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Aktuelles zum Mietrecht - Defekter Boiler und Mietzinsanhebung bei Geschäftsraummiete

2014-01

Zwei aktuelle mietrechtliche Entscheidungen schaffen zwar Rechtssicherheit, sind aber höchst unbefriedigend.

1. Mietzinsminderung bei defektem Boiler; Pflicht des Mieters zum Austausch des Boilers?

Ob Mieter oder Vermieter für die Reparatur von mitvermieteten Geräten (Therme, Boiler, Herd) im Altbau aufzukommen haben, beschäftigt Praxis wie Rechtsprechung seit geraumer Zeit. Zumindest im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes („MRG“) lautet die vielleicht überraschende Antwort des OGH: Weder Mieter noch Vermieter sind verantwortlich. Das MRG legt zwar in § 3 Erhaltungspflichten des Vermieters und in § 8 Instandhaltungspflichten und Wartungspflichten des Mieters fest, dadurch ist jedoch nicht gesagt, dass die Pflichten des einen dort beginnen, wo die Pflichten des anderen aufhören. Es besteht daher ein Zwischenbereich oder „Graubereich“, in dem der Mieter zur Reparatur defekter Geräte nicht verpflichtet ist bzw. nicht vertraglich verpflichtet werden kann, aber auch der Vermieter hierfür nicht aufzukommen hat.

Ist die Therme defekt, so steht dem Mieter aber ein Anspruch auf Mietzinsminderung wegen Gebrauchsminderung des Mietgegenstands (bspw. durch Unbeheizbarkeit) gemäß § 1096 ABGB zu, allerdings nur so lange, bis der Boiler repariert oder ausgetauscht wird. Veranlasst dies der Mieter selbst, so endet damit sein Anspruch auf Minderung des Mietzinses. Das hat ein skurriles Ergebnis zur Folge: Je unerträglicher für den Mieter die Behausungssituation ist und je rascher er den Boiler repariert, desto geringer ist sein Anspruch auf Mietzinsminderung. Das Gesetz räumt dem Mieter nur nach Beendigung des Mietverhältnisses Anspruch auf teilweisen Ersatz der Therme auf Basis einer zehnjährigen Abschreibungsdauer ein.

Dass diese Rechtslage unbefriedigend ist, spricht der OGH in seiner Entscheidung offen aus, zugleich stellt er aber fest, dass es nicht Aufgabe der Rechtsprechung sei, unbefriedigende Gesetzesbestimmungen zu ändern.

Auswirkungen auf die Praxis

Das OGH-Urteil lässt sich beinahe als Appell an den Gesetzgeber lesen, die Frage der Erhaltungspflichten bei Mietobjekten zu klären. Nach derzeitiger Rechtslage wird wohl zumeist der Vermieter am längeren Hebel sitzen, wenngleich die Ansprüche des Mieters aus Mietzinsminderung, bspw. bei längerer Unbeheizbarkeit des Mietobjekts, erheblich sein können.

2. Mietzinserhöhung bei Geschäftsraummiete – Machtwechseltheorie

Wird ein Unternehmen veräußert, bestimmt § 12a MRG, dass der Vermieter der Geschäftsräumlichkeiten im Vollanwendungsbereich des MRG berechtigt ist, den Mietzins auf den angemessenen Mietzins nach § 16 MRG zu erhöhen; das ist insbesondere bei Altverträgen wirtschaftlich höchst relevant. Ist eine juristische Person oder Personengesellschaft Mieter und werden deren Anteile (teilweise) veräußert, so ist nach der Lehre auf den sogenannten „Machtwechsel“ in der Mietergesellschaft abzustellen. Einzelheiten, wann ein Machtwechsel vorliegt, wurden in der Judikatur bislang nicht einheitlich gelöst.

Eindeutig bejaht wird das Recht des Vermieters, den Mietzins anzuheben, wenn z. B. 51 % der Gesellschaftsanteile an der Mietergesellschaft verkauft werden, oder wenn der 51%ige Gesellschafter 2 % seiner Anteile an den 49%igen Minderheitsgesellschafter verkauft und dieser dadurch die Anteilsmehrheit erlangt: Hier wird vom „Kippen der Mehrheitsverhältnisse“ gesprochen.

In einer aktuellen Entscheidung1 – in Abweichung von einer früheren Entscheidung2 – bestätigt der OGH erneut die Machtwechseltheorie, allerdings mit einem unerwarteten (und überraschenden) Ergebnis. Im Anlassfall gab es im Lauf der Zeit mehrfache Anteilsveräußerungen von Minderheitsanteilen. In Summe wechselten über 80 % der Anteile die Inhaber, jedoch hielt jeder Erwerber, wie auch jeder Veräußerer davor, nur einen Minderheitsanteil. Laut OGH lagen deshalb kein Machtwechsel und keine neue Begründung „entscheidender rechtlicher und wirtschaftlicher Einflussmöglichkeiten“ (so der Gesetzeswortlaut) vor, weshalb der Vermieter zur Mietzinserhöhung nicht berechtigt war, obwohl sich die Gesellschaft nunmehr fast gänzlich in anderen Händen befand.

Auswirkungen auf die Praxis

Die Lösung des OGH bewirkt vor allem bei Aktiengesellschaften im Streubesitz eine erheblich vereinfachte Anwendung des § 12a MRG, schließlich ist hier schon der Nachweis von Anteilsveräußerungen mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Ob diese Lösung indes den Intentionen des Gesetzgebers entspricht und sachgerecht ist, kann bezweifelt werden. Warum die Veräußerung eines Mehrheitsanteils – zu Lasten des Vermieters – anders behandelt werden soll als der Verkauf von mehreren Minderheitsanteilen in derselben Höhe, ist nicht ersichtlich und eröffnet Möglichkeiten zur unbegrenzten Perpetuierung von billigen Altverträgen.

1 OGH 20.11.2012, 5 Ob 91/12m.
2 OGH 10.2.2004, 5 Ob 262/02v.

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