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Die neue P2B-Verordnung - Rahmenbedingungen für Online-Plattformen ändern sich

26/02/2020

Plattformbasierte Geschäftsmodelle sind im modernen Handel präsenter denn je. Unzählige Unternehmen verschiedenster Branchen sind im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeit auf sie angewiesen. Diesen Umstand haben Anbieter derartiger Plattformen in der Vergangenheit häufig auf unzulässige Art und Weise ausgenützt. Aus diesem Grund versucht der europäische Gesetzgeber nun für mehr Fairness und Transparenz am Online-Markt zu sorgen. Mithilfe der neuen Platform-To-Business -Verordnung („P2B-VO“) sollen unter anderem Regelungen betreffend den Inhalt von AGB sowie die Offenlegung von Rankings geschaffen werden. Die Verordnung tritt mit 12. Juli 2020 in Kraft.

Regelungsziele und Hintergründe

Ob Amazon, Google oder eBay – sie alle werden immer häufiger von Unternehmen verwendet, um mit potenziellen Kunden in Kontakt zu treten. Der digitale Vertrieb derartiger Leistungen ist im Zusammenhang mit vielen Produkten und Dienstleistungen kaum mehr wegzudenken. Aus der Sicht des kommerziellen Plattformnutzers stellt dies grundsätzlich eine kostengünstige und vor allem effektive Möglichkeit dar, die Attraktivität der eigenen Leistungen zu steigern.

Viele Unternehmen werden fast nur noch über derartige Online-Plattformen aktiv. Das hat allerdings auch zur Folge, dass die Betreiber solcher Plattformen über immer mehr Marktmacht verfügen. Viele von ihnen nutzten ihre Rolle als Vermittlungsstelle zwischen Unternehmen und Konsumenten auf unzulässige Art und Weise aus. Dies zeigte sich in der jüngeren Vergangenheit insbesondere durch die Verankerung intransparenter und unverständlicher Geschäftspolitiken auf Seiten der Plattformbetreiber, welche insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen äußerst negative Folgen hatten. 

Diesen Umstand hat nun auch die EU erkannt und beschlossen, dem am Plattform-Markt vorherrschenden Ungleichgewicht mit der P2B-VO entgegenzuwirken. Die Instrumente, mit denen sie dies tut, und die Unternehmen, die von dieser legislativen Neuerung umfasst sind, werden im Folgenden näher beleuchtet.

Wer ist von der neuen P2B-Verordnung betroffen?

Gemäß Art 1 Abs 2 P2B-VO treffen die Neuregelungen Online-Vermittlungsdienste und Online-Suchmaschinen, über welche gewerbliche Plattformnutzer mit Kunden kommunizieren und in weiterer Folge ihre Leistungen anbieten können. Dabei spielt es keine Rolle, ob der anschließende Vertragsabschluss über die Online-Plattform selbst, über eine verlinkte Website des jeweiligen Unternehmers oder offline geschieht. 

Neben den klassischen Marktplätzen (z. B. eBay) und App-Stores erfasst die Verordnung daher vor allem auch soziale Netzwerke (z. B. Facebook) und sämtliche Buchungs- und Preisvergleichsportale (z. B. Checkfelix). Es ist wichtig, an dieser Stelle zu erwähnen, dass auch außereuropäische Betreiber derartiger Plattformen vom Anwendungsbereich der VO umfasst werden, wenn sich die gewerblichen Nutzer und deren Kunden innerhalb der EU befinden.

Als „Online-Vermittlungsdienste“ definiert der europäische Gesetzgeber alle Dienste, die

(i)    als Dienste der Informationsgesellschaft i. S. d. Art 1 Abs 1 lit b der Richtlinie (EU) 2015/1535 zu qualifizieren sind; 

(ii)    es gewerblichen Nutzern ermöglichen, Verbrauchern Waren oder Dienstleistungen anzubieten, indem sie die Einleitung direkter Transaktionen zwischen diesen gewerblichen Nutzern und Verbrauchern vermitteln;

(iii)    den gewerblichen Nutzern auf der Grundlage eines Vertragsverhältnisses zwischen dem Diensteanbieter und dem gewerblichen Nutzer bereitgestellt werden.

