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EU-Urheberrechtsreform: Das Ende von Google News?

01/03/2019

Die geplante EU-Urheberrechtsreform lässt seit Monaten die Wogen hochgehen: ihre Befürworter sehen darin mehr Rechtssicherheit für Urheber, Kritiker fürchten eine Einschränkung der Kommunikationsfreiheit im Internet. Besonders heiß umstritten: die im finalen Entwurf der „Richtlinie über das Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt“ (RL 2016/0280/COD) enthaltenen Bestimmungen zu Upload-Filter und das Leistungsschutzrecht für Verleger. Der Text der umstrittenen Reform steht bereits fest, die endgültige Abstimmung durch das Europäische Parlament soll im März oder April 2019 erfolgen.  

Sogenannte „News-Aggregatoren“ wie etwa Google News, Rivva, Yahoo News, Flipboard, Newstral oder Facebook sammeln Nachrichten zu bestimmten Schlagworten und Themen. Unter Verwendung von Algorithmen wird der Inhalt dieser Nachrichten kurz zusammengefasst, diese sogenannten Snippets (z.B. Überschrift und Anreißer von Artikeln) werden in den Suchergebnissen dargestellt und auf die Quelle verlinkt. Snippets werden aus dem Originalmaterial generiert und haben keinen eigenen Informationsgehalt. Mangels „Schöpfungshöhe“ stellen kurze journalistische Textausschnitte keine Werke dar und sind somit urheberrechtlich nicht geschützt. Nach geltendem österreichischem Recht können sich Zeitungsverlage gegen deren Vorschau nicht wehren. Auch Vorschaubilder auf Google sind nach der deutschen Judikatur keine Urheberrechtsverletzung. Sie stellen die Originalbilder nur verkleinert dar, wodurch kein vom Originalwerk unabhängiges selbstständiges Werk entstehen würde. Der Suchmaschinenbetreiber sei insbesondere nicht verpflichtet zu prüfen, ob Bilder auf Internetseiten Dritter rechtmäßig lizensiert wurden, urteilte der deutsche BGH[1].

Stellen die Nutzer von User-Generated-Content-Plattformen urheberrechtlich geschütztes Material unerlaubt online, können die Plattformbetreiber grundsätzlich nur beschränkt zur Verantwortung gezogen werden. Dies gewährleistet das Providerprivileg des § 16 ECG. Demnach haften Diensteanbieter bei Urheberrechtsverletzungen grundsätzlich nur, wenn sie von der Verletzung tatsächlich Kenntnis haben und das Material nicht entfernen oder sperren. YouTube kann sich darauf jedoch nicht berufen. Weil nicht nur Speicherplatz angeboten wird, sondern Dateien verknüpft, kategorisiert, gefiltert und verlinkt würden, ist YouTube kein neutraler Vermittler und muss nach österreichischem Recht bereits jetzt für Urheberrechtsverletzungen einstehen, urteilte das HG Wien im Vorjahr.

Kompromiss für Leistungsschutzrecht und Upload-Filter  

Mit dem geplanten Leistungsschutzrecht für Presseverleger soll Suchmaschinenbetreibern und Social Media Plattformen nun ein Riegel vorgeschoben werden. Art. 11 des Richtlinienentwurfs sieht vor, dass Aggregatoren in ihren Suchergebnissen keine Snippets von Pressetexten mehr anzeigen dürfen, wenn sie dafür keine Lizenz erworben haben. Die Portale müssen dann für das Anzeigen von Snippets zahlen. Lediglich „einzelne Wörter“ oder „sehr kurze Ausschnitte“ sind von dieser Bestimmung ausgenommen. Die Interpretation dieser sehr vagen Beschreibung obliegt letztlich der Rechtsprechung, weswegen die Auswirkungen und die Effektivität des neuen Leistungsschutzrechts derzeit nur schwer abschätzbar sind. Ziel des Leistungsschutzrechts ist es, Verlage, Rundfunkanstalten und Künstler angemessener zu vergüten.

Ebenfalls im finalen Text enthalten sind sogenannte Upload-Filter, die das Ende des Providerprivilegs bedeuten. Mit einer speziellen Software sollen Internetseiten und Apps die von Nutzern hochgeladenen Inhalte noch vor ihrer Veröffentlichung auf Urheberrechtsverletzungen prüfen müssen. Wurde für Bilder, Texte, Tonaufnahmen und Videos beispielsweise keine Lizenz erteilt, müssen nach Art. 13 der Richtlinie Online-Plattformen wie YouTube den Upload verhindern. Davon betroffen sind alle Plattformen, die nutzergenerierte Inhalte veröffentlichen. Ausnahmen bestehen für Unternehmen, die jünger als drei Jahre sind mit einem Umsatz von weniger als zehn Millionen Euro pro Jahr und mit weniger als fünf Millionen Nutzern pro Monat.

Konkrete Vorgaben zu Sanktionsmöglichkeiten bei Verstößen gegen diese Bestimmungen enthält die Richtlinie nicht. Ohnehin sollen Plattformen wie YouTube künftig aber für die Urheberrechtsverstöße ihrer Nutzer haften.

Auswirkungen derzeit noch schwer abschätzbar

Ob durch die Implementierung strengerer Urheberrechtsbestimmungen Druck auf Internetriesen wie Google und Facebook ausgeübt und das Ziel der finanziellen Abgeltung für Journalisten und Verleger erreicht werden kann, ist fraglich. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Online-Dienste reduziert und journalistische Texte in Suchergebnissen überhaupt nicht mehr aufscheinen würden.[2] In Spanien wurde das Leistungsschutzprinzip bereits 2014 eingeführt mit der Folge, dass Google News seine Dienste einstellte und kleinere Verlagshäuser Einbußen und Wettbewerbsnachteile hinzunehmen hatten. Ob durch die Maßnahmen letztlich bestehende Schutzlücken geschlossen werden können oder es sich um einen protektionistischen Rückschritt handelt, der das Ende von Google News mit sich bringt, bleibt jedenfalls abzuwarten. Sollte das EU-Parlament im Frühjahr für die Reform stimmen, haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.

[1] BGH 29.4.2010, 1 ZR 69/08; BGH 19.10.2011, 1 ZR 140/10; BGH 21.9.2017, 1 ZR 11/16.
[2]https://futurezone.at/netzpolitik/leere-suchseite-google-zeigt-wie-sich-eu-urheberrecht-auswirkt/400382291 (14.02.2019)

Autoren

Johannes Scharf