06/12/2023
StaRUG – Eine „echte Option“ für Finanzinvestoren?
Die Wirtschaftswelt wird derzeit mit einer Vielzahl von Krisen konfrontiert: Die Immobilienkrise, die Energiekrise, der russische Angriffskrieg, die Auseinandersetzungen im Gazastreifen etc. Dieses Phänomen wird auch als Polykrise bezeichnet und zeichnet sich durch die Verflechtung einer Vielzahl paralleler Probleme aus, die zu einer selten dagewesenen Komplexität führen. Für Unternehmen bedeutet dies einerseits eine gesteigerte Kostenstruktur, z.B. durch gestiegene Energiekosten, Unterbrechungen der Lieferkette etc. Andererseits sind die Unternehmen gezwungen, sich durch Innovation an die sich ändernden Rahmenbedingungen anzupassen, was nicht selten mit bedeutenden Investitionen verbunden ist. Präventiver Restrukturierungsrahmen – StaRUG Bereits im März 2019 hat das EU-Parlament die Richtlinie zum künftigen „Präventiven Restrukturierungsrahmen″ beschlossen und damit die Mitgliedstaaten verpflichtet, einen präventiven Restrukturierungsrahmen (auch „vor-insolvenzliches Sanierungsverfahren“ genannt) im nationalen Recht zu schaffen. Der deutsche Gesetzgeber hat daraufhin im Eiltempo das Gesetz über den Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmen für Unternehmen (StaRUG) verabschiedet, welches am 1. Januar 2021 in Kraft getreten ist. Das StaRUG beinhaltet Werkzeuge für eine vereinfachte Restrukturierung von Unternehmen außerhalb eines Insolvenzverfahrens. Es schließt damit die Lücke zwischen der freien vorinsolvenzlichen Sanierung und der Sanierung über ein (gerichtliches) Insolvenzverfahren. Zudem bietet es den Vorteil, dass die Einleitung und Durchführung eines StaRUG-Verfahrens im Gegensatz zu einem Insolvenzverfahren nicht veröffentlicht wird. Möglichkeiten im StaRUG Das StaRUG eignet sich insbesondere für eine finanzielle Sanierung von kriselnden Unternehmen. Hat ein Unternehmen dagegen überwiegend leistungswirtschaftliche Schwierigkeiten, können diese nur schwer im Rahmen eines StaRUG-Verfahrens gelöst werden. Zentrales Element des StaRUG-Verfahrens ist der Restrukturierungsplan, vergleichbar mit einem Insolvenzplan. Im Gegensatz zum Insolvenzplan können über einen Restrukturierungsplan jedoch keine Vertragsverhältnisse beendet oder in Forderungen aus Arbeitsverhältnissen eingegriffen werden. Allerdings bietet der Restrukturierungsplan Möglichkeiten bestehende konkrete Vertragsbestimmungen zu modifizieren, umfassende (Sanierungs-)Maßnahmen auf Gesellschafterebene umzusetzen und neue Finanzierungen anfechtungssicher auszugestalten. Modifizierung bestehender Verträge Zwar bietet das StaRUG keine Möglichkeiten einzelne Verträge zu beenden, allerdings eröffnet es die Möglichkeit, konkrete Vertragsbestimmungen zu beenden oder zu ändern. Von besonderem Interesse kann dies bei für das Unternehmen nachteiligen Bedingungen in bestehenden Kreditverträgen sein. Man denke nur an einzuhaltende KPI's wie z.B. Mindestliquidität, EBITDA etc. Unter Zuhilfenahme eines Restrukturierungsplans können solche Bestimmungen an die geänderten Rahmenbedingungen des Unternehmens, gegebenenfalls auch gegen den Willen des jeweiligen Vertragspartners, angepasst werden. Restrukturierung der Passivseite und der Gesellschafterstruktur Von besonderem Interesse sind die Möglichkeiten, des StaRUG zur Restrukturierung der „Passivseite“ kriselnder Unternehmen und Änderung der Eigentümerstruktur, wie z.B. die Neugestaltung der Finanzierungs- und Gesellschafterstruktur. Unter anderem kann das Ausscheiden aller oder einzelner (Minderheits-)Gesellschafter sowie der Eintritt neuer Gesellschafter, z.B. im Wege des Debt-to-Equity Swaps geregelt werden. Daneben besteht die Möglichkeit für einzelne oder alle Finanzierer einen HairCut (ganzer oder teilweiser Verzicht auf das jeweils zur Verfügung gestellte Kapital) vorzusehen oder eine komplette oder teilweise Neufinanzierung anfechtungssicher abzuschließen. Auch eine Kombination vorgenannter Maßnahmen ist ohne weiteres möglich. Insbesondere ist ein StaRUG-Verfahren dann von Interesse, wenn sich einzelne Gläubiger oder (Minderheits-)Gesellschafter einer vorinsolvenzlichen Sanierung in den Weg stellen. Hier bietet das StaRUG die Möglichkeit, Maßnahmen gegen den Willen Einzelner umzusetzen. Ähnlich dem Insolvenzplan werden die vom Restrukturierungsplan Betroffenen in einzelne, von der Art der Forderung abhängige, Gruppen zusammengefasst. Zur Annahme des Restrukturierungsplans müssen in jeder Gruppe mindestens 75% der vertretenen Stimmrechte dem Restrukturierungsplan zustimmen (§ 25 StaRUG). Es besteht jedoch die Möglichkeit einzelne Gruppen zu überstimmen („cross-class cram down“, § 26 StaRUG), indem die Mehrheit der Gruppen mit der erforderlichen Stimmrechtsmehrheit dem Restrukturierungsplan zustimmt. Gleichzeitig dürfen die Mitglieder der überstimmten Gruppe durch den Restrukturierungsplan nicht schlechter gestellt werde als ohne diesen. Die Gruppenbildung sowie die erforderliche Vergleichsrechnung sind daher von entscheidender Bedeutung und müssen mit größter Sorgfalt vorgenommen werden.
Social-Media-Cookies sammeln Informationen darüber, wie Sie Inhalte von unserer Website über die sozialen Medien teilen, oder liefern Analysedaten zu Ihrem Nutzungsverhalten, wenn Sie zwischen Social-Media-Plattformen oder unseren Social-Media-Kampagnen und unseren eigenen Websites navigieren. Wir setzen diese Cookies ein, um die Mischung der Kommunikationswege zu optimieren, über die wir Ihnen unsere Inhalte zukommen lassen. Genauere Informationen zu den eingesetzten Tools finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.