Demgegenüber ist ein digitaler Dienst gemäß Art 2 Z 5 P2B-VO dann als „Online-Suchmaschine“ zu betrachten, wenn er „[…] es Nutzern ermöglicht, in Form eines Stichworts, einer Sprach¬eingabe, einer Wortgruppe oder einer anderen Eingabe Anfragen einzugeben, um prinzipiell auf allen Websites oder auf allen Websites in einer bestimmten Sprache eine Suche zu einem beliebigen Thema vorzunehmen und Ergebnisse in einem beliebigen Format angezeigt zu bekommen, über die sie Informationen im Zusammenhang mit dem angeforderten Inhalt finden können.“ In Anbetracht dieser Legaldefinition sind daher zukünftig auch die allseits bekannten Suchmaschinen, wie Google oder Bing, von den Regelungen der P2B-VO erfasst.

Vom Anwendungsbereich der Verordnung ausdrücklich ausgeschlossen sind hingegen: reine Business-to-Business-Plattformen (sprich Plattformen ohne jeglichen Konsumenten-Bezug) sowie Peer-to-Peer-Vermittlungen (an denen keine gewerblichen Anbieter beteiligt sind). Ausgenommen sind außerdem Online-Zahlungs- und Werbedienste.

Worin liegen die wesentlichen inhaltlichen Neuerungen der P2B-Verordnung?

Das Hauptaugenmerk der P2B-VO liegt zweifelsfrei auf der gerechteren Ausgestaltung des vertraglichen Verhältnisses zwischen Plattform-Betreiber und gewerblichem Nutzer. Neben strikteren Rahmenbedingungen im Hinblick auf die Gestaltung von AGB betrifft dies vor allem auch die Offenlegung von Ranking-Parametern und den Bereich der Streitbeilegung.

1.    Ausgestaltung von AGB

Ähnlich dem nationalen Transparenzgebot nach § 6 Abs 3 KSchG legt die Verordnung fest, dass Bestimmungen in den AGB der Plattformbetreiber klar und verständlich abgefasst werden müssen. Sollte eine Regelung dieser Anforderung nicht entsprechen, ist sie nichtig. Art 3 Abs 2 P2B-VO sieht konkrete Regelungen für die nachträgliche Änderung von AGB-Bestimmungen vor. Demnach muss dem Nutzer eine Vorlaufzeit von mindestens 15 Tagen eingeräumt werden, ehe die geplante Änderung in Kraft tritt. Darüber hinaus steht es dem gewerblichen Nutzer in diesem Fall frei, die Änderungen nicht zu akzeptieren und den Vertrag zu kündigen.

Weiters wird im Rahmen der P2B-VO klargestellt, unter welchen Bedingungen es sich der AGB-Verwender vorbehalten kann, seine Dienste für gewerbliche Nutzer auszusetzen oder einzuschränken. Demzufolge sind die Gründe dafür nunmehr klar und deutlich in den AGB zu verankern, sodass der Nutzer ausreichend über seine (zukünftige) Rechtsposition Bescheid weiß. Generalklauselartige Vereinbarungen, welche dem Betreiber einen weiten Spielraum ermöglichen, sind in Zukunft daher jedenfalls unzulässig. 

Wenn ein Betreiber beschließt, die Bereitstellung seiner Dienste gegenüber einem gewerblichen Nutzer einzuschränken, muss er ihm spätestens mit Wirksamwerden der Beschränkung eine Begründung für diese liefern. Bei einer vollständigen Beendigung einer Geschäftsbeziehung mit einem gewerblichen Nutzer geht der europäische Gesetzgeber sogar noch einen Schritt weiter. In diesem Fall muss der Betreiber vor dem Wirksamwerden der Beendigung eine Begründung dieser Entscheidung auf einem dauerhaften Datenträger an den betroffenen Nutzer übermitteln (Art 4 Abs 2 P2B-VO).

