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Neues Recht für Zahlungsvereinbarungen und Verzugszinsen - das Zahlungsverzugsgesetz

2013-01

Der Autor: Univ.-Prof. Dr. Johannes Reich-Rohrwig

Entsprechend der EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr hat nun der österreichische Gesetzgeber das Zahlungsverzugsgesetz (ZVG) erlassen. Das Gesetz verschärft das Instrumentarium zur Bekämpfung von Zahlungsverzug und bezieht öffentliche Stellen (juristische Personen des öffentlichen Rechts) mit ein, wenn sie – vorallem als Auftraggeber – Verträge mit Unternehmen abschließen. 
Stichworte: Anhebung der Verzugszinsen für Unternehmensgeschäfte und im Arbeitsrecht; Zahlungseingang und Wertstellung auf dem Bankkonto des Empfängers am Fälligkeitstag; Betreibungskosten (Mahnkosten-)Pauschale. 
Dieses Gesetz tritt am 16. März 2013 in Kraft. 
Die Änderungen sollen hier gerafft dargestellt werden:

  1. Rechtzeitigkeit der Zahlung – es kommt auf die Gutschrift auf dem Empfängerkonto an: Im Falle von Geldschulden, die durch Banküberweisung zu erfüllen sind, hat der Schuldner den Überweisungsauftrag so rechtzeitig zu erteilen, dass der Gläubiger bei Fälligkeit über den geschuldeten Betrag auf seinem Konto verfügen kann; dies gilt auch für die Valuta-Stellung. Der Schuldner trägt das Risiko für die Verzögerung oder das Nichteintreffen der Gutschrift auf dem Konto des Gläubigers, soweit die Ursache dafür nicht beim Bankinstitut des Gläubigers liegt. Wenn die Fälligkeit nicht schon im Vorhinein bestimmt ist, sondern die Fälligkeit erst durch Erbringung der Gegenleistung, Rechnungsstellung, Zahlungsaufforderung oder einen gleichartigen Umstand ausgelöst wird, hat der Schuldner den geschuldeten Betrag ohne unnötigen Aufschub ab dem für die Fälligkeit maßgeblichen Umstand auf das Konto des Gläubigers zu überweisen (§ 907a Abs 2 ABGB nF). 
  2. Zinssatz für Verzugszinsen angehoben: Für Geschäfte zwischen Unternehmen wird die bisherige Verzugszinsenregelung des § 352 UGB aufgehoben und stattdessen folgende neue gesetzliche Verzugszinsenregelung eingeführt: a) Bei der Verzögerung der Zahlung von Geldforderungen beträgt der gesetzliche Zinssatz 9,2 % (statt bisher: 8 %) über dem Basiszinssatz. 
    b) Wenn allerdings der Schuldner für die Verzögerung nicht verantwortlich ist, hat er nur die in § 1000 Abs 1 ABGB bestimmten Zinsen – also 4 % p. a., sofern gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – zu entrichten. Dies lässt demnach auch beim Unternehmergeschäft den Nachweis der Schuldlosigkeit des säumigen Zahlers zu und führt zu einer Reduktion der außerordentlich hohen Verzugszinsen auf sodann nur 4 % p. a. (§ 456 UGB nF). 
  3. Zwingende Höchstfristen für zahlungsverzögernde Vereinbarungen: Die Dauer von Abnahme- oder Überprüfungsverfahren zur Feststellung der Vertragsmäßigkeit der Leistungserbringung darf nach der Neuregelung höchstens 30 Tage ab dem Empfang der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung betragen. Die Vereinbarung einer längeren Frist kann nur ausdrücklich erfolgen und ist nur zulässig, soweit dies für den Gläubiger nicht grob nachteilig ist (§ 457 UGB nF). 
  4. Entschädigung von Betreibungskosten: Ferner sieht die neue Regelung erstmals die Berechtigung des Gläubigers vor, bei Verzögerung der Zahlung von Geldforderungen als Entschädigung für etwaige Betreibungskosten von Schulden einen Pauschalbetrag von EUR 40 zu fordern. Der Gläubiger kann jedoch außer den gesetzlichen Zinsen und diesem Pauschalbetrag auch den Ersatz anderer, vom Schuldner verschuldeter und ihm erwachsener Schäden geltend machen, insbesondere die notwendigen Kosten zweckentsprechender außergerichtlicher Betreibungs- und Einbringungsmaßnahmen, soweit diese in einem angemessenen Verhältnis zur betriebenen Forderung stehen (§ 459 UGB nF iVm § 1333 Abs 2 ABGB). 
  5. Die Neuregelung enthält ferner zwingendes Recht über „grob nachteilige Vertragsbestimmungen oder Geschäftspraktiken“: Demnach sind Vertragsbestimmungen über den Zahlungstermin, die Zahlungsfrist, den Verzugszinssatz oder die Entschädigung für Betreibungskosten nichtig, wenn sie für den Gläubiger grob nachteilig sind. Ebenso wenig können aus einer diese Fragen betreffenden Geschäftspraktik rechtliche Wirkungen abgeleitet werden, wenn sie für den Gläubiger grob nachteilig sind (siehe dazu näher § 459 UGB nF). 
  6. Verbandsklage: Ferner können auch Vereinigungen zur Förderung wirtschaftlicher Interessen von Unternehmen eine Verbandsklage auf Unterlassung der Verwendung grob nachteiliger Vertragsbestimmungen erheben (§ 460 UGB). 
  7. Auch im Arbeitsrecht wird der Verzugszinssatz angehoben, und zwar von 8 % auf 9,2 % p. a. 
  8. Gemäß dem gleichzeitig novellierten Verbraucherkreditgesetz müssen die Angaben über die Kreditkosten transparenter gemacht werden. 
  9. Auch das Konsumentenschutzgesetz (KSchG) wurde im Zusammenhang mit den Neuregelungen novelliert (§ 6a KSchG): Danach hat der Unternehmer dem Verbraucher für die Erfüllung von dessen Geldschuld ein verkehrsübliches Bankkonto bekannt zu geben, sofern nicht nach der Natur des Vertragsverhältnisses – wie etwa bei Zug um Zug zu erfüllenden Verträgen – Barzahlung verkehrsüblich ist. 

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Johannes Reich-Rohrwig
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Wien