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Formvorschriften als Stolperstein für letztwillige Verfügungen und Errichtung einer Stiftung

2013-03

Erben kann mit rechtlichen Tücken verbunden sein. Diese Erfahrung haben schon viele Ehegatten, Kinder, Lebensgefährten oder sonstwie letztwillig Bedachte machen müssen. Die folgenden Ausführungen sollen beleuchten, was bei der Errichtung letztwilliger Verfügungen zu beachten ist. 

Testierfähigkeit 

Erste Voraussetzung für die Gültigkeit einer letztwilligen Verfügung ist, dass der Erblasser bei der Errichtung des Testaments testierfähig ist. Der Maßstab für die geistigen Fähigkeiten des Erblassers („Testierfähigkeit“) ist zwar niedriger als die „Geschäftsfähigkeit“, erfordert also nicht den Vollbesitz der geistigen Kräfte. Dennoch darf zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung die Freiheit der Willensbildung nicht aufgehoben sein. Erforderlich ist das Bewusstsein des Erblassers um den Testiervorgang und den Inhalt der Verfügung. Testierunfähigkeit liegt hingegen vor, wenn der Erblasser nicht einmal das Bewusstsein hat, eine letztwillige Verfügung zu treffen, und nicht weiß, was ihr Inhalt ist. Sinnesverwirrung macht daher ein Testament ungültig. 

Es kann sich daher als sinnvoll erweisen, zum Nachweis für den Geisteszustand auch psychiatrische Sachverständige bei der Testamentserrichtung beizuziehen. 

Eigenhändiges Testament 

Die in Bezug auf die Errichtung simpelste und am häufigsten verwendete Form von Testamenten ist das eigenhändige Testament. Dieses muss zur Gänze eigenhändig geschrieben und am Ende des Textes unterschrieben sein. Darüber hinaus sind keine weiteren Formvorschriften zu beachten. Es ist aber sehr ratsam, den Ort und vor allem das Datum anzuführen, insbesondere dann, wenn ein älteres Testament besteht. 

Fremdhändiges und maschinschriftliches Testament 

Neben dem eigenhändigen Testament kommt auch ein „fremdhändiges“ – also z. B. ein von einem Rechtsanwalt aufgesetztes maschinschriftliches – Testament in Betracht, das der Erblasser in Gegenwart von zumindest drei ersuchten Testamentszeugen eigenhändig unterschreibt. Von den drei fähigen Zeugen müssen wenigstens zwei zugleich gegenwärtig sein, und der Erblasser muss vor allen drei Zeugen erklären, dass der schriftliche Text seinen letzten Willen enthält. Ferner müssen die Zeugen die Testamentsurkunde selbst, und nicht nur auf einem Umschlag – bei sonstiger Ungültigkeit des Testaments – mit einem auf ihre Eigenschaft als Testamentszeugen hinweisenden Zusatz unterschreiben. Eine Zeugenunterschrift kann zwar innerhalb gewisser zeitlicher Fristen nachgeholt werden, eine erst Monate nach dem Tod des Erblassers nachgeholte Zeugenunterschrift ist aber verspätet. 

Die Judikatur hat auch ausgesprochen, dass – dem Gesetzeswortlaut folgend – der Erblasser ausdrücklich erklären muss, dass der „Aufsatz“ (= Testament) seinen letzten Willen enthält. Diese „ausdrückliche“ Erklärung des Erblassers vor den Zeugen kann zwar auch durch konkludentes Verhalten abgegeben werden. Jüngst hat allerdings der OGH (5 Ob 185/12k) ausgesprochen, dass es für die gültige Errichtung des Testaments nicht genügt, wenn nur das Spitalspersonal den herbeigerufenen Zeugen erklärt, dass es hier um die Errichtung eines Testaments und die Mitwirkung als Testaments­zeuge geht. Vielmehr wäre die diesbezügliche Erklärung des Erblassers selbst notwendig gewesen, die aber unterblieb. Da das Testament nun ungültig war, wurde der dort als Erbe eingesetzte Lebensgefährte nicht Erbe, und es trat die gesetzliche Erbfolge der Angehörigen ein. 

Gerichtlich protokolliertes Testament 

Vor Gericht kann man hingegen weiterhin mündlich oder schriftlich testieren. Dabei müssen jedenfalls ein am Ort der Testaments­errichtung zuständiger Richter und wenigstens eine weitere Gerichtsperson oder statt letzterer zwei andere Zeugen anwesend sein. Das Protokoll ist vom Richter und von der (den) weiteren genannten Person(en) zu unterfertigen. 