2.    Nachvollziehbarkeit von Rankings

Die auf den gegenständlichen Online-Plattformen beworbenen Produkte und Dienstleistungen werden häufig vom Plattform-Betreiber nach bestimmten Kriterien bewertet, miteinander verglichen und anschließend gereiht dargestellt. Diese Platzierung bzw. Hervorhebung von Produkten bzw. Dienstleistungen kann im Zusammenhang mit Suchergebnissen (z. B. Google-Suche) erhebliche Auswirkungen auf die Konsumentscheidung des Verbrauchers und somit auch auf den betriebswirtschaftlichen Erfolg des gewerblichen Nutzers haben. Daher wird von den Betreibern in Zukunft mehr Transparenz verlangt werden.

Demnach muss gegenüber den gewerblichen Nutzern unmissverständlich klargestellt werden, welche Parameter für eine Reihung gleicher Produkte oder Dienstleistungen relevant sind bzw. welche Gewichtung den jeweiligen Faktoren zukommt. Sofern die Möglichkeit besteht, dass Unternehmen Rankings oder Hervorhebungen bei Suchergebnissen gegen Entgelt zu ihren Gunsten beeinflussen können, müssen sie auch darüber informiert werden. Art 5 Abs 6 P2B-VO relativiert die Vorgaben des Gesetzgebers allerdings dahingehend, dass die Plattform-Betreiber nicht dazu verpflichtet sind, detaillierte Auskünfte über die angewandten Algorithmen in Zusammenhang mit der vorgenommenen Reihung zu erteilen.

3.    Konfliktbeilegung

Neben den eben erläuterten Informations- und Offenlegungspflichten sieht die P2B-VO auch Regelungen für den Streitfall zwischen den Parteien vor. Um eine außergerichtliche Konfliktbeilegung zu fördern, sind die Betreiber nunmehr verpflichtet, ein internes Beschwerdesystem für gewerbliche Nutzer einzurichten. Dieses soll z. B. im Fall einer (aus Sicht des Nutzers) nicht nachvollziehbaren Herabsetzung innerhalb eines Produktrankings als erste Anlaufstelle dienen. Gewerbliche Nutzer können das System verwenden, um etwaige Auffassungsunterschiede mit dem Plattformbetreiber zu beseitigen.

Darüber hinaus sind Plattformbetreiber in Zukunft dazu verpflichtet, in ihren AGB mindestens zwei Mediatoren zu nennen. Diese sollen im Streitfall ein Mediationsverfahren mit den Streitparteien durchführen. Zu beachten ist allerdings, dass die Durchführung eines solchen Verfahrens unverbindlich ist. Davon abgesehen sieht die P2B-VO Ausnahmen für kleine Unternehmen mit weniger als 50 Beschäftigten, deren Jahresumsatz und Jahresbilanz 10 Mio. EUR nicht überschreiten, vor.

4.    Sonstige Neuerungen

•    Datenzugang: Plattformbetreiber sind regelmäßig in der Lage, über die Daten, die durch die Tätigkeit des jeweiligen Nutzers auf der betreffenden Plattform generiert werden, zu verfügen. Gemäß der P2B-VO müssen Plattform-Betreiber ihre Nutzer über die jeweiligen Bedingungen, den Umfang und die Art des Zugriffs auf personenbezogene Daten aufklären. Dies hat keinen Einfluss auf die Anwendung der Datenschutz-Grundverordnung („DSGVO“).

