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Geldzahlungsgebot für kollektivvertragliches Mindestentgelt

22/08/2016

Legt ein Kollektivvertrag – wie üblich – das Mindestentgelt in Euro-Beträgen fest, besteht ein Geldzahlungsgebot.

Arbeitgeber und Arbeitnehmer hatten vereinbart, dass der Vorteil für die zulässige Privatnutzung des Dienstwagens („geldwerte Sachbezug“) auf das kollektivvertragliche Mindestentgelt anzurechnen ist. Der Arbeitnehmer erhielt ein um den Sachbezug reduziertes laufendes Entgelt. Das Arbeitsverhältnis unterlag dem Kollektivvertrag für die Handelsangestellten. Der Arbeitnehmer klagte auf die Differenz und bekam Recht. Der OGH entschied über eine seit langer Zeit strittige Frage.

Das kollektivvertragliche Mindestentgelt bezweckt die Existenzsicherung und dient der Abdeckung von Elementarbedürfnissen, wie Nahrung und Wohnraum. Das Mindestentgelt müsse zur freien Verfügung bleiben. Das Geldzahlungsgebot gewährleistet, dass dem Arbeitgeber keine Abzugsrechte zustehen, die nicht gesetzlich oder kollektivrechtlich eröffnet werden. Ausnahmen kann der Kollektivertrag selbst vorsehen, sofern dabei die Zweckbestimmung der Existenzsicherung eingehalten wird. Der Kollektivvertrag für die Handelsangestellten normiert aber eine (reine) Geldschuld. Anhaltspunkte für eine andere Auslegung ergeben sich aus dem Kollektivvertrag nicht (OGH 9 ObA 92/15t). Die Anrechnung der Privatnutzung des Dienstwagens war daher unzulässig, der Arbeitnehmer erhielt die Differenz samt Zinsen im Namen der Republik.

Die Vereinbarung einer Überstundenpauschale unter Einschluss des Sachbezugs eines zulässig privat genutzten Dienstwagens ist hingegen zulässig (OGH 9 ObA 161/01v). Begründet wird dies mit dem unterschiedlichen Zweck. Die Abgeltung von Überstunden dient nicht der Abdeckung von Elementarbedürfnissen.

Die in manchen Branchen übliche Praxis, beispielsweise „Kost und Logis“ auf das Mindestentgelt anzurechnen, setzt daher eine entsprechende Regelung im anzuwenden Kollektivvertrag voraus. Nur wenn der Kollektivvertrag als lohngestaltende Vorschrift selbst eine Anrechnung von Naturalleistungen auf das Mindestentgelt zulässt, ist eine solche rechtmäßig. Zu beachten ist das Geldzahlungsgebot auch im Zusammenhang mit der aktuell „populären“ steuerbegünstigten Bezugsumwandlung. Dabei kommt es zu einer Umwidmung von Entgeltbestandteilen in Beiträge zur Zukunftsvorsorge mit Zustimmung des Arbeitnehmers. Die meisten Kollektivverträge, die eine solche Möglichkeit im Sinne des § 26 Z 7 lit a EStG 1988 eröffnen, sehen aber ohnedies vor, dass durch eine Bezugsumwandlung das kollektivvertragliche Mindestentgelt nicht geschmälert werden darf.

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Jens Winter
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Wien