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Wichtige Änderung beim Crowdfunding!

Qualifizierte Nachrangdarlehen gelten zukünftig als prospektpflichtige Veranlagungen

08/05/2017

Es hat sich in der Vergangenheit eingebürgert, Darlehensverträge bei Crowdfunding-Projekten mit qualifizierten Nachrangklauseln auszustatten, da dadurch eine Konzessions- sowie in der Regel auch eine Prospektpflicht vermieden werden konnte.

Anlässlich eines jüngst ergangenen Urteils des Obersten Gerichtshofs (OGH) (4 Ob 47/16i) werden Nachrangdarlehen von der Finanzmarktaufsicht (FMA) nun pauschal als Veranlagung im Sinne des Kapitalmarktgesetzes (KMG) eingestuft und unterliegen damit der Prospektpflicht. Demnach handelt es sich bei öffentlich angebotenen Geldanlagen in der Form von qualifizierten Nachrangdarlehen – wie das bei Crowdfunding-Projekten üblich ist – um Veranlagungen, für deren Angebot aus Anlegerschutzgründen ein Prospekt erstellt werden muss.

Diese Änderung betrifft jene Projekte bei denen die Finanzierung die Grenze von EUR 1,5 Millionen überschreitet. Sie gilt jedoch nur für zukünftige Darlehen. Bereits bestehende Nachrangdarlehen sind von der neuen Auslegung nicht betroffen.

Neue Rechtsauslegung aus Anlegerschutzgründen

Die Einstufung von Nachrangdarlehen als prospektpflichtige Veranlagungen soll eine Lücke im Anlegerschutz schließen und sicherstellen, dass auch bei (qualifizierten) Nachrangdarlehen eine abgestufte und durchgehende Transparenz- und Informationspflicht besteht.

Bei qualifizierten Nachrangdarlehen geht ein Darlehensgeber ein besonders hohes Risiko ein, sein gesamtes eingesetztes Kapital zu verlieren. Im Falle einer Insolvenz steht er nämlich auf der letzten Stufe der Gläubiger, die aus der Masse befriedigt werden. Ein Totalverlust des eingesetzten Kapitals ist somit wahrscheinlicher als bei "klassischen" (nicht nachrangigen) Darlehen.

Abgestufte Informationspflichten

Bei öffentlich angebotenen qualifizierten Nachrangdarlehen im Rahmen von Crowdfunding-Projekten mit einem Finanzierungsvolumen von über EUR 1,5 Millionen bestand bisher keine durchgehende Prospektpflicht, dies ändert sich nun:

  • Bei einem Finanzierungsvolumen in Höhe von EUR 1,5 bis EUR 5 Millionen bedarf es ab jetzt standardmäßig eines vereinfachten Prospekts gemäß Schema F KMG.
  • Bei über EUR 5 Millionen ist nach wie vor ein voller Veranlagungsprospekt gemäß KMG verpflichtend.
  • Ebenso keine Änderung gibt es für Nachrangdarlehen unter EUR 1,5 Millionen: Im Bereich EUR 100.000 bis EUR 1,5 Millionen genügt wie bisher ein einfaches Informationsblatt gemäß Alternativfinanzierungsgesetz (AltGF) und unter EUR 100.000 gilt die generelle Ausnahme von der Prospektpflicht/vom AltFG.

Im Ergebnis sollten alle Unternehmen, die Crowdfunding mittels qualifizierten Nachrangdarlehen planen, ihr Finanzierungsmodell im Lichte der neuen Rechtsauslegung auf das Bestehen einer etwaigen Prospektpflicht prüfen.

Autoren

Foto vonAnna Wieser
Anna Wieser
Anwältin
Wien