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Update Commercial 08/2020

August 2020

Unternehmer, die ihre Produkte in Frankreich über Vertriebsmittler vertreiben und hierbei Festpreise vorgeben, konnten bislang auf eine spezielle Auslegung der Handelsvertreter-Richtlinie durch die dortigen Gerichte setzen, die verhinderte, dass der Vertriebsmittler als Handelsvertreter einen Ausgleichsanspruch geltend machen konnte. Dem hat der EuGH nun allerdings eine Absage erteilt. 

Gute Nachrichten gibt es hingegen für Betreiber von Internetplattformen, die ein Streckengeschäftsmodell betreiben. Das Bundeskartellamt hat ein entsprechendes Onlinevertriebsmodell eines Sportfachhändlers, bei dem angeschlossene Sportgeschäfte eine Verkaufsplattform nutzen, kartellrechtlich nicht beanstandet.

Auch gibt es wieder wichtige Neuerungen für Unternehmen mit B2C-Geschäft. Der Entwurf der Richtlinie über EU-Verbandsklagen, auf den sich die Mitgliedsstaaten geeinigt haben, soll künftig EU-weit Sammelklagen gegen Unternehmer ermöglichen, die gegen Verbraucherschutzvorschriften verstoßen.  

Inhalt

Im Folgenden finden Sie die Themen des Newsletters.

Aktuelle Rechtsprechung

Gesetzgebung und Trends

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Aktuelle Rechtsprechung

Handelsvertreter müssen keinen Verhandlungsspielraum bei Verkaufspreisen haben

(EuGH, Urteil v. 4. Juni 2020 – C-828/18)

  • Der EuGH hat auf eine Vorlagefrage aus Frankreich entschieden, dass eine Einstufung als Handelsvertreter im Sinne der europäischen Handelsvertreter-Richtlinie nicht voraussetzt, dass der Vertriebsmittler die Verkaufspreise der von ihm vertriebenen Waren bestimmen kann.
  • Die Vorlagefrage hatte ihren Hintergrund in der französischen Sprachfassung der Handelsvertreter-Richtlinie. Während nach der deutschen Fassung der Richtlinie erforderlich ist, dass der Vertreter ständig damit betraut ist, den Verkauf oder den Ankauf von Waren zu „vermitteln“, verwendet die französische Fassung den Begriff „négocier“, was sich mit „verhandeln“ bzw. „aushandeln“ übersetzen lässt. Aus diesem Grund haben die französischen Gerichte den Begriff bislang überwiegend dahingehend ausgelegt, dass eine Person, die nicht über die Befugnis verfügt, die Verkaufsbedingungen zu ändern und die Verkaufspreise für die Waren festzulegen, nicht als Handelsvertreter im Sinne der Richtlinie einzustufen sei.  
  • Dieser Auslegung hat der EuGH nun eine Absage erteilt. Bei dem Begriff „vermitteln“ (bzw. „négocier“) handele es sich um einen im gesamten Unionsgebiet einheitlich auszulegenden, autonomen Begriff des Unionsrechts. Auch wenn in den Sprachfassungen der Richtlinie mehrheitlich ein Begriff verwendet werde, der sich auch mit „verhandeln“ oder „aushandeln“ übersetzen lasse, bedeute dies nicht zwingend, dass es dem Handelsvertreter möglich sein müsse, den Preis der Waren, deren Verkauf er für Rechnung des Unternehmers besorgt, selbst festzulegen. 
  • Zudem liefe es dem Ziel der Richtlinie, die Interessen der Handelsvertreter gegenüber den Unternehmern zu schützen, zuwider, wenn Unternehmer die Möglichkeit hätten, die zwingenden Bestimmungen der Handelsvertreter-Richtlinie zu umgehen, indem sie im Vertrag verbindliche Verkaufspreise vorgeben. 

Praxistipp: Die Entscheidung ist insbesondere relevant für Unternehmer, die Vertriebsmittler in Frankreich einsetzen. Sofern hier bisher aufgrund der bisherigen Rechtsprechungspraxis der französischen Gerichte davon ausgegangen wurde, dass die Vertriebspartner aufgrund fehlender Verhandlungsmöglichkeiten bei der Preisgestaltung nicht als Handelsvertreter einzustufen seien, ist davon auszugehen, dass sich diese Bewertung aufgrund der EuGH-Entscheidung künftig ändern wird. Dies würde bedeuten, dass – wenn auch die weiteren Voraussetzungen für eine Einstufung als Handelsvertreter vorliegen – der Vertriebspartner künftig die nach der Handelsvertreter-Richtlinie bestehenden Rechte geltend machen könnte. Insbesondere sollte dabei die Möglichkeit des Handelsvertreters, nach Beendigung des Vertragsverhältnisses eine Ausgleichszahlung zu verlangen, nicht außer Acht gelassen werden.     