•    Differenzierte Behandlung: In vielen Fällen bietet auch der Plattformbetreiber Waren/Dienstleistungen auf seiner eigenen Plattform an. Diese könnten in einem Konkurrenzverhältnis mit jenen der gewerblichen Nutzer stehen. Sollte für die „eigenen“ Waren/Dienstleistungen des Betreibers eine bevorzugte Behandlung vorgesehen sein, so sind gemäß Art 6 P2B-VO sämtliche gewerblichen Nutzer davon zu informieren. Zur Klarstellung: Eine Verpflichtung zur Gleichbehandlung aller Waren/Dienstleistungen ist darin nicht zu sehen.

•    Nebenwaren- und Dienstleistungen: Häufig werden Kunden im Rahmen des Vertragsabschlusses im Zusammenhang mit der Hauptleistung des gewerblichen Nutzers auch sog. Nebenwaren bzw. Nebendienstleistungen (z.B. vom Plattformbetreiber oder einem Dritten) angeboten. Die P2B-VO verlangt nunmehr die vollkommene Aufklärung des gewerblichen Nutzers im Hinblick auf derartige Nebenleistungen. Auch ist der gewerbliche Nutzer darüber zu informieren, unter welchen Bedingungen er selbst Nebenleistungen (zusätzlich zu seiner Hauptleistung) erbringen kann.

Konsequenzen bei Nicht-Beachtung der  P2B-Verordnung

Wie bereits erwähnt, kann eine Formulierung in den AGB des Plattformbetreibers, die nicht den Vorgaben der Verordnung entspricht, grundsätzlich die Nichtigkeit der betreffenden Bestimmung zur Folge haben. In diesem Kontext ist außerdem erwähnenswert, dass ab dem Inkrafttreten der P2B-VO nicht nur die jeweiligen betroffenen gewerblichen Nutzer, sondern auch repräsentative Organisationen, Verbände und öffentliche Stellen die Möglichkeit haben, Plattformbetreiber bei Verstößen gegen die P2B-VO rechtlich in Anspruch zu nehmen.

Art 15 P2B-VO regelt die Durchsetzung des Verordnungsinhalts. Demnach ist vorgesehen, dass die Mitgliedstaaten selbst auf nationaler Ebene für eine angemessene und wirksame Durchsetzung zu sorgen haben. Vorgesehene Maßnahmen bei Verstößen haben dabei „[…] wirksam, verhältnismäßig und abschreckend“ zu sein. Kurzum bedeutet dies, dass es für Sanktionen bei Nichtbeachtung der eben dargestellten Regelungen innerhalb der EU bis dato keinen einheitlichen Rechtsrahmen gibt. Inwiefern sich die Mitgliedstaaten beim Erlass dieser Rechtsakte untereinander abstimmen werden, bleibt abzuwarten.

Ausblick

Die P2B-VO stellt eine Maßnahme zur Mindestharmonisierung des Binnenmarktes dar. Die Mitgliedstaaten sind daher nach wie vor berechtigt, einen strikteren Maßstab gegenüber Plattformbetreibern an den Tag zu legen, solange damit nicht gegen Unionsrecht verstoßen wird. 

Auch wenn ein Teil der Neuregelungen (Stichwort „unverbindliches Streitbeilegungsverfahren“) doch etwas zahnlos erscheint, wird damit jedenfalls ein Grundstein für einen einheitlichen Rechtsrahmen für Online-Plattformen gelegt. Inwieweit es dadurch möglich sein wird, den unfairen Vorgehensweisen so mancher Betreiber tatsächlich entgegenzuwirken, wird sich in den Monaten nach Inkrafttreten der P2B-VO zeigen.

Den Plattformbetreibern kann jedenfalls geraten werden, dem nicht zu unterschätzenden Anpassungsbedarf im Hinblick auf die P2B-VO zeitnah Beachtung zu schenken und gegebenenfalls rechtzeitig die notwendigen Maßnahmen zu setzen.
 

Autoren

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Johannes Juranek
Managing Partner
Wien
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Martin Rainer