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Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld in Hinblick auf die Corona-Pandemie

16/03/2020

Bereits in unserem Newsletter „Pandemien - Wissenswertes für Arbeitgeber“ hatten wir auf die Möglichkeit der Kurzarbeit als „Hilfsmittel“ hingewiesen, wenn ein Betrieb aufgrund von Corona nicht ausgelastet ist oder wegen einer Vielzahl von Erkrankungen nicht ausgelastet werden kann. Der Bezug von Kurzarbeitergeld soll nun verbessert werden, um Unternehmen vor zu starken wirtschaftlichen Einbußen in Zeiten der Pandemie zu schützen.

Hierfür hatte zunächst der Koalitionsausschuss in einer Sondersitzung am 8. März 2020 Maßnahmen beschlossen. Diese sind am 10. März 2020 im Bundeskabinett – zusammen mit weiteren, bereits Ende 2019 im sogenannten „Arbeit-von-morgen-Gesetz“ avisierten Änderungen des Kurzarbeitergelds – beschlossen worden.

Lesen Sie hier alles zu den neuen Voraussetzungen und Konditionen des aktualisierten Kurzarbeitergelds in Form eines Q&A.

Was ist Kurzarbeit?

Befindet sich ein Unternehmen in der Krise, kann Kurzarbeit helfen. Dabei wird die Arbeitszeit vorübergehend verkürzt und die Vergütung entsprechend reduziert. Auf diese Weise sollen Kündigungen vermieden und die betroffenen Firmen gleichzeitig finanziell entlastet werden. Denn im Falle von Kurzarbeit übernimmt die Bundesagentur für Arbeit 
60 – bzw. für Mitarbeiter mit Kindern 67 % – des ausgefallenen Nettolohns. Voraussetzung ist aber, dass Kurzarbeit individualvertraglich oder kollektivrechtlich möglich ist. Sie kann nicht ohne weiteres im Wege des Direktionsrechts vom Arbeitgeber einseitig angeordnet werden. Nähere Informationen geben Ihnen gerne unsere Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte. 

Welche Pläne für das Kurzarbeitergeld waren bereits im „Arbeit-für-morgen-Gesetz“ enthalten?

In unserem Ende letzten Jahres erschienenen Newsletter „2020 - Themen, die Sie bewegen werden“ hatten wir Ihnen von den Planungen der Bundesregierung für ein sogenanntes „Arbeit-für-morgen-Gesetz“ berichtet, das u. a. Kurzarbeitergeld „zukunftsfest“ machen sollte. Hierfür sollte es mehr Anreize für Weiterbildung während der Kurzarbeit geben. Außerdem wurde erwogen, für Beschäftigte, die konjunkturelles Kurzarbeitergeld beziehen und in dieser Zeit Weiterbildungsmaßnahmen absolvieren, die Sozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers teilweise zu erstatten. 

Der Referentenentwurf hierfür war Mitte Februar 2020 mit den letzten Änderungen des Koalitionsausschusses verabschiedet worden. In diesem war eine hälftige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge von Arbeitnehmern in Kurzarbeit vorgesehen. Hierfür sollte eine Verordnungsermächtigung der Bundesregierung für Betriebe geschaffen werden, „bei denen ein erheblicher Arbeitsausfall vorliegt, die diesen für eine Dauer von mehr als zwölf Monaten anzeigen und in denen mindestens 50 % der vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung nach § 82 [SGB III] teilnehmen“. 

Am 11. März 2020 wurde die auf diesem Referentenentwurf beruhende Ausarbeitung des sogenannten „Gesetzes zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung“ im Bundeskabinett verabschiedet.

Konkret sieht der Gesetzesentwurf die Einführung eines neuen § 106 a SGB III vor. Danach sollen die Sozialversicherungsbeiträge für Arbeitnehmer, die bis 31. Dezember 2023 Kurzarbeitergeld beziehen, zu 50 % erstattet werden, wenn mindestens 50 % ihrer Ausfallzeit für Weiterbildungsmaßnahmen genutzt werden, die im ebenfalls durch den Gesetzesentwurf modifizierten § 82 SGB III näher definiert werden.

