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Rechtsprechung des OGH – klassische Management-Buy-Out-Finanzierung endgültig vor dem Aus?

2013-04

In seiner unter Transaktionsjuristen und Banken viel beachteten Entscheidung 6 Ob 48/12w vom 20.3.2013 hat sich der OGH in einem „Rundumschlag“ mit zahlreichen Aspekten der Management-Buy-Out-Finanzierung (MBO-Finanzierung) auseinandergesetzt und für viel Verunsicherung gesorgt.

Der OGH befasste sich konkret mit dem Fall des Kaufs der Anteile an einer GmbH durch ihren Geschäftsführer. Dieser hatte zu diesem Zweck eine eigene Akquisitionsgesellschaft gegründet, deren Anteile er zu 100 % hielt. Sodann nahm das neu gegründete Akquisitionsvehikel einen Kredit zum Zweck der Finanzierung des Anteilskaufs auf. Der Kredit der Zielgesellschaft wurde in der Folge ebenfalls von der Akquisitionsgesellschaft übernommen. Mit Hilfe der dadurch erlangten finanziellen Mittel erwarb der Manager mittelbar über das Akquisitionsvehikel alle Anteile an der Zielgesellschaft. Diese wurde aus steuerrechtlichen Gründen mit Wissen, aber nicht auf Betreiben der finanzierenden Bank up-stream mit der Akquisitionsgesellschaft verschmolzen.

Die fusionierte Gesellschaft bediente die Kredite über mehrere Jahre. Danach wurde über ihr Vermögen der Konkurs eröffnet. Der Insolvenzverwalter begehrte sohin die Rückzahlung der bereits geleisteten Kreditraten von der Kredit gewährenden Bank mit der Begründung, dass es sich bei diesen um eine verbotene Einlagenrückgewähr gehandelt habe.

Verbot der Einlagenrückgewähr

Zweck des Verbots der Einlagenrückgewähr ist die umfassende Sicherung des Vermögens der Kapitalgesellschaft als Haftungsfonds für ihre Gläubiger. Daher sind Leistungen der Gesellschaft an Gesellschafter verboten, wenn sie nicht Teil der Gewinnverteilung sind. Erlaubt sind Leistungen der Gesellschaft an einen Gesellschafter, sofern sie einem Drittvergleich (z. B. Marktpreis) standhalten.

Im Falle des Verstoßes hat die Gesellschaft einen Anspruch auf Rückzahlung gegen jene Gesellschafter, die die verbotswidrigen Zahlungen (Leistungen) empfangen haben. Darüber hinaus können unter bestimmten Umständen auch gesellschaftsfremde Dritte zur Rückgabe empfangener Zahlungen verpflichtet werden.

Eckpunkte der Entscheidung

Wirtschaftliche Betrachtung

Laut OGH hat sich der Manager unzulässigerweise die eigene Kreditaufnahme erspart, weil der Kredit von der (letztlich fusionierten) Gesellschaft zurückzuzahlen gewesen sei. Diesfalls stelle jede von der fusionierten Gesellschaft zurückgezahlte Kreditrate zugleich eine verbotene Einlagenrückgewähr an deren Alleingesellschafter dar. Der OGH führt allerdings nicht aus, welcher Schritt der Einlagenrückgewähr entspricht, sondern nimmt eine wirtschaftliche Gesamtbetrachtung an.
Diese wirtschaftliche Gesamtbetrachtung der de-facto-Bezahlung der Schulden des eigenen Erwerbs durch die Zielgesellschaft ist freilich ein Resultat der Verschmelzung und daher auf solche Fälle einzuschränken. Es kann daraus jedoch nicht die allgemeine Unzulässigkeit jeder Kreditaufnahme durch eine Gesellschaft abgeleitet werden, wenn diese auch durch deren Gesellschafter hätte erfolgen können.

Bank verliert bei Kenntnis den Anspruch auf Rückzahlung des Kredits

Wenn die Bank von der von den Beteiligten intendierten und gesetzeswidrigen Transaktionsstruktur zum Zeitpunkt der Zuzählung der Kreditsumme (somit u. U. erst nach Vertragsabschluss!) wusste, ist sie sogar als Dritte (Gesellschaftsfremde) zur Rückgabe der bereits erhaltenen Kreditraten verpflichtet. Im Ergebnis verliert die Bank daher den Anspruch auf Rückzahlung des von ihr gewährten Kredits.

Auswirkungen auf die Finanzierungspraxis

Die marktübliche Akquisitionsfinanzierung über eine eigens dafür gegründete Gesellschaft ist grundsätzlich weiterhin zulässig.

Eine Verschmelzung von operativer Tochter und Akquisitionsvehikel ist jedoch – wie schon bisher – bedenklich, solange der Akquisitionskredit auch nur teilweise aushaftet und der aushaftende Kredit nur durch freie Mittel der operativen Gesellschaft gedeckt werden kann.

Insbesondere können auch Banken als nicht unmittelbar an der Transaktion beteiligte Dritte den Anspruch auf Rückzahlung der von ihnen zur Verfügung gestellten Finanzierung verlieren.

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