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Arbeitszeitregelung „nach Dienst- und Einsatzplänen“ unzulässig

UPDATE ARBEITSRECHT 09/2018

September 2018

Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der sich die Arbeitszeit nach den Dienst- und Einsatzplänen richtet, verlagert das Betriebsrisiko einseitig auf den Arbeitnehmer und ist damit unzulässig. Der Mitarbeiter hat bei derartigen Konstellationen Anspruch auf Nachzahlung von Arbeitslohn – urteilten jüngst die Richter des LAG Düsseldorf.

Der Fall: Der klagende Arbeitnehmer war als sogenannter Roomboy bei einem Dienstleistungsunternehmen beschäftigt und wurde zur Reinigung von Gästezimmern und Suiten in einem Hotel eingesetzt. Das Unternehmen zahlte den Mitarbeitern den jeweils geltenden Tarifmindestlohn von zuletzt EUR 9,80 brutto. In dem Arbeitsvertrag war unter anderem Folgendes geregelt:

„Die regelmäßige Arbeitszeit richtet sich nach den Dienst- und Einsatzplänen. Eventuelle Mehrarbeit, die nicht aus dem Dienst- oder Einsatzplan hervorgeht, ist nur auf ausdrückliche Anweisung des Arbeitgebers zulässig. Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit richten sich nach der betrieblichen Einteilung. […]"

In den Monaten November 2015 bis Mai 2016 zahlte das Unternehmen dem Mitarbeiter monatliche Nettobeträge zwischen EUR 430 und EUR 970 aus – basierend auf sogenannten Stundenblättern, auf denen die Anzahl der Zimmer und Suiten ausgewiesen war, die von dem Arbeitnehmer zu reinigen waren. Pro zu reinigendem Zimmer wurden dabei 30 Minuten und pro zu reinigender Suite 45 Minuten zugrunde gelegt. Für Juni 2016 zahlte das Unternehmen kein Gehalt.

Der Mitarbeiter erklärte vor Gericht, dass er die Stundenzettel für mehrere Wochen stets im Voraus blanko unterzeichnen musste und diese erst im Nachgang vom Dienstleistungsunternehmen ausgefüllt wurden, so dass auch für Tage, an denen er gar nicht gearbeitet habe (insbesondere Urlaubs- und Krankheitstage) von ihm unterzeichnete Stundenzettel vorlägen. Es handele sich um die rein statistische Wiedergabe der ihm zugewiesenen Zimmerzahl multipliziert mit 30 bzw. 45 Minuten. Tatsächlich habe er von November 2015 bis Juni 2016 Arbeitsleistungen erbracht, die zwischen 127 und 243 Stunden monatlich gelegen hätten. Er verlangte für diesen Zeitraum daher die Zahlung von rund EUR 15.000 brutto abzüglich bereits erhaltener Vergütung i. H. v. rund EUR 4.400 netto.

Das Unternehmen kündigte das Arbeitsverhältnis außerdem zum 30. Juni 2016 aus betriebsbedingten Gründen und führte aus, das Hotel habe den Einsatz des Mitarbeiters nicht mehr gewünscht. Gegen diese Kündigung wandte sich der Arbeitnehmer ebenfalls und machte für die Zeit ab August 2016 bis Februar 2017 Annahmeverzugslohn geltend.

Die Klage hatte vor dem ArbG Düsseldorf weitgehend Erfolg. Die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten war zum Teil (Zahlungsanträge) bereits unzulässig und im Übrigen (Kündigung und Annahmeverzugslohn) unbegründet.

Zu den Zahlungsanträgen für den Zeitraum November 2015 bis Juni 2016 nahm das LAG damit keine Stellung. Es bleibt bei dem Urteil des ArbG, das entschieden hatte, dass die im Arbeitsvertrag vereinbarte Arbeitszeitregelung unwirksam sei, weil sie den Arbeitnehmer unzulässig benachteilige, da sie eine Arbeitszeit von 0 bis 48 Wochenstunden zulasse, ohne dem Mitarbeiter eine Mindestzusage hinsichtlich seiner Arbeitszeit und seiner Vergütung zu machen. Daher sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung der monatliche Beschäftigungsanspruch des Arbeitnehmers zu ermitteln. Ein Rückgriff auf die Stundenlisten scheide dabei aus: Sie stellten lediglich eine Beschreibung der Arbeitsmenge und nicht die Angabe der tatsächlichen Arbeitszeit dar. Ein Vortrag des Unternehmens zu den tatsächlichen Arbeitsleistungen des Arbeitnehmers fehle, so dass bei der Berechnung von der vom Mitarbeiter dargestellten Arbeitszeit auszugehen sei. Hieraus ergäben sich ein Beschäftigungsanspruch von mindestens 154 Stunden monatlich und der vom Arbeitnehmer geforderte Betrag i. H. v. EUR 15.000 brutto (abzüglich bereits erhaltener Nettovergütung).

Hinsichtlich der Kündigung sowie des Annahmeverzugslohns schloss sich das LAG den erstinstanzlichen Ausführungen ausdrücklich an.

(LAG Düsseldorf vom 9. Mai 2018 – 7 Sa 278/17)

Tipp für die Praxis:

Wer eine Nachzahlungsverpflichtung vermeiden möchte, sollte eine andere Klauselgestaltung wählen und darin eine „Mindestzusage“ an monatlicher Arbeitszeit und/oder Vergütung aufnehmen.


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