Wie sollen Unternehmen in Hinblick auf die Corona-Pandemie entlastet werden?

Vor dem Hintergrund der Schädigung der deutschen Wirtschaft angesichts der Corona-Pandemie und unabhängig von den ursprünglichen Planungen des „Arbeit-von-morgen-Gesetzes“ bzw. jetzt „Gesetzes zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung“ hatte der Koalitionsausschuss am 8. März 2020 Instrumente beschlossen, um den Bezug von Kurzarbeitergeld zu erleichtern:

Es sollte eine bis Ende 2021 geltende Verordnungsermächtigung für die Bundesregierung eingeführt werden, mit der diese die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld durch Rechtsverordnungen absenken und die Leistungen wie folgt erweitern kann:

  • Absenken des Quorums der im Betrieb Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, auf bis zu 10 %.
  • Teilweiser oder vollständiger Verzicht auf den Aufbau negativer Arbeitszeitsalden.
  • Ermöglichung des Kurzarbeitergeldbezugs auch für Zeitarbeitnehmer.
  • Vollständige Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch die Bundesagentur für Arbeit.

Die Rechtsverordnungen selbst sollen zunächst bis Ende 2020 befristet werden müssen.

Diese Maßnahmen sind nun in den Entwurf des „Gesetzes zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung“ integriert worden. Es werden also „zwei Fliegen mit einer Klappe“ geschlagen.

Die Ideen des Koalitionsausschusses sind im Gesetzesentwurf eins zu eins in einer Anpassung von § 109 SGB III und in einem neuen § 11 a AÜG übernommen worden. Beide Modifizierungen sind bis 31. Dezember 2021 befristet.

Zulässig sollen solche Rechtsverordnungen aber nur „für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt“ sein. In der Gesetzesbegründung wird dazu ausgeführt, dass man für krisenhafte Zeiten – ausgelöst etwa durch eine Corona-Pandemie – gewappnet sein müsse.

Als zusätzliches Instrumentarium hatte der Koalitionsausschuss am 8. März 2020 beschlossen, dass Liquiditätshilfen für Unternehmen bereitgestellt werden sollen, die besonders von den Auswirkungen des Coronavirus betroffen sind. Ein Gespräch mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft und den Gewerkschaften in Kürze wurde bereits angekündigt. Dies ist mutmaßlich der Grund, weswegen solche Subventionen  ̶  soweit erkennbar  ̶  noch keinen Eingang in den Gesetzesentwurf gefunden haben.

Welche Verbesserungen sind durch Rechtsverordnungen im Vergleich zur aktuellen Situation zu erwarten?

Durch Rechtsverordnungen kann die Zahlung von Kurzarbeitergeld künftig an deutlich weniger strenge Voraussetzungen gekoppelt werden:

  • So sollen die Sozialbeiträge für die ausgefallenen Arbeitsstunden den Arbeitgebern zu 100 % erstattet werden; im Januar 2020 war noch von nur 50 % die Rede. 
  • Derzeit wird Kurzarbeitergeld erst gezahlt, wenn ein Drittel der Beschäftigten vom Arbeitsausfall betroffen ist (§ 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB III). Nun sollen bereits 10 % ausreichen. 
  • Weiterhin kann durch die Verordnungen auf den Einsatz negativer Arbeitszeitsalden zur Vermeidung von Kurzarbeit vollständig oder teilweise verzichtet werden. Dies ist im Normalfall nach geltendem Recht nicht möglich (§ 96 Abs. 4 S. 2 Nr. 3 SGB III). 
  • Nach dem neu geplanten § 11 a AÜG kann außerdem eine Verordnung erlassen werden, nach der auch Zeitarbeitnehmer Kurzarbeitergeld beziehen können. Zeitarbeitsunternehmen hatten – zumindest für die extern eingesetzten Zeitarbeitnehmer - bislang keine Möglichkeit des Bezugs von Kurzarbeitergeld. 

