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Update Dispute Resolution 03/2021

März 2021

Unter Verweis auf das Achmea-Urteil des Europäischen Gerichtshofs erklärte das Oberlandesgericht Frankfurt kürzlich den Antrag auf Einleitung eines Schiedsverfahrens zweier Banken gegen Kroatien auf Grundlage eines Investitionsschutzabkommens für unzulässig. Etwa zeitgleich hat das schwedische Gericht Svea hovrätt den Weg geebnet, den Europäischen Gerichtshof zu fragen, ob seine im Achmea-Urteil entwickelten Grundsätze und Positionen auch für EU-interne Investitionsstreitigkeiten nach dem Energiecharta-Vertrag (ECT) gelten. Weitere Neuigkeiten aus dem Bereich Investment Arbitration, Climate Change Litigation und aktuelle Rechtsprechung, insbesondere zum Kostenrecht, erfahren Sie in dieser Ausgabe unseres Updates Dispute Resolution.


Inhalt                                                                                             


Rechtsprechung

Zinsbeginn des Kostenerstattungsanspruchs nach zweitinstanzlichem Prozessvergleich

BGH, Beschluss vom 04.11.2020 – VII ZB 37/18

Die Parteien streiten um die Verzinsung des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs des Klägers für die erste Instanz. Das Landgericht hat die Beklagte unter anderem zur Tragung der Kosten des Rechtsstreits verurteilt. Mit am 10. November 2016 beim Landgericht eingegangenem Kostenausgleichsantrag hat der Kläger für die erste Instanz festzusetzende Kosten angemeldet und Zinsantrag gestellt. Die Beklagte hat Berufung eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht haben die Parteien einen Vergleich geschlossen, der unter anderem die Regelung beinhaltet, dass von den Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen der Kläger 7% und die Beklagte 93% zu tragen haben. Mit Kostenausgleichsantrag, eingegangen beim Landgericht am 20. Oktober 2017, hat der Kläger für die zweite Instanz weitere Kosten angemeldet. Unter Berücksichtigung der bei der Beklagten angefallenen Kosten hat das Landgericht einen Kostenfestsetzungsbeschluss erlassen, mit dem es die von der Beklagten an den Kläger nach dem Vergleich zu erstattenden Kosten nebst Zinsen seit dem 20. Oktober 2016 festgesetzt hat. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers hat das Beschwerdegericht den Beschluss dahingehend geändert, dass die Beklagte die für die erste Instanz festgesetzten Kosten schon ab dem 10. November 2016, ab Eingang des nach Erlass des landgerichtlichen Urteils gestellten Kostenfestsetzungsantrags zu verzinsen hat. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Beklagte die Aufhebung dieses Beschlusses und die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde des Klägers.

Unter Fortführung der Rechtsprechung zur Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs bei Neufassung der Kostengrundentscheidung hat der VII. Zivilsenat entschieden, dass im Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß § 104 Abs. 1 ZPO auf Antrag auszusprechen sei, dass die festgesetzten Kosten von Eingang des Festsetzungsantrags mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB zu verzinsen seien. Den frühestmöglichen Beginn der Zinspflicht bilde stets das Vorliegen des vollstreckbaren Titels. Der im Kostenfestsetzungsverfahren zu erlassende Kostenfestsetzungsbeschluss fülle lediglich die Kostengrundentscheidung hinsichtlich der Höhe des zu erstattenden Kostenbetrags aus, er sei sowohl hinsichtlich seiner Entstehung als auch seines Bestands von der Kostengrundentscheidung abhängig. Werde sie aufgehoben oder abgeändert, verliere ein auf ihrer Grundlage erlassener Kostenfestsetzungsbeschluss im Umfang der Aufhebung oder Abänderung seine Wirkung.

