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Geschäftsführer und Vorstände aufgepasst: Der 30. September naht – Jahresabschluss offenlegen – Zwangsstrafe vermeiden

19/09/2013

Alle Kapitalgesellschaften (AG, GmbH, SE) müssen ihre Jahresabschlüsse spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag beim Firmenbuchgericht offenlegen, dh beim Firmenbuchgericht einreichen. Den Kapitalgesellschaften sind aufsichtsratspflichtige Genossenschaften und Personengesellschaften, bei denen keine natürliche Person unbeschränkt haftet – wie zB GmbH & Co KG, GmbH & Co OG; Verein & Co KG; Genossenschaft & Co KG, ausländische Limited & Co KG – gleichgestellt.

Diese Offenlegungsverpflichtung trifft sämtliche Geschäftsführer, Vorstände oder Liquidatoren (i.e. gesetzliche Vertreter) der jeweiligen Gesellschaft, unabhängig von ihrer internen Geschäftsverteilung.

Was ist offenzulegen?

Offenzulegen sind der Jahresabschluss und der Lagebericht, ggf auch der Corporate Governance-Bericht, der Bestätigungsvermerk des Jahresabschlussprüfers (sofern Prüfungspflicht besteht), der Bericht des Aufsichtsrats (sofern ein solcher bestellt ist) sowie der Vorschlag für die Verwendung des Ergebnisses (Gewinnes) und der Gewinnverwendungsbeschluss der Gesellschafter/Aktionäre.

Besteht eine Verpflichtung zur Aufstellung des Konzernabschlusses, so sind auch dieser sowie der Konzernlagebericht offenzulegen.

Ferner ist auch jedenfalls anzugeben, in welche Größenklasse die Gesellschaft im betreffenden Geschäftsjahr einzuordnen ist.

Erleichterungen für „kleine“ Kapitalgesellschaften:

a) Für „kleine“ GmbH gelten Erleichterungen: So muss anstelle des gesamten Jahresabschlusses nur die Bilanz samt Anhang, nicht aber die Gewinn- und Verlustrechnung, eingereicht werden. Und in der Bilanz kann die Detailuntergliederung unterbleiben. Ist die kleine GmbH prüfungspflichtig, so ist auch der Bestätigungsvermerk einzureichen.

b) Für die Offenlegung „kleiner“ und „mittelgroßer“ Aktiengesellschaften und „mittelgroßer“ GmbH müssen bei der Offenlegung gewisse Bilanzpositionen nicht detailliert angegeben werden. Umsatzerlöse und Wareneinsatz dürfen zu einem Posten unter der Bezeichnung „Rohergebnis“ oder „Bruttoergebnis vom Umsatz“ saldiert werden. Ferner bestehen für Angaben des Anhangs gewisse Erleichterungen (§ 279 UGB).

c) Vorstände „großer Aktiengesellschaften“ haben die Veröffentlichung des Jahresabschlusses unmittelbar nach seiner Behandlung in der Hauptversammlung, jedoch spätestens neun Monate nach dem Bilanzstichtag, samt Bestätigungsvermerk in der Wiener Zeitung zu veranlassen und den Nachweis darüber gleichzeitig mit den weiteren Unterlagen zum Firmenbuch einzureichen.

Frist zur Offenlegung:

Die Frist zur Offenlegung beträgt neun Monate nach dem Bilanzstichtag. Wurde der Jahresabschluss bis dahin noch nicht durch die Generalversammlung oder Hauptversammlung beschlossen und festgestellt, so ist der Entwurf des Jahres- oder Konzernabschlusses zum Firmenbuchgericht einzureichen.

Pflicht zur elektronischen Einreichung des Jahresabschlusses

Der Jahresabschluss und die anderen Unterlagen müssen grds elektronisch eingereicht werden; sie werden in die Datenbank des Firmenbuchs aufgenommen. Überschreiten die Umsatzerlöse der letzten zwölf Monate vor dem Abschlussstichtag nicht € 70.000,-, kann der Jahresabschluss auch in Papierform eingereicht werden, muss allerdings für die Aufnahme in die Datenbank des Firmenbuchs geeignet sein. Der BMJ hat dazu eine Formblatt-Verordnung erlassen.

Achtung: Werden die Unterlagen nur postalisch, aber nicht elektronisch eingereicht, obwohl die Verpflichtung dazu besteht, können Zwangsstrafen verhängt werden.