Auch bei gerichtlichen Testamenten passieren immer wieder Fehler, denn in das Protokoll über die Testamentserrichtung ist die Erklärung über die Prüfung der Testierfähigkeit durch den Richter als Form- und Gültigkeitserfordernis aufzunehmen, was oftmals unterbleibt. 

Mündliches Testament – Nottestament 

Das „mündliche Testament“ wurde durch die Erbrechtsnovelle 2004 in Österreich grundsätzlich abgeschafft. Mündlich kann aber weiterhin ein Nottestament errichtet werden. Ein Nottestament kann man sowohl mündlich als auch schriftlich gegenüber zwei Zeugen errichten. Es kann in dieser Form allerdings nur dann wirksam errichtet werden, wenn unmittelbar Gefahr droht oder zu befürchten ist, dass der Erblasser stirbt oder seine Testierfähigkeit verliert, bevor er seinen letzten Willen auf eine andere Weise erklären kann.

Ein Nottestament ist allerdings nur eine vorübergehende Lösung, da es seine Wirksamkeit nach drei Monaten, gerechnet ab dem Wegfall der Gefahr, verliert. Das führt zu einem Kuriosum: Hat der Erblasser nämlich ein wirksames („normales“) Testament errichtet, wird dieses durch ein zeitlich später errichtetes Nottestament, z. B. kurz vor einer riskanten Operation, unwirksam, sofern die enthaltenen letztwilligen Anordnungen nicht in beiden Testamenten überein­stimmen. Verläuft die Operation gut und der Erblasser wird wieder ganz gesund, ist das nunmehr wirksame Nottestament nur drei Monate gültig, gerechnet ab dem Zeitpunkt, von dem an klar ist, dass die Operation gut verlaufen ist. 

Im Ergebnis kann dies dazu führen, dass letztlich keinerlei wirk­sames Testament übrig bleibt und schließlich die gesetzliche Erbfolge eintritt. Durch die Errichtung eines Nottestaments wird nämlich grundsätzlich das frühere Testament unwirksam. Allerdings wird auch das Nottestament nach Ablauf von drei Monaten unwirksam, ohne dass dadurch das ursprüngliche Testament wieder auflebt. 

Verstirbt somit der Erblasser z. B. ein Jahr nach der Operation, hat das Nottestament das ursprüngliche Testament ersetzt, ist aber selbst nicht mehr wirksam. 

Unfähige Testamentszeugen 

Bei allen fremdhändigen, bei Gericht zu Protokoll gegebenen Testamenten oder Nottestamenten ist auch darauf zu achten, dass die beigezogenen Zeugen nicht von Gesetzes wegen „unfähige Zeugen“ sind. 

Personen unter 18 Jahren sowie Personen, denen aufgrund einer Behinderung die Fähigkeit fehlt, entsprechend der jeweiligen Testamentsform den letzten Willen des Erblassers zu bezeugen, können von Gesetzes wegen nicht Zeugen sein. Dasselbe gilt für Personen, welche die Sprache des Erblassers nicht verstehen – gemeint ist jene Sprache, in der das mündliche Testament errichtet oder das schriftliche bekräftigt wird. 

Ferner kommt auch die Unfähigkeit von Zeugen wegen Befangenheit in Betracht: Befangen ist, wer selbst durch das Testament letztwillig bedacht wird; befangen sind ferner dessen Ehegatte, Eltern, Kinder, Geschwister oder Verschwägerte und „besoldete“ Hausbedienstete. In den hier letztgenannten Fällen der „Befangenheit“ ist der letzte Wille nur so weit ungültig, als die Befangenheit das Testament tangiert. Die Ungültigkeit solcher Vorkehrungen ist jedoch u. U. durch Beiziehung zusätzlicher Testamentszeugen vermeidbar. 

Letztwillige Errichtung einer Privatstiftung 

Auch für die testamentarische Errichtung einer Privatstiftung gelten Formvorschriften, und zwar nicht jene für Testamente, sondern die Notariatsaktform. 

Auswirkungen auf die Praxis: 

Bei der Errichtung letztwilliger Verfügungen und auch bei der letztwilligen Errichtung von Privatstiftungen sollte sowohl in formeller Hinsicht – für die Gültigkeit der letztwilligen Verfügung – als auch inhaltlich rechtskundiger Rat eingeholt werden.

Weitere Artikel von Univ.-Prof. Dr. Johannes Reich-Rohrwig finden Sie auf unserem CMS Blog. 

Weitere Artikel von Dr. Georg Burger-Scheidlin finden Sie auf unserem CMS Blog.

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Johannes Reich-Rohrwig
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