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Aktuelles zur Vergabe von Konzessionen für öffentliche Infrastruktur und Dienstleistungen

30/09/2011

Europäische Kommission zur Vergabe von Konzessionen: Was kommt auf uns zu?

Modernisierung des Gemeinschaftsrechts

Derzeit findet auf EU-Ebene ein Modernisierungsprozess für das öffentliche Auftragswesen, insbesondere die Vergaberichtlinien, statt. Ende des letzten Jahres hat die Kommission einen Konsultationsprozess zur elektronischen Auftragsvergabe durchgeführt. Aber auch zu Konzessionen wird es endlich mehr Klarheit geben.

Konzessionen in anderen Staaten

Konzessionen spielen für das Angebot an öffentliche Diensten und Infrastruktur eine entscheidende Rolle. Großprojekte werden oft als PPP umgesetzt. Österreich ist eines der letzten Länder Europas, in dem kaum PPPs um-gesetzt werden. Vielleicht liegt das daran, dass wir kein Konzessionsgesetz haben.

Irland, Kroatien, Tschechien und Polen zB haben entweder ein Konzessions- oder ein PPP-Gesetz. Auch große Mitgliedstaaten wie Deutschland, Frankreich und Spanien besitzen solche Gesetze oder Spezialgesetze für einzelne Materien. Diese Gesetze regeln anders als in Österreich auch die Vergabe von Konzessionen oder PPPs mittels eigener Verfahren. Polen, Rumänien, Bulgarien oder Serbien haben erst unlängst neue Gesetze verabschiedet oder arbeiten bereits an einer Modernisierung. Auch Russland verfügt über differenzierte gesetzliche Regelungen.

Eine Ausnahme bildet das Vereinigte König-reich, welches dafür über die meiste Erfahrung verfügt und eine Vielzahl an Konzessionsprojekten und PPPs. Auch die Niederlande, Ungarn, Schweden oder Dänemark haben kein spezielles Gesetz aber umfangreiche Erfahrung.

Rechtliche Bedeutung von Konzessionen

Der Konzessionsbegriff stammt aus dem Vergaberecht. Während die Vergabe von Auf-trägen idR voll dem Vergaberecht unterliegt, gelten für die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen nur die gemeinschaftsrechtlichen Grundfreiheiten und Grundprinzipen wie Nicht-diskriminierung, Transparenz, Wettbewerbs-prinzip und Publizität (§ 11 BVergG ). Die Vergabe von Baukonzessionsverträgen unter-liegt einem stark vereinfachten Vergaberecht (§ 142 BVergG). Im Öffentlichen Personen Nahverkehr gelten (ebenfalls stark vereinfach-te) Sonderbestimmungen. Deshalb ist die Frage, ob ein abzuschließender Vertrag ein Auftrag oder eine Konzession ist, von entscheidender Bedeutung.

Was ist eine Konzession?

Trotz seiner Bedeutung gehört der Konzessionsbegriff und die Abgrenzung zum Auftrag gehört zu den unklarsten Definitionen des Vergaberechts. Mit gutem Grund fragt die Kommission im erwähnten Konsultationsprozess nach Abgrenzungsschwierigkeiten.

Konzessionen zeichnen sich va dadurch aus, dass der Vertragspartner des öffentlichen Konzessionsgebers (= Konzessionär) das Recht und die Pflicht erhält, eine Infrastruktur oder Dienstleistung anzubieten. Damit verbunden ist aber, dass er einen substantiellen Anteil am wirtschaftlichen Risiko zu tragen hat, das mit der Vermarktung dieser Infrastruktur/Leistung an Dritte (Nutzer) verbunden ist.

Unter einer Konzession ist aber nicht die Erlaubnis zur Ausübung bestimmter Tätigkeiten (Apotheke, Taxi) oder zur Ausbeutung natürlicher Ressourcen (Bergbau-Konzession) zu verstehen, das einem klassischen, öffentlich-rechtlichen Verständnis in Kontinentaleuropa entspricht.