Dabei verneint der VII. Zivilsenat die bislang umstrittene Frage, ob dies auf die Abänderung der erstinstanzlichen Kostenquote in einem in der Berufungsinstanz geschlossenen Prozessvergleich übertragen werden kann. Entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts könnten die vom X. Zivilsenat entwickelten Grundsätze zur Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs bei Abänderung einer Kostengrundentscheidung im Rechtsmittelverfahren nicht auf den Fall des Abschlusses eines Prozessvergleichs in zweiter Instanz übertragen werden. Der X. Zivilsenat hatte entschieden, dass bei einer Änderung der Kostenquote im Berufungsverfahren derjenige Betrag der erstinstanzlichen Kosten, der übereinstimmend sowohl nach der erst- wie nach der zweitinstanzlichen Kostengrundentscheidung zu erstatten sei, seit dem Eingang des (ursprünglichen) Kostenfestsetzungsantrag zu verzinsen sei. Darin sei regelmäßig keine Aufhebung, sondern eine Abänderung der Vorentscheidung zu sehen. Der Zinsbeginn sei auf den Eingang des auf Grundlage der vorangegangenen Entscheidung eingereichten Kostenfestsetzungsantrags zu bestimmen. Der VII. Zivilsenat stellt nun klar, dass nach Abschluss eines Vergleichs in der Rechtsmittelinstanz, soweit die Parteien hierzu im Vergleich nichts Abweichendes vereinbaren, eine Verzinsung der hiernach zu erstattenden Kosten der ersten Instanz nach § 104 Abs. 1 Satz  2 ZPO erst von einem Antragszeitpunkt nach dem Vergleichsabschluss verlangt werden könne, im hiesigen Fall erst ab dem 20. Oktober 2017. Mit dem in zweiter Instanz geschlossenen Prozessvergleich regelten die Parteien ihre Beziehung neu. Der Vergleich bilde eine Zäsur; die Parteien vereinbarten die Beendigung des Rechtsstreits, entkoppelt vom bisherigen Prozessergebnis. Mit dem Abschluss des Vergleichs in zweiter Instanz verlören alle zuvor getroffenen Entscheidungen ihre Wirksamkeit, jede früher ergangene Entscheidung als Basis der Kostenfestsetzung entfalle; von ihr gehe – vorbehaltlich einer Regelung dazu im Vergleich – keine Wirkung mehr aus. Es fehle also gerade an der Kontinuität der Kostenentscheidung, welche aber zentraler Gesichtspunkt dafür sei, um bei abändernden Kostenentscheidungen im Rechtsmittel die Verzinsung des Kostenerstattungsanspruchs erster Instanz ab dem Eingang des Kostenfestsetzungsantrags erster Instanz laufen zu lassen, wenn und soweit sich die Kostengrundentscheidungen (durchgehend) decken.

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Notwendige Angabe des Rechtsmittelführers bei mehreren Streitgenossen

BGH, Beschluss vom 12.11.2020 – V ZB 32/20

Sind mehrere Streitgenossen erstinstanzlich unterlegen und legt ihr Anwalt Berufung ein, ohne innerhalb der Berufungsfrist anzugeben, wer Rechtsmittelkläger ist, kann die erforderliche Klarheit über die Person des Rechtsmittelführers nicht allein aus dem beigefügten erstinstanzlichen Urteil gewonnen werden. (Amtlicher Leitsatz)

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Zuweisung von Investitionsstreitigkeiten an ein Schiedsgericht verstößt gegen Unionsrecht

OLG Frankfurt, Beschluss vom 11.02.2021 – 26 SchH 2/20

Seit 2013 ist die Antragstellerin, die Republik Kroatien, Mitgliedstaat der EU. Sie wendet sich gegen die Zulässigkeit eines Schiedsverfahrens, das die Antragsgegnerinnen, eine kroatische und eine österreichische Bank, aufgrund Art. 9 Abs. 2 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Antragstellerin über die Förderung und den Schutz von Investitionen von 1997 (BIT) eingeleitet haben. Die Antragsgegnerinnen erbringen im kroatischen Markt Finanzdienstleistungen. Sie berufen sich auf Schadensersatzansprüche gegen die Antragstellerin im Zusammenhang mit der Änderung des kroatischen Insolvenzrechts und einer behaupteten systematischen Verweigerung von Rechtsschutz durch die kroatischen Gerichte. Die Antragstellerin macht geltend, dass das von den Antragsgegnerinnen eingeleitete Schiedsverfahren unzulässig sei, weil das in Art. 9 Abs. 2 b) BIT enthaltene Schiedsangebot seit dem EU-Beitritt der Antragstellerin wegen eines evidenten Verstoßes gegen das Unionsrecht nicht mehr anwendbar sei und damit keine wirksame Schiedsvereinbarung vorliege. Die Rechtsprechung des EuGH in der Rechtssache Achmea (Urteil vom 06.03.2018, C-284/16) sei vollständig auf das vorliegende Verfahren übertragbar und gelte für sämtliche Intra-EU-BITs.

Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens hat Erfolg. Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass zwischen den Parteien keine wirksame Schiedsvereinbarung besteht. Dem Abschluss einer wirksamen Schiedsvereinbarung zwischen den Parteien stehe entgegen, dass Art. 9 Abs. 2 BIT nach den vom Senat zu beachtenden Rechtsgrundsätzen der Entscheidung des EuGH in Sachen Achmea gegen Unionsrecht verstoße und deshalb keine Grundlage für eine Schiedsbindung der Antragstellerin darstellen könne. Das Urteil des EuGH in Sachen Achmea sei auch unter Berücksichtigung der darin enthaltenen einzelfallbezogenen Ausführungen zu dem zugrundeliegenden BIT als Grundsatzentscheidung zu verstehen, der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung für alle Intra-EU-BITs zukomme. Nach der Würdigung des EuGH dürfe eine internationale Übereinkunft zwischen EU-Mitgliedstaaten die insbesondere in Art. 344 AEUV verankerte Autonomie der Rechtsordnung der Union und ihres der Gewährleistung der Kohärenz und der Einheitlichkeit der Auslegung des Unionsrechts dienenden Gerichtssystems nicht beeinträchtigen. In diesem Zusammenhang obliege es den Mitgliedstaaten vor dem Hintergrund gemeinsamer Werte und der Existenz gegenseitigen Vertrauens bei der Anerkennung dieser Werte und der Beachtung des Unionrechts nach dem in Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 1 EUV niedergelegten Grundsatz der loyalen Zusammenarbeit, in ihrem Bereich für die Einhaltung des Unionsrechts zu sorgen. Innerhalb des Gerichtssystems sei es gemäß Art. 19 EUV Sache der nationalen Gerichte und des EuGH, die volle Anwendung des Unionsrechts und den Schutz der Rechte Einzelner zu gewährleisten. Dabei komme dem Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 267 AEUV bei der Gewährleistung der einheitlichen Auslegung des Unionsrechts eine Schlüsselfunktion zu. Nach diesen Grundsätzen siehe der EuGH den Grundsatz gegenseitigen Vertrauens und die Autonomie des Unionsrechts durch eine in einem Intra-EU-BIT enthaltene Zuweisung von Streitigkeiten an ein Schiedsgericht beeinträchtigt, wenn das Schiedsgericht über Streitigkeiten zu entscheiden habe, die sich „auf die Auslegung oder Anwendung des Unionsrechts beziehen können“, und nicht gewährleistet sei, dass von dem Schiedsgericht zu behandelnde unionsrechtliche Fragen im Wege eines Vorabentscheidungsersuchens dem EuGH vorgelegt werden können. Eine Beeinträchtigung der Autonomie des Unionsrechts liege danach nicht nur dann vor, wenn Unionsrecht den Prüfungsmaßstab des Schiedsgerichts bilden kann, sondern auch dann, wenn die Möglichkeit bestehe, dass Unionsrecht lediglich für die Bestimmung des Prüfungsgegenstandes relevant werde. Es komme insoweit insbesondere im Hinblick auf die von dem EuGH angestrebte umfassende Sicherung seines Interpretationsmonopols schon im Ausgangspunkt nicht auf die in der Praxis von Investitionsschiedsgerichten zugrunde gelegte Differenzierung zwischen einer Berücksichtigung von Unionsrecht als Prüfungsmaßstab oder als Tatsache an. Nach diesen Maßstäben verstoße die in Art. 9 Abs. 2 BIT enthaltene Zuweisung von Investitionsstreitigkeiten an ein Schiedsgericht gegen Unionsrecht. Es sei mit der nach der Rechtsprechung des EuGH zu beachtenden Autonomie des Unionsrechts nicht vereinbar, dass das Schiedsgericht nach dem BIT möglicherweise auch Unionsrecht anzuwenden hat. Es könne daher offen bleiben, ob das BIT nicht bereits wegen der Begründung der Entscheidungszuständigkeit eines außerhalb des Gerichtssystems der EU stehenden Schiedsgerichts gegen den Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens verstößt und damit unabhängig von Erwägungen zu dem anwendbaren oder auszulegenden Recht im Widerspruch zum Unionsrecht stehe.

