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Erstattungsfähigkeit vorprozessualer Kosten für private Sachverständigen-Gutachten

Update Real Estate & Public 04/2019

April 2019

Hintergrund

Ein Bauunternehmer (Auftragnehmer, AN) hat unter anderem Ansprüche wegen Bauzeitverlängerung eingeklagt. Zur Begründung seiner Ansprüche holte er drei baubetriebliche Privatgutachten ein, die er vor Einreichung der Klage seinem Auftraggeber, einem Wasserverband (AG), zusandte. Dieser gab bereits zur Prüfung des streitgegenständlichen Nachtrags vorgerichtlich sowie während des Gerichtsprozesses zwei baubetriebliche Gutachten in Auftrag. Die Klage des AG wurde nach einer Teilklagerücknahme und einem Zwischenvergleich abgewiesen. Der AG meldete daraufhin im Kostenfestsetzungsverfahren seine Privatgutachterkosten an. Der AN wandte sich dagegen – jedoch ohne Erfolg. Der BGH, Beschluss vom 12.09.2018 – VII ZB 56 / 15 –, wies die Rechtsbeschwerde zurück.

Die Entscheidung

Gemäß den zivilprozessualen Vorschriften hat die unterlegene Partei dem Gegner entstandene Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren. Nach der Rechtsprechung des BGH sind erstattungsfähige notwendige Kosten solche, die für Maßnahmen anfallen, die eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei als sachdienlich ansehen darf. Dazu können auch die Kosten für die Einholung eines privat beauftragten Sachverständigengutachtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind und es der Partei selbst an der erforderlichen Sachkunde fehlt. Dies war vorliegend anzunehmen, da ein Wasserverband als AG naturgemäß kein Fachmann im Baurecht und für die Berechnung von Bauzeitverzögerungen und daraus herzuleitende Ansprüche ist. Ohne gutachterliche Hilfe hätte der AG nicht zu den Gutachten des AN Stellung nehmen können. Auch der Prozessbezug war gegeben, da der AG bei der Übersendung der Gutachten des AN davon ausgehen musste, dass die Klageerhebung unmittelbar bevorstand. Der BGH hält somit mit seinem Beschluss an seiner bisherigen Rechtsprechung fest.

Tipp für die Praxis

Inwieweit Kosten für vorprozessuale Privatgutachten erstattungsfähig sind, lässt sich nicht pauschal beantworten. Vor diesem Hintergrund sollte man bei der Beauftragung im Hinterkopf behalten, dass man die Kosten am Ende u. U. selbst trägt. Deshalb sollte man nur die Fragen begutachten lassen, die für die Wahrung der eigenen Rechte bzw. deren Durchsetzung unbedingt notwendig sind – gerade in den Fällen, in denen man nicht darlegungs- und beweisbelastet ist. Die Stundensätze der Privatgutachter sind ersatzfähig, soweit sie nicht ganz erheblich von den im JVEG vorgesehenen Sätzen für gerichtlich bestellte Gutachter abweichen. Sie können also auch über diesen Sätzen liegen.

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Autoren

Dr. Domenico Ferragina