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Zusammenschlussverfahren: auch die Zielgesellschaft ist Partei des Verfahrens

25/11/2016

OGH 12.10.2016, 16 Ok 9/16h

Der OGH hat nunmehr erstmals ausgesprochen, dass in einem Zusammenschlussverfahren nach § 7 Abs 1 KartG nicht nur die Anmelderin, sondern auch die Zielgesellschaft Parteistellung im Verfahren hat und ihr demnach auch Akteneinsicht in den Akt der Bundeswettbewerbsbehörde zu gewähren ist.

Sachverhalt:
Im Rahmen eines Zusammenschlusskontrollverfahrens (Erwerb einer 25%-Beteiligung) beantragte die Zielgesellschaft Akteneinsicht in den Akt der Bundeswettbewerbsbehörde. Sowohl die Anmelderin als auch die Bundeswettbewerbsbehörde, nicht jedoch der Bundeskartellanwalt, sprachen sich, aufgrund mangelnder Parteistellung der Zielgesellschaft, gegen die Gewährung der Akteneinsicht aus. Das Kartellgericht gab dem Antrag der Zielgesellschaft mit Beschluss statt, wogegen die Bundeswettbewerbsbehörde und die Anmelderin Rekurs an den OGH als Kartellobergericht erhoben. Dieser gab den Rekursen nicht Folge und begründete dies damit, dass auf die Zielgesellschaft § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG anzuwenden ist.

Begründung:
Nach § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG kommt jeder Person, soweit ihre rechtlich geschützte Stellung durch die begehrte oder vom Gericht in Aussicht genommene Entscheidung oder durch eine sonstige gerichtliche Tätigkeit unmittelbar beeinflusst werden kann, materielle Parteistellung zu.

Der materielle Parteibegriff des § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG ist aber von § 11 Abs 3 KartG zu unterscheiden, wonach jeder Unternehmer, dessen rechtliche oder wirtschaftliche Interessen durch den Zusammenschluss berührt werden, ein Äußerungsrecht aber keine Parteistellung im Prüfungsverfahren hat. § 2 Abs 1 Z 3 AußStrG verlangt jedoch eine unmittelbare Beeinflussung der rechtlich geschützten Stellung und damit weitergehende Voraussetzungen.

Zum telos des Zusammenschlussverfahrens führt der OGH aus, dass Gegenstand der kartellrechtlichen Zusammenschlusskontrolle das externe Unternehmenswachstum ist, da Vorgänge mit (potentiell) konzentrativem Effekt erfasst werden, an denen mindestens zwei (!) Unternehmen beteiligt sind.

Die Zielgesellschaft ist daher nicht bloß passiver Zuseher in einem Zusammenschlussverfahren, sondern es hängt die künftige Stellung der Zielgesellschaft wesentlich vom Ausgang des Zusammenschlussverfahrens und der Frage, ob die Anmelderin eine kontrollierende Beteiligung erwerben darf, ab. In diesem Zusammenhang treffen die Zielgesellschaft im Verfahren auch Mitwirkungspflichten, die aber wiederum nur für Parteien gelten.

Mit seiner Entscheidung schließt sich der OGH der überwiegenden Auffassung im österreichischen Schrifttum sowie der herrschenden deutschen Auffassung zu § 54 Abs 2 Z 2 GWB an.

Fazit:
Die höchstgerichtliche Klarstellung, dass die Zielgesellschaft im Zusammenschlussverfahren materielle Parteistellung genießt, ist zu begrüßen. Die Gleichstellung der Zielgesellschaft mit der Anmelderin erscheint aus Gründen eines fairen Verfahrens sowie aus den bereits bis jetzt aufgebürdeten Mitwirkungspflichten der Zielgesellschaft, als ausreichendes Gegengewicht und somit in Form einer umfassenden Parteistellung sachgerecht.

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Molly Kos