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An einem "anderen Ort" im Sinne des § 128a ZPO

LAG Düsseldorf, Urteil vom 13.01.2021 – 12 Sa 453/20

Detailliert setzt sich das Landesarbeitsgericht Düsseldorf mit der Vorschrift aus § 128a ZPO auseinander, wonach es den Prozessbeteiligten auf Antrag gestattet sein kann, sich während der Verhandlung oder Vernehmung an einem "anderen Ort" aufzuhalten. Zu den Anforderungen an den "anderen Ort" stellt das Gericht fest, dass sich aus dem Gesetzestext keine inhaltliche Eingrenzung, also auch keine Beschränkung auf eine Gerichtsstelle, ergebe. Dies entspreche auch dem Wille des Gesetzgebers, der davon ausgehe, dass mit der Bereitstellung der Technik vor allem der Anwaltschaft in geeigneten Fällen Gelegenheit geboten werde, an gerichtlichen Verfahren ohne Reisetätigkeit aus der eigenen Kanzlei heraus oder von durch die Justizverwaltungen bereitgestellten Videokonferenzanlagen aus teilzunehmen. Dem entspreche es, wenn der Gesetzgeber weiter ausführe, dass der wirtschaftlich denkende Rechtsanwalt den Zeitvorteil und die ersparten Reisekosten den Anschaffungskosten einer Videokonferenzanlage oder webbasierender Übertragungstechnik gegenüberstelle. All dies ergebe nur dann Sinn, wenn der andere Ort nicht auf die Gerichtsstelle oder vom Gericht zur Verfügung gestellte Räumlichkeiten begrenzt sei. Soweit gemäß § 160 Abs. 1 Nr. 4 ZPO der Ort, von dem aus die Teilnahme gemäß § 128a ZPO an der Verhandlung erfolgt, in das Sitzungsprotokoll aufzunehmen sei, lasse sich daraus kein gegenteiliger Schluss ziehen. Die gesetzlichen Grundanforderungen an eine Gerichtsverhandlung stehen diesem Verständnis von § 128a Abs. 1 ZPO nicht entgegen. Die Öffentlichkeit (§ 169 GVG) werde an der Gerichtsstelle hergestellt. Dies sei auch vorliegend erfolgt, indem die Parteivertreterinnen durch zeitgleiche Bild- und Tonübertragung in den Sitzungsaal der erkennenden Kammer übertragen wurden und die Öffentlichkeit – was, ohne dass es darauf ankommt, auch erfolgte – die Verhandlung auf einem Bildschirm in Ton und Bild verfolgen konnte. Selbst wenn Verfahrenshandlungen vom privaten Bereich aus vorgenommen werden, werde dadurch die Gerichtsverhandlung nicht in den privaten Bereich verlegt. Diese finde letztlich für die Öffentlichkeit kontrollierbar insgesamt an der Gerichtsstelle statt, nur dass die Präsenz der Parteien, Bevollmächtigten bzw. Zeugen durch die Bild- und Tonübertragung hergestellt werde. Auch der Anspruch der Parteien auf Mündlichkeit und rechtliches Gehör werde durch die Teilnahme mittels Bild- und Tonübertragung gewahrt. Das Gericht verkenne nicht, dass bei Nutzung der Bild- und Tonübertragung durchaus Gefahren bestehen. So bestehe eher die Gefahr der Beeinflussung durch Dritte, einer verbotenen Aufzeichnung oder einer manipulierten Kameraeinstellung. Dies führe indes zu keinem anderen Auslegungsergebnis. Die Gefahr der Beeinflussung durch Dritte und auch des Mitschnitts bestehe auch im Sitzungsaal, wie die Aufzeichnungen von Gerichtsverhandlungen z.B. durch Reichsbürger zeigen. Richtig sei zwar, dass dies im Gerichtsaal leichter zu erkennen sein mag. Wenn aber der Gesetzgeber die Bild- und Tonübertragung an einen anderen Ort in § 128a Abs. 1 und 2 ZPO zulasse, dann könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Bild- und Tonübertragung eher innewohnende Gefahren dazu führen, den Begriff des "anderen Ortes" entgegen Gesetzeswortlaut und gesetzgeberischem Willen einzuschränken. Vielmehr werde das Gericht seinerseits dafür zu sorgen haben, dass eine ordnungsmäße und dem Wesen einer Gerichtsverhandlung angemessene mündliche Verhandlung durchgeführt werde. Wo dies nicht der Fall sei, d.h. z.B. kein angemessener Ort gewählt werde (Schwimmbad, Kneipe, Fußballplatz) oder sonst eine große Zuschauerzahl teilnehme, könne die Bild- und Tonübertragung unter- oder abgebrochen werden. In Betracht komme auch die Anwendung von Ordnungsmitteln. Dies könne man aus einem Erst-Recht-Schluss aus § 180 GVG ableiten oder aber damit begründen, dass die Bild- und Tonübertragung gemäß § 128a ZPO nur dazu diene, die Verfahrenshandlung an die Gerichtsstelle zu übermitteln. Damit werden sämtliche Handlungen, die im Wege der Bild- und Tonübertragung in den Sitzungsaal übertragen werden, auf digitale Weise Gegenstand der Sitzung. Wer so vermittelt die Sitzung störe, mache sich in der Sitzung einer Ungebühr schuldig.

