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Die EU-Fälschungsrichtlinie: Bringt sie wirksame Abhilfe oder nur Zusatzkosten?

17/06/2018

Ab 09.02.2019 gelten EU-weit neue Vorgaben im Bereich des Fälschungsschutzes bei Arzneimitteln. Neben der Einführung mehrerer Sicherheitsmerkmale auf der Arzneimittelverpackung wird auch ein europaweites Verifikationssystem eingerichtet. Fraglich ist, ob mittels dieser Vorkehrungen Fälschungen wirksam bekämpft werden können. Das neue System verhindert nämlich nur, dass gefälschte Arzneimittel den legalen Markt erreichen. Arzneimittel, die ausschließlich am Schwarzmarkt gehandelt werden (z.B. über illegale Online-Händler), werden dagegen von den neuen Regelungen nicht erfasst.

Gefälschte Arzneimittel stellen nicht nur ein massives Gesundheitsrisiko dar, sondern es gehen durch Arzneimittelfälschungen auch jährlich Umsätze in Milliardenhöhe und eine Vielzahl von Arbeitsplätzen verloren. Mit der delegierten Verordnung vom 02.10.2015 [1] wurden auf Grundlage der europäischen Fälschungsrichtlinie [2] konkrete Maßnahmen für verschreibungspflichtige Medikamente umgesetzt.

Neue Sicherheitsmerkmale

Ab Februar 2019 müssen alle betroffenen Arzneimittelverpackungen mit einem individuellen Erkennungsmerkmal sowie einer Vorrichtung gegen Manipulation versehen werden.  Bei Ersterem handelt es sich um eine Folge (alpha-)numerischer Zeichen, die als 2-D-Barcode dargestellt und auf die Verpackung aufgedruckt werden. Dadurch kann jede einzelne Packung zweifelsfrei identifiziert und authentifiziert werden. Die Vorrichtung gegen Manipulation (z.B. ein Sicherheitssiegel oder Klebekarton) soll das mehrfache Öffnen einer Verpackung verhindern.

End-to-End Überprüfung

Rund um diese neuen Sicherheitsmerkmale wird außerdem ein End-to-End Überprüfungssystem im Rahmen der Absatzkette eingeführt. Während den Arzneimittelherstellern – am Anfang der Absatzkette – die Aufgabe zufällt, die Sicherheitsmerkmale auf jeder Verpackung anzubringen und die Barcodes im elektronischen System zu hinterlegen, müssen die Apotheken bzw. Krankenhäuser – am Ende der Absatzkette – eine finale Kontrolle der Merkmale vor Abgabe der Packung an den Kunden vornehmen. Hierzu haben sie zu überprüfen, ob die Manipulationsvorrichtung noch intakt ist, und durch Scannen des Barcodes im System zu verifizieren, dass es sich nicht um ein gefälschtes Produkt handelt. Bei der Abgabe an den Kunden ist der Barcode zu deaktivieren, damit er nicht nochmals verwendet werden kann. Werden im Zuge der Kontrolle Ungereimtheiten festgestellt, darf das Arzneimittel nicht abgegeben werden. Ferner müssen in einem solchen Fall sowohl der Arzneimittelhersteller als auch die zuständige nationale Behörde umgehend informiert werden.

Mehr Sicherheit?

Mit der Einführung der neuen Sicherheitsmerkmale und des Verifikationssystems sind erhebliche Kosten verbunden, die vor allem die Arzneimittelhersteller zu tragen haben. Ob dieser Aufwand durch ein deutliches Plus an Arzneimittelsicherheit aufgewogen wird, ist ungewiss. Klar ist, dass das neue Sicherheitssystem jedenfalls nur jene Arzneimittel erfassen wird, die am legalen Markt gehandelt werden. Da der wesentliche Anteil des Handels mit gefälschten Arzneimitteln außerhalb dieser legalen Zone stattfindet (Internet, Darknet, Direktverkauf, etc.) und die neuen Regeln diesen Bereich nicht erfassen, ist zu befürchten, dass sie Arzneimittelfälschungen nicht wirksam verhindern werden.

Wenn man sichergehen möchte, keine Fälschung zu erhalten, empfiehlt es sich zu überprüfen, ob das Arzneimittel aus einer legalen Quelle stammt. So ermöglicht ein EU-weit eingeführtes Logo, die Legalität einer Online-Apotheke zu verifizieren. Das Flaggensymbol im Logo gibt Auskunft über den Sitz der Internetapotheke und die dafür zuständige Arzneimittelbehörde. Per Klick auf das Logo wird der Kunde automatisch zur Versandapotheken-Liste der jeweiligen nationalen Arzneimittelbehörde weitergeleitet. Dort kann er oder sie sofort überprüfen, ob die Internetapotheke tatsächlich legal (registriert) und gelistet ist. Die österreichische Version des Sicherheitslogos sieht so aus:

Für das Funktionieren des Systems wird außerdem essentiell sein, dass die Barcodes abgegebener oder aus dem Verkehr genommener Arzneimittel ordnungsgemäß deaktiviert werden. Nur so kann ausgeschlossen werden, dass rechtskonform erstellte Barcodes für gefälschte Arzneimittel weiterverwendet werden und diesen den Anschein der Legalität verleihen.

EU-Fälschungsrichtlinie als Wegbereiter

Trotz berechtigter Bedenken gegen die Wirksamkeit der neuen Regelungen gehen wir davon aus, dass sie ein Vorreiter für weitere derartige Regelungen, z.B. im Bereich der Pflanzenschutzmittel, Nahrungsergänzungsmittel und Kosmetika, sein werden, da auch hier Fälschungen ein weit verbreitetes Problem sind.

[1] Delegierte Verordnung (EU) 2016/161 der Kommission vom 02.10.2015.

[2] Richtlinie 2011/62/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 08.06.2011.

Autoren

Foto vonGabriela Staber
Gabriela Staber
Partnerin
Wien
Ruth Mahfoozpour