Profitieren vom verbesserten Kurzarbeitergeld nur „Corona-gebeutelte“ Unternehmen?

Denkbar gewesen wäre durchaus, dass von den verbesserten Bedingungen für Kurzarbeitergeld nur Betriebe profitieren sollen, die Corona-bedingt nicht ausgelastet sind oder ausgelastet werden können. 

Zu denken wäre dabei vor allem an Unternehmen,

  • in denen es entweder aufgrund von Corona zu Lieferengpässen bei ihren Zulieferern kommt, sodass eine Weiterverarbeitung nicht stattfinden kann. 
  • deren Leistungen aufgrund der Corona-Pandemie nicht nachgefragt werden. Hierbei ist insbesondere an die Tourismus-, Catering- oder Veranstaltungsbranche zu denken. 
  • die aufgrund einer Vielzahl von erkrankten Mitarbeitern den Betrieb nicht (sinnvoll) aufrechterhalten können. 

In der geplanten Verordnungsermächtigung in § 109 SGB III sind jedenfalls keine näheren Voraussetzungen für die Gründe des Arbeitsausfalls vorgesehen. Die einzige Einschränkung ist, dass solche Rechtsverordnungen der Bundesregierung nur „für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt“ erlassen werden dürfen. Bedingung ist danach nur, dass der Arbeitsmarkt als solcher ein Ungleichgewicht, z. B. aufgrund einer Corona-bedingten wirtschaftlichen Schieflage, aufweist.

Theoretisch denkbar wäre jedoch, dass die Gründe für den Arbeitsausfall in den noch zu erlassenden Rechtsverordnungen konkretisiert werden. Allerdings würde dies zu erheblichen praktischen Problemen führen: Wann würde ein Arbeitnehmer als Corona-erkrankt gelten? Nur bei Vorliegen eines entsprechenden positiven Testergebnisses? Wären dann beispielsweise auch Unternehmen anspruchsberechtigt, in denen Mitarbeiter nur vorsorglich in Quarantäne geschickt werden? Wie will man feststellen, warum Lieferengpässe bestehen? Daher gehen wir nicht davon aus, dass in den Rechtsverordnungen entsprechende nähere Gründe für den Arbeitsausfall enthalten sein werden.

Denkbar wäre aber, dass in den noch zu erlassenden Rechtsverordnungen – so wie es im Referentenentwurf für die Koppelung von Kurzarbeitergeld und Weiterbildungsmaßnahmen vorgesehen war – eine Einschränkung auf Betriebe mit erheblichem Arbeitsausfall erfolgt. 

Wann treten die Änderungen in Kraft?

Das Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung soll in einem verkürzten Verfahren beschlossen werden. Es soll bereits am 3. April 2020 die zweite Lesung im Bundesrat durchlaufen und vermutlich direkt nach Ratifizierung durch den Bundespräsidenten in Kraft treten. Die von der Bundesregierung auf dieser Grundlage zu erlassenden wichtigen Verordnungen sollen dann voraussichtlich schon am 8. April 2020 beschlossen werden.


Update zum Newsletter Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld in Hinblick auf die Corona-Pandemie

Das Gesetz zum Kurzarbeitergeld wird im Schnellverfahren reformiert

Gerade erst hatten wir Sie in einem Newsletter über das am 10. März 2020 im Bundeskabinett beschlossene Maßnahmenpaket zur Kurzarbeit informiert, da überschlagen sich die Ereignisse in Berlin, sodass wir Sie mit diesem Update auf den neuesten Stand bringen möchten: Das „Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Ausbildungsförderung“, das eigentlich am 3. April 2020 den Bundestag in zweiter Lesung passieren sollte, ist in Teilen bereits am Freitag vom Bundestag einstimmig als „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ beschlossen worden und hat den Bundesrat passiert. Hintergrund des Schnellverfahrens sind Sorgen, dass bei einer weiteren Ausbreitung des Coronavirus die Handlungsfähigkeit des Parlaments gefährdet sein könnte. Dieses „Gesetz zur befristeten krisenbedingten Verbesserung der Regelungen für das Kurzarbeitergeld“ ist schon am 13. März 2020 verkündet worden und rückwirkend zum 1. März 2020 in Kraft getreten.

