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Vorstandsdienstverträge: teure Abfindung oder Koppelungsklausel

20/12/2011

Oft erreicht die „Auszahlung“ der restlichen Vertragslaufzeit eines Vorstandsmitgliedes eine so abschreckende Höhe, dass sich der Aufsichtsrat dreimal überlegt und sich davor scheut, Vorstandsmitglieder vorzeitig abzuberufen. Nur wenn die vorzeitige Abberufung aus wichtigem Grund gerechtfertigt und der wichtige Grund zugleich ein Entlassungsgrund ist, können die Entgeltszahlungen vorzeitig eingestellt werden.

Das Vorliegen eines Abberufungsgrundes bedeutet nicht notwendigerweise auch das Vorliegen eines wichtigen Grundes für die sofortige Auflösung des Anstellungsvertrages. Die Voraus­setzungen für die vorzeitige Abberufung sind weniger streng als jene für die vorzeitige Auflösung des Anstellungsvertrages. Und darüber besteht meist Streit.

Aus der Sicht der Aktiengesellschaft als Arbeitgeber empfiehlt es sich, Vorstandsdienstverträge mit Koppelungsklauseln zu versehen: Danach endet die Pflicht zur Weiterzahlung der laufenden Bezüge, wenn das Vorstandsmitglied wirksam vorzeitig abberufen wird. Wenn die Vertragsgestaltung nicht „knallhart“ und unmenschlich erfolgen soll, wird die AG dem Vorstandsmitglied bei unverschuldeter vorzeitiger Abberufung noch eine Art Kündigungsentschädigung für drei bis zwölf Monate zusagen. Weniger „rigorose“ Gestaltungen sehen einen Verlust nur bestimmter Ansprüche im Falle der Abberufung vor.

War die Zulässigkeit von Koppelungsklauseln, insbesondere die Grenzen für deren Gestaltung, bisher umstritten, hat der OGH in zwei jüngeren Entscheidungen geklärt, dass Koppelungsklauseln zulässig sind. Die Abberufung führt zur sofortigen Beendigung des Anstellungsvertrages, wenn der Abberufung ein „Entlassungsgrund“ zugrunde liegt. Liegt kein Entlassungsgrund vor, wie oftmals bei Vertrauensentzug durch die Hauptversammlung, endet der Anstellungsvertrag erst zum nächstmöglichen Kündigungstermin mit Ablauf der gesetzlich für eine Kündigung vorgesehenen Frist (14 Tage bis vier Wochen), wobei die Frist mit der Verständigung von der Abberufung beginnt. Im Detail wirft vor allem die jüngste Entscheidung (OGH 1 Ob 190/09m) zahlreiche Fragen auf.

Auswirkungen für die Praxis

Beide Seiten, daher sowohl die AG als auch das einzelne Vorstandsmitglied, tun gut daran, die jüngste Entscheidung zumindest bei der Gestaltung von Anstellungsverträgen zu berücksichtigen. Eine die Interessen beider Vertragsparteien wahrende Regelung ist geboten.

Vorsicht: Vorstandsmitglieder sind – anders als Fremdgeschäftsführer einer GmbH – keine Arbeitnehmer, sondern freie Dienstnehmer. Koppelungsklauseln finden sich in der Praxis mitunter auch in Arbeitsverträgen mit GmbH-Geschäftsführern. Da auf Fremdgeschäftsführer einer GmbH das gesamte Arbeitsrecht zwingend Anwendung findet, folgen die Grenzen der Zulässigkeit einer Koppelungsklausel ganz anderen Spielregeln.

Autoren

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Jens Winter
Partner
Wien