Zwar hat die Kommission Hilfen für die Auslegung des Konzessionsbegriffes gegeben. Gem Artikel 1 Abs 3 und 4 der RL 2004/18/EG unterscheiden sich Konzessionen von öffentlichen Aufträgen dadurch, dass der Auftragnehmer das wirtschaftliche Betriebsrisiko der betreffenden Bau- oder Dienstleistung trägt. Auch in der Rechtsprechung des EuGH kommt zum Ausdruck, „dass das Wesen der Konzession darin besteht, dass das Betriebsrisiko in erster Linie oder jedenfalls in erheblichen Um-fang vom Konzessionsnehmer selbst getragen wird“. Trotzdem lohnt ein genauerer Blick auf jüngere EuGH-Entscheidungen.

Risikoübernahme bedeutet ua, dass der Konzessionär vertraglich über eine bestimmte wirtschaftliche Freiheit verfügt, um die Bedingungen zur Nutzung seines Rechts zur Vermarktung der Infrastruktur/Dienstleistung zu bestimmen. Beispiel: Preisfestlegung oder Variieren der angebotenen Menge, Qualität usw. Nur im Gegenzug ist er weitgehend den mit dieser Nutzung verbundenen Risiken aus-gesetzt.

Trägt er das überwiegende Risiko nicht, liegt ein Auftrag vor. Aufzahlungen der öffentlichen Hand in untergeordnetem Ausmaß zusätzlich zu den Nutzerentgelten schaden der Konzession nicht (Förderung, Anschubfinanzierung). Sind die Anfangsinvestitionen gering und die Zahl der Nutzer sowie die nachgefragten Leistungen klar abschätzbar, fehlt es an der über-wiegenden Risikotragung. Beispiel: Die An-fertigung orthopädischer Schuhe im Auftrag einer Krankenkasse zu einem bestimmten Leiden. Die Zahl der Erkrankungen ist genau abschätzbar und die Anfangsinvestition gering. Muss der Konzessionär aber eine Autobahn bauen und sich aus Mauteinnahmen finanzieren, wobei das Verkehrsaufkommen ungewiss ist, trägt er ein erhebliches Risiko.

Verfügt der vermeintliche Konzessionär nicht über die beschriebene Entscheidungsfreiheit, sondern muss seine Leistungen zwar an einen unbekannten Abnehmerkreis aber zu festgelegten Konditionen erbringen, handelt es sich um einen Rahmenvertrag, welcher dem Vergaberecht unterfällt.

Eine Konzession erfordert nicht per se eine extrem riskante Tätigkeit. Lediglich das Risiko der fraglichen Leistung muss so, wie es sich konkret darstellt, zum überwiegenden Teil auf den Konzessionär übergehen.

Der Konzessionär wird typischerweise durch Nutzer und nicht durch den Konzessionsgeber bezahlt. Seine Leistung (Infrastruktur/Dienstleistung) erbringt er ja ihnen gegen-über und nicht an den Konzessionsgeber (der hat kein unmittelbares wirtschaftliches Interesse ). Das allein reicht aber noch nicht für eine Konzession.

Ausblick

Zurück zum eingangs zitierten Konsultations-prozess. Dem Vernehmen nach ist mit einem Richtlinienentwurf frühestens im Dezember 2011 (mit fast einjähriger Verspätung) zu rechnen. Dieser wird voraussichtlich eine Novelle der bestehenden Richtlinien bringen, Klarstellungen zum Konzessionsbegriff und zur In-House-Vergabe.

Die Vergabe von Konzessionen wird generell zu publizieren sein. Damit würde die Kommission der Rechtsprechung folgen. Die Wahl des Vergabeverfahrens soll völlig frei werden. Für die Präqualifikation sollen Grundsätze geregelt werden, ebenso für die Bestimmung der Zuschlagskriterien (objektiv, auftragsbezogen, inkl. total costs of ownership).

Weiters soll ein Mindestrechtschutz vorgesehen werden. Angeblich wird es einen Schwellenwert bei 5 Mio. EUR geben. Konzessionen für soziale und Gesundheitsdienste sollen vom Vergaberecht ausgenommen werden. Die Ausnahme des ÖPNV wird wohl bleiben.

Somit stehen einige Neuerungen an. Es macht Sinn, sich dazu schon jetzt eine Meinung zu bilden und begründete Anliegen geltend zu machen, bevor die Richtlinie verabschiedet ist.

Dieser Artikel ist am 30.09.2011 auf RechtamBau.at erschienen.

Autoren

Foto vonThomas Hamerl
Thomas Hamerl
Partner
Wien