Arbeitnehmer in Deutschland sollen ab sofort in der Coronakrise durch öffentlich finanziertes Kurzarbeitergeld vor Arbeitslosigkeit geschützt werden. Zu den Hintergründen, was Kurzarbeitergeld ist und wie es vor Kündigungen schützen soll, lesen Sie gerne unseren letzten Newsletter. Die Bundesregierung wird dazu mit Gesetz „für den Fall außergewöhnlicher Verhältnisse auf dem Arbeitsmarkt“ bis Ende 2021 ermächtigt, die Voraussetzungen für den Bezug von Kurzarbeitergeld durch Rechtsverordnungen abzusenken – wir rechnen mit einer Umsetzung in den nächsten Tagen – und die Leistungen wie folgt zu erweitern:

  • Das Quorum der im Betrieb Beschäftigten, die vom Arbeitsausfall betroffen sein müssen, kann auf bis zu zehn Prozent abgesenkt werden. Bisher lag die Grenze bei einem Drittel der Belegschaft.
  • Es kann teilweise oder vollständig darauf verzichtet werden, negative Arbeitszeitsalden aufzubauen. Bislang waren Betriebe verpflichtet, solche negativen Salden zur Vermeidung von Kurzarbeit einzusetzen.
  • Auch Zeitarbeitnehmer können nun Kurzarbeitergeld beziehen.
  • Die Sozialversicherungsbeiträge können durch die Bundesagentur für Arbeit nun zu 100 Prozent übernommen werden. Bislang galt Folgendes: Wurde auf das ausfallende Arbeitsentgelt Kurzarbeitergeld gezahlt, musste der Arbeitgeber die Beiträge zur Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung für diesen fiktiven Teil des Arbeitsentgeltes alleine tragen.

Für die Mitarbeiter ändert sich indes nichts. Das Kurzarbeitergeld beträgt für Arbeitnehmer mit mindestens einem Kind 67 Prozent und für Arbeitnehmer ohne Kind 60 Prozent der Nettoentgeltdifferenz. Zur Berechnung des Kurzarbeitergeldes wird das Sollentgelt jedoch nur bis zur Höhe der aktuellen Beitragsbemessungsgrenze in der Rentenversicherung herangezogen. Im Jahr 2020 beträgt die Beitragsbemessungsgrenze EUR 6.900 (Ostdeutschland: EUR 6.450), sodass das Kurzarbeitergeld 2020 eine Summe von EUR 4.623 (67 Prozent) (Ostdeutschland: EUR 4.321,50) nicht überschreiten kann.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten zum Stand unseres letzten Newsletters

Die in unserem letzten Newsletter vorgestellten Regelungen für Verordnungsermächtigungen der Bundesregierung bleiben unverändert. Die Regelungen, die im sog. „Arbeit-für-morgen-Gesetz“ vorgesehen waren und die Anreize für Weiterbildung während der Kurzarbeit schaffen sollten, sind hingegen offenbar – jedenfalls vorläufig – „ad acta“ gelegt. Das Gesetz beinhaltet also nur die Neuerungen zum Kurzarbeitergeld, die vor dem Hintergrund der Coronakrise keinen weiteren Aufschub dulden. 

Angesichts der besonderen Eile, mit der dieses Gesetz „durchgepeitscht“ wurde, gehen wir davon aus, dass der Erlass der Rechtsverordnungen, durch den die Regelungen zum Kurzarbeitergeld dann erleichtert und verbessert werden können, sehr zeitnah erfolgen wird. Wir halten Sie auf dem Laufenden!


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