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Zur Haftung des Abschlussprüfers bei nicht sorgfältiger Prüfung

Auch eine vorsätzlich unrichtige Rechnungslegung des Geschäftsführers ist aufzudecken und exkulpiert den Jahresabschlussprüfer nicht

29/04/2016

In Zeiten großer Insolvenzen namhafter Unternehmen und drohenden Bankenpleiten rückt die Tätigkeit von Abschlussprüfern zunehmend in den Fokus. Den Sorgfältigkeitsmaßstab und die daraus resultierenden Haftungen hat die Judikatur in den letzten Jahren zunehmend präzisiert.1
Jüngst beschäftigte sich der OGH erneut mit dem Sorgfaltsmaß des Abschlussprüfers und verschärfte dessen Haftung. Diese Entscheidung könnte zahlreiche Unternehmen sowie – bei bereits gestellten Insolvenzantrag – Masseverwalter darin bestärken, von ihren Abschlussprüfern Schadenersatz zu fordern.

Der OGH stellte bereits mehrfach klar, dass die §§ 273 – 275 UGB Schutzgesetze im Sinne des § 1311 ABGB sind.2 In der aktuellen Entscheidung präzisiert der OGH allerdings den Schutzzweck dieser Vorschriften: Geschützt ist das Vermögen der zu prüfenden Gesellschaft. Dieser umfasst auch die Aufdeckung einer vorsätzlich unrichtigen Rechnungslegung durch Gesellschaftsorgane. Umfasst wird somit auch die Verhinderung einer weiteren Schädigung der Gesellschaft durch fortgesetztes rechtswidriges Verhalten von Gesellschaftsorganen.

Im Anlassfall3 hat der Geschäftsführer der geprüften GmbH Unterlagen der Buchhaltung verfälscht, um so Scheinrechnungen für eine positive Fortbestehensprognose zu erstellen. Der Abschlussprüfer hat sowohl Jahresabschluss als auch Lagebericht mangelhaft geprüft. Das interne Kontrollsystem der Gesellschaft wurde gar nicht, die elektronische Buchhaltung nicht hinreichend genau geprüft, sodass die Malversationen des Geschäftsführers durch die nicht sorgfältige Prüfung weder auffielen, noch für die Zukunft unterbunden wurden.

Zudem stellte der OGH klar, dass eine sorgfältige Abschlussprüfung geeignet gewesen wäre, Maßnahmen auszulösen, die eine weitere Schädigung der Gesellschaft verhindert hätten. Mit anderen Worten hätte eine sorgfältige Abschlussprüfung die Malversationen des Geschäftsführers zu Tage gebracht und hätte vom Abschlussprüfer festgestellt werden müssen. In der Folge hätte die Gesellschaft zu einem wesentlich früheren Zeitpunkt, nämlich über beinahe 2 Jahre früher als tatsächlich erfolgt, einen Insolvenzantrag gestellt und eine wesentlich höhere Konkursquote ausgewiesen.

Es ist Sache des Prüfers, zu behaupten und zu beweisen, dass der Schaden auch bei rechtmäßigen Alternativverhalten des Prüfers gleichermaßen eingetreten wäre.4 Der Einwand des Mitverschuldens des Geschädigten nach § 1304 ABGB scheidet laut OGH in diesem Fall kategorisch aus. Ein haftpflichtiger Abschlussprüfer kann sich zu seiner Entlastung nämlich nicht auf vom Vorstand oder Geschäftsführer verschuldete Fehler berufen, weil die Tätigkeit des Abschlussprüfers gerade darin besteht, die Organe einer Gesellschaft zu kontrollieren. Dies ist der Kern des Schutzzweckes der Abschlussprüfung, nämlich die Gesellschaft vor Schäden aus einer unrichtigen Rechnungslegung zu bewahren.5 Dem Abschlussprüfer bleibt lediglich die Möglichkeit, sich intern an den schuldhaft handelnden Organmitgliedern zu regressieren.6

Der OGH stellte auch klar, dass diese Ansicht auch auf jene Konstellationen anzuwenden ist, bei denen der schuldtragende Geschäftsführer der geprüften Gesellschaft gleichzeitig auch deren einziger Gesellschafter ist. Eine von diesen Grundsätzen abweichende Andersbehandlung von Einpersonengesellschaften, wie etwa bei der strafbaren Untreue durch den Gesellschaftergeschäftsführer nach § 153 StGB, wird so dezidiert ausgeschlossen. Geschützt ist nämlich das Vermögen der Gesellschaft, das den Deckungsfond der Gesellschaftsgläubiger bildet. Sollte dem untreuen Geschäftsführer auf diese Weise ein Vorteil erwachsen, wird der Schadenersatzanspruch der Gesellschaft dadurch nicht berührt. Lediglich im Falle eines Regresses zwischen mehreren Haftpflichtigen ist ein derartiger Vorteil maßgeblich.


1 Vgl. etwa RIS-Justiz RS0130434; RS0119578; RS0116077.
2 RIS-Justiz RS0116079; RS0114297.
3 OGH 29.03.2016, 8 Ob 76/15g.
4 RIS-Justiz RS0114296; RS0027364.
5 8 Ob 141/99i = ecolex 2002/345 = ÖBA 2001, 577 = ZIK 2001/65 = RdW 2001/82; Völkl/Lehner in Straube/Ratka/Rauter UGB II/RLG³ § 275 Rz 65 ff mwN; vgl aber Ebke in MüKomm HGB § 323 Rn 74 mwN.
6 Völkl/Lehner in Straube/Ratka/Rauter UGB II/RLG³ § 275 Rz 66.

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Johannes Reich-Rohrwig
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