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Aktuelle Entscheidungen aus dem Marken- und Patentrecht

13/12/2016

Zwei Entscheidungen aus dem Bereich Marken- und Patentrecht verdienen es, einen näheren Blick auf sie zu werfen:

OLG Wien entscheidet erstmals zu Präklusionsvorschriften im patentrechtlichen Einspruchsverfahren

Das Verfahrensrecht in Marken-, Muster- und Patentanmeldungen wurde mit Gesetzesnovelle ab 01.01.2014 vollkommen neu geregelt. Nunmehr findet das Verfahren in erster Instanz sowohl im Anmelde- wie auch im Nichtigkeits-, Übertragungs-, Widerspruchs- und Eintragungsverfahren in erster Instanz vor der Rechtsabteilung des Österreichischen Patentamtes statt. Ab der zweiten Instanz besteht eine gerichtliche Zuständigkeit, und zwar ausschließlich des Oberlandesgerichtes Wien, in dritter Instanz des OGH. Aufgrund der Neuregelung befassen sich einige der Rechtsmittelentscheidungen mit verfahrensrechtlichen Fragen. Im patentrechtlichen Einspruchsverfahren hat das OLG Wien nunmehr entschieden, dass mit Ende der Einspruchsfrist – sofern ein Einspruch rechtzeitig erstattet worden ist – weiteres Vorbringen und Beweisanbot nicht präkludiert ist. Damit weist das OLG Wien den gegenteiligen Weg der bisherigen Rechtsprechung. Da es sich beim Einspruchsverfahren jedoch um ein summarisches Verfahren mit Eilcharakter handelt, hat das Patentamt als erstinstanzliche Behörde die Pflicht, Fristen zur Erstattung weiteren Vorbringens und Beweisanbotes zu setzen (OLG 14.04.2016, 34 R 163/15p (NA 3A980/2012)).

Im Einspruchsverfahren bedeutet dies, dass der Einspruchswerber nun auch vorbringen und Beweisanbot zur Begründung des Einspruches nach Ablauf der Einspruchsfrist nachbringen kann.

Zur Haftung des Vermieters beim Verkauf von Markenfälschungen auf gemieteten Marktflächen (EuGH 07.07.2016, C-494/15 Tommy Hilfiger ua).

Der Vermieter von Marktflächen haftet als Mittelsperson gem Art 11 S 3  Rechtsdurchsetzungs-Richtlinie für den Verkauf gefälschter Markenprodukte in den vermieteten Markthallen. Voraussetzung ist, dass der Vermieter als Wirtschaftsteilnehmer eine Dienstleistung anbietet, die geeignet ist, von einer oder mehreren anderen Personen zur Verletzung eines Rechts am geistigen Eigentum benutzt zu werden. Die nationale Rechtsordnung der Mitgliedsstaaten hat vorzusehen, dass auch gegen den Vermieter als Mittelsperson vom Inhaber des verletzten geistigen Eigentumsrechts angemessene und gerechte Maßnahmen verlangt werden können, den Rechtsverstoß abzustellen. Mithin gelten für den Vermieter als Mittelsperson dieselben Grundsätze, die der EuGH aufgrund derselben Bestimmung der Enforcement-Richtlinie (Rechtsdurchsetzungs-RL) auch für den Veranstalter von Online-Marktplätzen erlassen hat¹.

Die österreichischen Bestimmungen des Markenschutzgesetzes – aber auch anderer Gesetze wie das Patentgesetzes – sehen allerdings keine speziellen Maßnahmen iSd Rechtsdurchsetzungs-RL vor, die gegen eine Mittelsperson ergriffen werden können. Im Fall UPC Telekabel II, kino.to² hat der OGH gegen den Unterlassungsanspruch gegen die Mittelsperson dahingehend präzisiert, dass er auf Unterlassung der Mitwirkung an einem Eingriff in ein absolut geschütztes Recht zu lauten hat. Ein weitergehender Anspruch auf konkretere Maßnahmen ergeben sich dadurch zwar nicht, doch hält der OGH immerhin fest, dass ein solches Erfolgsverbot den Rechteinhaber ausreichend schützt.

Nach österreichischer Rechtslage wird aufgrund dieser unzureichenden Umsetzung von Art 11 Rechtsdurchsetzungs-RL davon auszugehen sein, dass oft erst in einem Vollstreckungsverfahren geklärt werden muss, welche Maßnahmen eine Mittelsperson zu ergreifen hatte, um dem Unterlassungsanspruch des Rechteinhabers zum Durchbruch zu verhelfen.

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¹EuGH C-557/07- LSG Gesellschaftswahrnehmung von Leistungsschutzrechten, EuGH C-314/12 – UPC Telekabel.
²OGH 26.04.2014, 4 Ob71/14s- UPC Telekabel II.

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Egon Engin-Deniz
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Wien