Pflicht zur Einreichung des Jahres- oder Konzernabschlusses zum Firmenbuch – andernfalls werden Zwangsstrafen automatisch verhängt

Für Geschäftsführer bzw. Vorstandsmitglieder von Gesellschaften mit Bilanzstichtag

31. Dezember bedeutet dies folgendes:

Sie haben den Jahresabschluss 2012 samt Lagebericht spätestens bis zum 30. September 2013 (i.e. 9 Monate nach Bilanzstichtag) beim Firmenbuchgericht einzureichen. Andernfalls muss (!) das Firmenbuchgericht automatisch – ohne vorangehendes Verfahren und ohne vorangehende Nachfristsetzung oder Androhung – eine Zwangsstrafe von € 700 pro Geschäftsführer/Vorstand und pro Gesellschaft verhängen. Bei einer Gesellschaft mit zwei Geschäftsführern beträgt die Zwangsstrafe daher pro Festsetzung € 2.100 [=2 Geschäftsführer + Gesellschaft = 3 x € 700].

Einspruch gegen Zwangsstrafe:

Gegen die Zwangsstrafverfügung kann binnen 14 Tagen nach Zustellung Einspruch erhoben werden, der – sofern er begründet und rechtzeitig erhoben ist – die Zwangsstrafverfügung automatisch außer Kraft setzt, sodass über die Zwangsstrafe im ordentlichen Verfahren zu entscheiden ist. Sinnvoll ist dieses Vorgehen nur, wenn der Geschäftsführer/Vorstand durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der fristgerechten Offenlegung gehindert war. Denn nur in diesem Fall kann bzw. muss das Gericht von der Verhängung der Zwangsstrafe absehen, wenn die Jahresabschlüsse nicht spätestens am letzten Tag der Offenlegungsfrist (9 Monate nach Bilanzstichtag) bzw. vor dem Tag der Erlassung der Zwangsstrafverfügung beim zuständigen Firmenbuchgericht eingereicht werden.

Neuerliche Verhängung von Zwangsstrafen:

Kommen die Geschäftsführer/Vorstandsmitglieder der Offenlegungspflicht auch während der nächsten zwei Monate nach Ablauf der ursprünglichen Offenlegungsfrist nicht nach, so ist eine weitere Zwangsstrafe zu verhängen. Solange der Jahresabschluss nicht offengelegt wird, sind die Zwangsstrafen im Abstand von zwei Monaten auch wiederholt festzusetzen. Dabei erhöht sich die Zwangsstrafe für Geschäftsführer/Vorstände einer „mittelgroßen“ Gesellschaft auf das Dreifache (sohin € 2.100,-), bei „großen“ Gesellschaften auf das Sechsfache (sohin € 4.200,-).

Auf welche Umstände kann sich ein Geschäftsführer/Vorstand, Liquidator oder Insolvenzverwalter berufen, um die Zwangsstrafe erfolgreich abzuwenden?

Wollen die Geschäftsführer/die Vorstandsmitglieder die Zwangsstrafe abwenden, müssen sie nachweisen, dass sie alles in ihrer Macht Stehende unternommen haben, um die rechtzeitige Erfüllung ihrer gesetzlichen Offenlegungspflicht zu gewährleisten, die Offenlegung aber aufgrund eines unvorhergesehenen oder unabwendbaren Ereignisses nicht möglich ist/war.

Die bloße Behauptung der Unmöglichkeit bzw. Untunlichkeit der fristgerechten Offenlegung des Jahresabschlusses reicht prinzipiell nicht aus, um die Zwangsstrafe abzuwenden. Die Geschäftsführer/Vorstandsmitglieder müssen die Umstände, welche sie an der fristgerechten Offenlegung der Unterlagen hindern, konkret (und nachvollziehbar) angegeben.

