch aus persönlicher Sicht.

Simone: Ich stelle immer noch fest, dass sich viele jüngere Juristinnen zu wenig zutrauen und auf keinen Fall ehrgeizig erscheinen wollen. Beides ist nicht hilfreich. Ich würde deshalb sagen, dass sich jüngere Kolleginnen etwas zutrauen und offen zu ihren Zielen stehen sollten.

Sibylle: Ich würde mich im Studium insbesondere auf die Grundlagenfächer konzentrieren, um ein solides juristisches Handwerk zu erlernen. Sodann sollte man sich den Horizont unbedingt durch andere Aktivitäten wie einen Studentenjob, ein ehrenamtliches Engagement oder ein Praktikum verbreitern. Und nicht zuletzt, sobald es die Pandemie wieder zulässt, auch noch etwas das Leben geniessen, zum Beispiel auf Reisen, für welche man später im Leben nicht mehr unbedingt die Zeit hat.

Veröffentlichung
Fokus Rechtsguide | Mai 2021
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Autoren

Sibylle Schnyder
Dr. Sibylle Schnyder, LL.M.
Partnerin
Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht
Zürich
Simone Brauchbar Birkhäuser, LL.M.
Dr. Simone Brauchbar Birkhäuser, LL.M.
Partnerin
Co-Leiterin der Praxisgruppen TMC und IP
Zürich
Aline Steffen
Aline Steffen-Züger
Senior Associate
Zürich

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Hauptansprechpartner

Dr. Sibylle Schnyder, LL.M.
Partnerin
Fachanwältin SAV Bau- und Immobilienrecht
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T +41 44 285 11 11
Dr. Niklaus Zaugg, LL.M.
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