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Arbeitnehmerüberlassung: Erstmaliger Ablauf der neuen Überlassungshöchstdauer Ende September 2018

Arbeitsrecht – gut zu wissen …

September 2018

Mit Wirkung zum 01. April 2017 hat der Gesetzgeber bekanntermaßen das Gesetz zur Regelung der Arbeitnehmerüberlassung (AÜG) angepasst. Diese soll – so die Gesetzesbegründung – "auf ihre Kernfunktion als Instrument zur zeitlich begrenzten Deckung des Arbeitskräftebedarfs hin orientiert werden". Missbräuchliche Gestaltungen des Fremdpersonaleinsatzes in Form der verdeckten Arbeitnehmerüberlassung sollen vermieden werden (vgl. BT-Drucksache 18/9232, S. 2).

Drei Kernelemente der AÜG-Reform

Diese Zielsetzung sollte durch die nachfolgenden drei wesentlichen Elemente der AÜG-Reform erreicht werden, nämlich durch

1. eine Offenlegungs- und Konkretisierungspflicht zum Ausschluss der sog. Fallschirmlösung und zur Verhinderung von Scheinwerk-/Scheindienstverträgen (§ 1 Abs. 1 S. 5, 6 AÜG),

2. die zwingende Geltung des equal pay-Grundsatzes nach dem vollendeten neunten Einsatzmonat, wenn kein sog. Branchenzuschlagstarifvertrag einschlägig ist (§ 8 Abs. 2, Abs. 4 AÜG) und

3. die Geltung einer Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten, die allerdings durch Tarifverträge der Einsatzbranche oder durch aufgrund von tariflichen Öffnungsklauseln abgeschlossene Betriebsvereinbarungen modifiziert werden kann (§ 1 Abs. 1 S. 4, Abs. 1b AÜG).

Für die neu in das AÜG eingefügte Offenlegungs- und Konkretisierungspflicht wurde keine gesetzliche Übergangsregelung vorgesehen. Folglich war diese für sämtliche ab dem 01. April 2017 neu geschlossene Verträge und – nach Ansicht der Bundesagentur für Arbeit (BA) – auch für "Alt-Arbeitnehmerüberlassungsverträge" zu beachten. Hinsichtlich der Berechnung der Einsatzzeiten für die Anwendung des equal pay-Grundsatzes nach dem neunten Einsatzmonat und des Ablaufs der Überlassungshöchstdauer nach dem 18. Monat hatte der Gesetzgeber der Praxis jedoch Zeit eingeräumt, sich auf diese Neuerungen einzustellen. Diese sollten erst ab dem 01. April 2017 zu laufen beginnen, selbst wenn der Zeitarbeitnehmer schon vor diesem Datum – möglich-erweise schon jahrelang – an einen Kunden überlassen war (vgl. § 19 Abs. 2 AÜG).

Für die Anwendung des gesetzlichen equal pay-Anspruchs lief die Übergangsfrist damit bereits Ende 2017 ab.

Ablauf der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer – Fristberechnung unklar

Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Übergangsvorschrift (§ 19 Abs. 2 AÜG) "droht" nun auch der Ablauf der gesetzlichen Überlassungshöchstdauer – und zwar in Bälde, ausgehend von 01. April 2017 bereits Ende September 2018.

Bedauerlicherweise hat der Gesetzgeber keine klare Regelung getroffen, wie die Frist und deren Ende zu bestimmen sind, so dass es nicht überrascht, dass umstritten ist, wann der maßgebliche Zeitpunkt erreicht ist. Die herrschende Ansicht geht richtigerweise davon aus, dass die Überlassungshöchstdauer von 18 Monaten mit Ablauf des 30. September 2018 endet (§§ 187 Abs. 2 S. 1, 188 Abs. 2 BGB; vgl. Bissels/Falter, ArbR 2017, 36); dieser Auffassung dürfte auch die BA folgen (vgl. FW AÜG Ziff. 1.2.1 Abs. 2, S. 23). In der Literatur wird jedoch für die Fristberechnung abweichend auf § 191 BGB abgestellt (vgl. Pütz, DB 2017, 425) – mit der Folge, dass die einzelnen Monate pauschal mit 30 Tagen in die Berechnung eingestellt werden, selbst wenn diese realiter eine höhere oder geringere Anzahl an Kalendertagen aufweisen. So werden z. B. auch der Monat Februar und der Monat August mit 30 Tagen einbezogen, was dazu führt, dass nach dieser Ansicht über die Dauer von 18 Monaten – im Vergleich zur herrschenden Meinung – einige Tage "verloren gehen" (540 Tage vs. 548 Tage). Die Überlassungshöchstdauer endet danach bereits mit Ablauf des 22. September 2018.