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Kostenentscheidung bei vorprozessualer Verjährung der Klageforderung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 04.11.2020 – 9 W 48/20

  1. Die erstmalige Erhebung der Verjährungseinrede im Laufe des Rechtsstreits stellt auch dann ein erledigendes Ereignis dar, wenn die Verjährung bereits vor Rechtshängigkeit eingetreten ist.
  2. Erklären die Parteien in einem solchen Fall den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt, kommt es für die Kostenentscheidung in erster Linie darauf an, wie der Prozess voraussichtlich ausgegangen wäre, wenn die Verjährungseinrede nicht erhoben worden wäre.
  3. Die fiktiven Erfolgsaussichten stehen in einem derartigen Fall jedenfalls dann für die Billigkeitserwägungen gemäß § 91a Abs. 1 ZPO im Vordergrund, wenn die Beklagte schon vorprozessual die Möglichkeit gehabt hätte, die Einrede zu erheben. (Amtliche Leitsätze)

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Neuigkeiten

Investment Arbitration

In the light of the Achmea case where the European Court of Justice (ECJ) held that the arbitration clause in the intra-EU bilateral investment treaty at hand applicable between two EU Member States was not compatible with EU law, a Swedish court now has agreed to ask the European Court of Justice whether the principles and positions developed by the ECJ in the Achmea judgment also apply to intra-EU investment disputes under the Energy Charter Treaty (ECT), a multilateral investment treaty whose contracting parties also include non-EU states. Last December, Belgium had already submitted a request to the ECJ seeking legal clarification on the compatibility under Union law of the dispute settlement mechanism provided for in the draft modernized ECT. Last month the Higher Regional Court in Frankfurt (see this Update Dispute Resolution) ruled that a claim initiated by two banks against Croatia under an intra-EU BIT was inadmissible arguing that the Achmea decision was to be understood as a decision of principle and had implications for all BITs between EU states.

