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Keine unbefristete Bindung des subventionierten Grundstückskäufers

Update Real Estate & Public 09/2019

September 2019

Hintergrund

Die Klägerin, eine Immobilienverwaltungsgesellschaft des Landes Berlin, verkaufte der Beklagten, einer Stiftung mit der Aufgabe der Hilfe für Suchtkranke, ein Grundstück, auf dem sich ein Wohngebäude befand. Nach dem Kaufvertrag darf die Beklagte das Grundstück nur zu diesem Zweck nutzen und ist verpflichtet, vor einer Nutzungsänderung die Zustimmung der Klägerin einzuholen, die diese von der Zahlung eines Ausgleichsbetrags abhängig machen darf. Die Beklagte verpflichtete sich im Kaufvertrag zudem, diese Auflagen im Falle eines Verkaufs an einen Rechtsnachfolger weiterzugeben und für jeden Verstoß gegen die Vereinbarung eine Vertragsstrafe zu leisten. Eine Höchstfrist für diese Bindungen enthielt der Kaufvertrag nicht. In der Folgezeit veräußerte die Beklagte das Grundstück zu einem deutlich höheren Kaufpreis, und zwar ohne Zustimmung der Klägerin und ohne Weitergabe der Pflichten. Der Erwerber teilte das Grundstück zum Zweck des Weiterverkaufs in Wohnungseigentum auf. Die klagende Verkäuferin erklärte daraufhin den Rücktritt vom Kaufvertrag und machte einen Anspruch in Höhe von EUR 2,3 Mio. aufgrund der Wertsteigerung geltend.

Die Entscheidung

Der BGH, Urteil vom 21.09.2018 – V ZR 68 / 17 –, bestätigte die Auffassung des Berufungsgerichts, wonach die im Vertrag vereinbarte unbefristete Nutzungsbindung unwirksam ist. Beim subventionierten, d. h. verbilligten Verkauf von Grundstücken durch die öffentliche Hand seien Nutzungsbeschränkungen zur Absicherung des öffentlichen Zwecks (hier Förderung und Betreuung Suchtkranker) nicht nur zulässig, sondern zwingend. Nutzungsbeschränkungen unterliegen jedoch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, müssen also geeignet und erforderlich sein, um den mit der Subvention verfolgten Zweck für einen angemessenen Zeitraum sicherzustellen.

Ausgehend hiervon hat der BGH festgestellt, dass eine zeitlich unbeschränkte Bindung mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit unvereinbar sei, da sie dem Subventionsempfänger Bedingungen auferlege, die er auch einhalten müsste, nachdem die mit der Subvention verbundenen Vorteile aufgebraucht seien. Hat sich die öffentliche Hand zu einem Verkauf entschlossen, müsse sie es hinnehmen, dass ihr Einfluss auf die Nutzung des Grundstücks zeitlich begrenzt ist.

Als rechtsfehlerhaft habe das Berufungsgericht jedoch die Voraussetzungen einer (ergänzenden) Vertragsauslegung verkannt. Falls die beklagte Stiftung das Grundstück subventioniert, d. h. unter Marktpreis, erworben hätte, was in tatsächlicher Hinsicht noch festzustellen wäre, würde das Vertragsgefüge durch die Unwirksamkeit der Nutzungsbindung einseitig zu Lasten der öffentlichen Hand verschoben. Es wäre nicht angemessen, dem Käufer den Preisnachlass ganz ohne Nutzungsbeschränkung zu gewähren. Demnach sei vom Berufungsgericht zu prüfen, ob die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit der unbefristeten Nutzungsbindung eine angemessene Bindungsdauer vereinbart hätten. Angemessen sei nach Ansicht des BGH jedenfalls eine Nutzungsbindung von zehn Jahren.

Praxistipp

Die öffentliche Hand ist, auch wenn sie sich im Privatrechtsverkehr bewegt, an die Grundrechte und damit an den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebunden (Art. 1 Abs. 3 GG). Nutzungsbeschränkungen der öffentlichen Hand sind nur zulässig, wenn sie mit einem Preisnachlass verbunden sind. Die konkrete Höhe des Preisnachlasses entscheidet darüber, wie lange eine Nutzungsbeschränkung auferlegt werden darf. Nach Ansicht des BGH ist eine Nutzungsbindung von zehn Jahren in der Regel zulässig.

Möchte die öffentliche Hand eine dauerhafte Nutzungsbeschränkung, ist dies durch die Bestellung eines Erbbaurechtes möglich. Nutzungsbeschränkungen können zum dinglichen Inhalt des Erbbaurechtes gemacht werden und mit einem Heimfallanspruch sanktioniert werden.

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Autoren

Foto vonMartin Prothmann
Dr. Martin Prothmann