Vor diesem Hintergrund müssen sich Personaldienstleister und Kunden bereits fragen, welchen Zeitpunkt sie als maßgeblich für den Ablauf der Überlassungshöchstdauer ansehen. Es sprechen gute und überzeugende Gründe dafür, hier auf den 30. September 2018 abzustellen. Mangels einschlägiger Rechtsprechung besteht jedoch eine gewisse Rechtsunsicherheit, ob die Gerichte insoweit nicht eine abweichende Ansicht vertreten und § 191 BGB anwenden – mit der Folge, dass die Überlassungshöchstdauer zeitlich früher abläuft. Sollen jegliche Risiken durch eine mögliche Überschreitung der Überlassungshöchstdauer vermieden werden (hier: u.a. Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zwischen dem Einsatzunternehmen und dem Zeitarbeitnehmer ohne und sogar gegen den Willen der Beteiligten), sollte der 22. September 2018 als relevantes Datum angesehen werden. Hier gilt es jedoch – auch unter wirtschaftlichen Erwägungen – eine kundenspezifische Risikoabwägung zu treffen.

Mögliche Reaktion auf den Ablauf der Überlassungshöchstdauer

Auf den Ablauf der Überlassungshöchstdauer kann aus Kundensicht mit der Beendigung des Einsatzes des betreffenden Zeitarbeitnehmers durch die Abmeldung oder Kündigung des Arbeitnehmerüberlassungsvertrages reagiert werden. Dies löst jedoch nicht das Problem, da in der Regel der Beschäftigungsbedarf, der über den Zeitarbeitnehmer abgedeckt werden soll, fortbesteht.

Der Kunde hat dabei (natürlich) die Möglichkeit, den Zeitarbeitnehmer in ein (auch sachgrundlos befristetes) Arbeitsverhältnis zu übernehmen. Dies ist jedoch in der Praxis aufgrund entsprechender Head Count-Vorgaben oftmals nicht das Mittel der Wahl.

Alternativ kann ein anderer Zeitarbeitnehmer den bis-her eingesetzten Mitarbeiter ablösen. Entsprechende Rotationen sind auch auf einem Dauerarbeitsplatz des Kunden möglich. Nach einer Unterbrechung von drei Monaten und einem Tag kann der ursprüngliche Zeitarbeitnehmer auf den betreffenden Arbeitsplatz wieder "hineinrotieren" und erneut 18 Monate eingesetzt werden. Während dieser Unterbrechungszeit kann der Zeitarbeitnehmer ebenfalls an Konzernunternehmen des Kunden überlassen werden. Sog. "Entleiherrotationen" schließt das AÜG nämlich nicht aus. In der Praxis sind derartige "Karusselle" jedoch mit operativen Schwierigkeiten verbunden, da die neu eingesetzten Zeitarbeitnehmer zunächst eingearbeitet werden müssen. Gerade bei einer größeren Anzahl von Drittkräften kann der gleichzeitige Austausch erhebliche betriebsorganisatorische Störungen bedingen. Hier ist also Weitsicht geboten, um frühzeitig mit einer Rotation zu beginnen, damit stets eine kritische Masse von eingearbeiteten Zeitarbeitnehmern beim Kunden verbleiben kann.

Es existieren weitere Modelle, Zeitarbeitnehmer de facto über 18 Monate hinaus bei einem Kunden einzusetzen (Stichwort: Gemeinschaftsbetrieb; "echte" Werk-/Dienstverträge). Solche sind jedoch mit Unwägbarkeiten verbunden, da diese bislang von der Rechtsprechung noch nicht entsprechend abgesichert sind. Sprechen Sie uns gerne an, wenn Sie dazu weitere Informationen wünschen.

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Foto vonAlexander Bissels
Dr. Alexander Bissels
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Köln