The German Federal Government ended the ICSID dispute concerning compensation claims by the energy supplier Vattenfall due to the nuclear phase-out with a settlement. The government will pay compensation to Vattenfall and three German energy companies. In return, the companies agreed to withdraw all pending proceedings against the Germany. 

The UNCITRAL Working Group III (Investor-State Dispute Settlement Reform) has published this report on the work of its 40th session in February. The Working Group will resume its work in May 2021

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Climate Change Litigation

Mit einer weiteren Klage gegen die Bundesregierung setzt die Deutsche Umwelthilfe ihre Reihe von Klimaklagen fort. Vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg verklagt die Deutsche Umwelthilfe die Bundesregierung auf Einhaltung der Klimaziele in den Sektoren Energie, Industrie, Gebäude und Landwirtschaft. Der als gemeinnützige anerkannte Verein unterstützt bereits zwei Verfassungsbeschwerden gegen das Klimaschutzgesetz, für die nach der Terminvorschau des Bundesverfassungsgerichts noch in diesem Jahr Entscheidungen angekündigt sind. Außerdem klagt der Verein gegen die Bundesregierung auf Einhaltung der Klimaziele im Verkehrssektor und verklagt die Landesregierung Nordrhein-Westfalen auf Fortschreibung ihres Klimaschutzplanes.

In dem Verfahren über die Klimaklage sechs junger Portugiesen gegen Deutschland und 32 weiteren Staaten vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte haben die Richter den Staaten Fristverlängerung bis zum 27. Mai 2021 zur Verteidigung und Stellungnahme gewährt.

Die Abweisung einer von Familien aus der Europäische Union, Kenia und Fidschi angestrengten Klage gegen das Klimapaket der Europäischen Union von 2018 hat der Europäische Gerichtshof mit rechtskräftigem Urteil vom 25. März 2021 bestätigt. Der Gerichtshof hebe insbesondere hervor, dass allein das Vorbringen, ein Rechtsakt der Union verletze die Grundrechte, noch nicht dazu führt, dass die Klage eines Einzelnen zulässig wäre; andernfalls entfiele der Sinn der im AEUV aufgestellten Zulässigkeitsvoraussetzungen. Nach der EuGH-Rechtsprechung können die Unionsgerichte ohne Überschreitung ihrer Befugnisse diese Voraussetzungen nicht so auslegen, dass es zu einer Abweichung von den ausdrücklichen Bestimmungen des AEUV komme; dies gelte auch im Licht des in der Charta der Grundrechte der Europäischen Union niedergelegten Grundrechts auf effektiven gerichtlichen Rechtsschutz.

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Aktuelle deutsche Gesetzgebungsverfahren

Mit einer Gesetzesinitiative wollen Nordrhein-Westfalen und Hamburg bundesweit den Ausbau von speziell auf Wirtschaftsstreitigkeiten ausgerichteten Zivilkammern an den Landgerichten und Zivilsenaten an den Oberlandesgerichten ("Commercial Court") fördern. Der Gesetzesantrag sieht u.a. vor, dass

  • bei Handelssachen mit internationalem Bezug und einem Streitwert von über zwei Millionen Euro die Zivilsenate erstinstanzlich zuständig sein können;
  • die Verfahren ganz oder teilweise auf Englisch geführt werden sollen;
  • auf Antrag der Parteien ein Wortprotokoll über die mündliche Verhandlung und Beweisaufnahme erstellt werden kann;
  • besondere Maßnahmen zum Geheimnisschutz getroffen werden können.

Mit dem Gesetzentwurf zur Förderung verbrauchergerechter Angebote im Rechtsdienstleistungsmarkt können Rechtsanwälte künftig Erfolgshonorare im größeren Umfang vereinbaren; die BRAK hat den Gesetzentwurf scharf kritisiert.

Die Bundesregierung hat den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes von Gerichtsvollziehern vor Gewalt sowie zur Änderung weiterer zwangsvollstreckungsrechtlicher Vorschriften vorgelegt.