Entschuldigungsgründe: Bisher haben Gerichte in folgenden Fällen von der Verhängung einer Zwangsstrafe abgesehen:
  1. Nachdem die frühere Buchhaltungskanzlei der Gesellschaft ihre Tätigkeit für die Gesellschaft eingestellt hat und es dem Geschäftsführer trotz mehrmaliger Aufforderung bisher nicht möglich war, alle Unterlagen vollständig und rechtzeitig von der bisherigen Buchhaltungskanzlei zu erlangen. Voraussetzung hierfür sind allerdings entsprechende zeitgerechte (nachweisliche) Bemühungen des Geschäftsführers, die Unterlagen wiederzuerlangen.
  2. Wenn sich die Gesellschaft in Insolvenz befindet: Bei Masseunzulänglichkeit, die öffentlich bekannt gemacht wurde, wird die Erstellung eines Jahresabschlusses tatsächlich unmöglich sein, weil kein Steuerberater, der die Masseunzulänglichkeit kennt, bereit sein wird, Leistungen für ein insolventes Unternehmen zu erbringen.Die Behauptung der Mittellosigkeit ohne nähere Substantiierung reicht hingegen nicht aus, um die Zwangsstrafe abzuwenden.
  3. Die Rechnungslegung kann für einen Insolvenzverwalter entfallen, wenn dies im Einzelfall untunlich bzw. unwirtschaftlich wäre.Dies könnte etwa der Fall sein, wenn der Aufwand zur Erstellung eines Jahresabschlusses zu einer relevanten Schmälerung der Konkursquote führen würde (hierfür werden entsprechende Angaben zur Quote gefordert). Dass die mit der Erstellung des Jahresabschlusses verbundenen Kosten zu Lasten der Konkursgläubiger gehen, reicht allerdings nicht aus.Der Insolvenzverwalter kann sich – im Gegensatz zu den Geschäftsführern oder Vorstand – darauf berufen, dass die Buchhaltung für den vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens liegenden Zeitraum aufgrund fehlender Unterlagen nicht rekonstruierbar ist und die Erstellung und Offenlegung von Jahresabschlüssen daher unmöglich ist.Eine nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens hervorkommende Masseunzulänglichkeit, führt nur dann zur Untunlichkeit der Erstellung eines Jahresabschlusses, wenn das Unternehmen nach Insolvenzeröffnung unverzüglich geschlossen wird bzw. lediglich Liquidationshandlungen vorgenommen werden.
Keine Rechtfertigung für die verspätete bzw. nicht erfolgte Offenlegung stellen folgende Gründe dar, sodass die Zwangsstrafe in folgenden Fällen zu Recht verhängt wurde:
  • Die Steuererklärung hat sich wegen fehlender Formulare verzögert.
  • Die Gesellschaft übt keine Tätigkeit (mehr) aus.
  • Die Gesellschaft hat noch keine Tätigkeit aufgenommen (etwa in einem Rumpfgeschäftsjahr).
  • Solange die Gesellschaft als werbendes Unternehmen geführt wird, ist der Einwand der Vermögenslosigkeit jedenfalls irrelevant.
  • Die Aufbewahrungsfrist für die notwendigen Unterlagen jener Jahre, für welche nun die Offenlegung gefordert wird, ist abgelaufen.
  • Eine Betriebsprüfung ist anhängig.
  • Die für die Erstellung des Jahresabschlusses erforderlichen Unterlagen wurden gepfändet oder im Zuge eines Strafverfahrens beschlagnahmt. Im Hinblick auf die bestehende Ablichtungsmöglichkeit reichen diese Umstände für die Dartuung der Unmöglichkeit der Offenlegung nicht aus.
  • Die Buchhaltungsunterlagen befinden sich bei einer anderen Gesellschaft, sofern sie dort beschaffbar oder ablichtbar sind.
  • Der Geschäftsführer ist chronisch erkrankt bzw. hat ein fortgeschrittenes Alter erreicht
  • Die Gesellschaft hat seit mehreren Jahren keine Umsätze getätigt
  • Zur ordnungsgemäß einberufenen Hauptversammlung zur Feststellung der Jahresabschlüsse erschien der Alleinaktionär nicht
  • Die „EDV“ hat die Jahresabschlüsse nicht rechtzeitig an das Firmenbuchgericht weitergeleitet. Anmerkung: Geschäftsführer haben nämlich bei der Online-Einreichung von Jahresabschlüssen auf wirksame Weise zu kontrollieren ist, ob die Übermittlung auch tatsächlich zustande gekommen ist (etwa durch Einsicht in ein entsprechendes Übermittlungsprotokoll). Vorsicht: Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder sind nur dann straffrei, wenn sie durch zweckentsprechende Organisationsmaßnahmen in ihrem Geschäftsbereich für die Erfüllung der Offenlegungspflicht gesorgt haben.

Autoren

Foto vonJohannes Reich-Rohrwig
Johannes Reich-Rohrwig
Partner
Wien