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International Private and Procedural Law

The EFFORTS Project deals with the Brussels Ibis Regulation and the Regulations on the European Enforcement Order, the European Small Claims Procedure, the European Payment Order, and the European Account Preservation Order. A consortium of experts will analyze the existing legislation by investigating the implementation of these Regulations in the national procedural law of, respectively, Belgium, Croatia, France, Germany, Italy, Lithuania, and Luxembourg. The Project aims at enhancing the enforcement of claims through more efficient procedures, case management, and cooperation in cross-border disputes.

The HCCH Experts' Group on Jurisdiction met at the beginning of February to discuss matters relating to jurisdiction, with a view to developing an additional instrument in this regard. Following this, the HCCH Council on General Affairs and Policy now mandated the establishment of a Working Group on matters related to jurisdiction in transnational civil or commercial litigation.

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Upcoming Conferences and Events

MPI Luxembourg: Comparative Procedural Law and Justice

GAR Connect: Europe

DIS Construction Group Webinar: Streitverkündung und Joinder bei Baustreitigkeiten

CMS Webinar: Neue Sorgfaltspflichten in der Lieferkette

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Aktivitäten aus dem Geschäftsbereich Dispute Resolution

  1. Our colleague Torsten Lörcher discusses changes to the LCIA Rules in the second episode of the new podcast series "Facing the future of international arbitration" made by the CMS International Arbitration Group.
  2. In diesem Gastbeitrag auf karrierefuehrer.de berichtet Isla Brose über virtuelle Gerichtsverfahren.
  3. Zum Referentenentwurf für das sog. Lieferkettengesetz haben unsere Kollegen Claus Thiery und Sandra Renschke diesen Beitrag und diesen Beitrag veröffentlicht.
  4. Unsere Kollegen Matthias Schlingmann und Evgenia Peiffer haben in diesem Webinar zum Thema „Streitbeilegung post-Brexit: Risiken im deutsch-britischen Wirtschaftsverkehr“ referiert.

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In A Nutshell

  1. The International Centre for Dispute Resolution, the international arm of the American Arbitration Association, has revised its mediation and arbitration rules entering into force on 1 March 2021.
  2. The ICC Commission on Arbitration and ADR has published its report on "The Accuracy of Fact Witness Memory in International Arbitration".
  3. The IBA Arbitration Committee has published this IBA Toolkit on Insolvency and Arbitration providing guidance where a party to arbitration proceedings is also subject to insolvency proceedings in one or more jurisdictions.
  4. The US Supreme Court agreed to address the question of whether the country's federal courts can grant discovery in aid of foreign commercial arbitrations and potentially resolve the fundamental disagreement among the federal courts.
  5. The UNIDROIT Working Group on the Best Practices for Effective Enforcement aims to adopt a soft instrument on the enforcement process (optional for States to adopt); their next meeting will be held in April 2021.
  6. Seit dem 15. März 2021 werden alle Zivilverfahren, die neu beim Landgericht Stuttgart eingehen, ausschließlich elektronisch geführt; damit sind alle 17 Landgerichte in Baden-Württemberg in Zivilverfahren mit elektronischer Akte ausgestattet.
  7. Malawi has become the 167th party to the New York Convention.
  8. Für den Bundesgerichtshof hat der Richterauswahlschuss neue Bundesrichterinnen und -richter gewählt: Elke Adams, Andrea Laube, Michael Liepin, Dr. Dietmar Malik, Dr. Susanne Matussek, Volker Messing, Stephanie Munk, Sascha Piontek, Dr. Daniel Reichelt, Alfred Rust, Dr. Patrick Scheuß, Dr. Carmen Vogt-Beheim, Dr. Christian Voigt, Alexander Weinland, Dr. Raik Werner.
  9. In Folge 6 des Rechtsstaat-Podcast "Recht so?!" vom BMJV diskutieren die Richter Jan F. Orth und Frank Richter über die "digitale Justiz".

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Autoren

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Dr. Thomas Lennarz
Partner
Stuttgart
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Dr. Nicolas Wiegand
Partner
München
Constanze Wedding, LL.M. (University of Sydney)