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Informationen zur Verbraucherstreitbeilegung müssen in AGB enthalten sein

(EuGH, Urteil v. 25. Juni 2020 – C-380/19)

  • Unternehmer mit B2C-Geschäft, die zur Angabe von Informationen zur Verbraucherstreitbeilegung verpflichtet sind, müssen diese Informationen – wenn sie auf ihrer Website AGB für Kauf- oder Dienstleistungsverträge bereitstellen – in diesen AGB erteilen, auch wenn sie über die Website keine Verträge mit Verbrauchern schließen. 
  • Die Nennung der Informationen in anderen auf der Website verfügbaren Dokumenten oder separaten Unterlagen, die der Unternehmer dem Verbraucher bei Abschluss des Vertrags zur Verfügung stellt, reicht insoweit nicht aus. Dies hat der EuGH auf eine Vorlagefrage des OLG Düsseldorf klargestellt.  
  • Die Richtlinie 2013/11/EU über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten (sog. ADR-Richtlinie) bestimme eindeutig, dass die relevanten Informationen „in“ den allgemeinen Geschäftsbedingungen aufgeführt werden müssen, wenn diese auf der Website des Unternehmers bereitgestellt werden. Diese Informationspflicht sei auch nicht auf Fälle beschränkt, in denen der Unternehmer die Verträge mit Verbrauchern über seine Website schließt. Zudem ergebe sich aus der Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83/EU), dass den Verbrauchern im Fernabsatz Informationen zu außergerichtlichen Beschwerde- und Rechtsbehelfsverfahren, denen der Unternehmer unterworfen ist, vor Vertragsschluss erteilt werden müssen. Eine Übermittlung erst zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses (im Rahmen der AGB für den Vertrag oder in einem gesonderten Dokument) reiche daher nicht aus.   

Praxistipp: Die Vorlagefrage resultiert aus einer nicht wortgetreuen Umsetzung der ADR-Richtlinie. Im Verbraucherstreitbeilegungsgesetz (VSBG), mit dem die Richtlinienvorgaben in Deutschland umgesetzt wurden, heißt es nämlich, dass Unternehmer die Informationen zur Verbraucherstreitbeilegung „zusammen mit“ ihren AGB erteilen müssen. Spätestens mit der Entscheidung des EuGH wird man diese Vorgabe allerdings richtlinienkonform dahin auslegen müssen, dass die Informationen Teil des schriftlichen oder elektronischen Dokuments sein müssen, in dem die AGB enthalten sind. Entsprechend hatte im letzten Jahr bereits das KG Berlin entschieden (siehe dazu den Beitrag im Update Commercial 08/2019). Unternehmer, die nach dem VSBG verpflichtet sind Angaben zur Verbraucherstreitbeilegung zu machen, sollten ihre Vertragspraxis daher dahingehend überprüfen und gegebenenfalls anpassen. 

Nähere Informationen zur Entscheidung des EuGH bietet unser Blogbeitrag VSBG Pflichten gelten auch ohne Online-Vertragsschluss

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Onlinehändler müssen Garantiebedingungen direkt verlinken

(OLG Nürnberg, Urteil v. 10. Dezember 2019 – 3 U 1021/19)

  • Das OLG Nürnberg hat eine Entscheidung des LG Weiden aus Juli 2019 (wir berichteten im Update Commercial 08/2019) bestätigt, dass bei Werbung mit Garantien im Onlinehandel die Garantiebedingungen unmittelbar auf der Angebotsseite verlinkt werden müssen und Hinweise auf die Garantie in den AGB nicht ausreichen. 
  • Nach den gesetzlichen Vorgaben müssen Garantieerklärungen einfach und verständlich abgefasst werden. Ob dies der Fall ist, hängt nach Ansicht des OLG Nürnberg entscheidend davon ab, ob die Information „mediengerecht“ erfolgt. 
  • Im Onlinehandel sei es zulässig, über Links über die Garantiebedingungen zu informieren. Hierfür sei jedoch erforderlich, dass die Links in klarer und verständlicher Weise bezeichnet und in einen klaren inhaltlichen Kontext eingebettet werden. 
  • Eine bloße Bezugnahme auf AGB sei bei einem Online-Angebot nicht ausreichend, vielmehr müsse der Hinweis unmittelbar mit dem Verweis auf die Garantie erfolgen. Im Onlinevertrieb sei es zudem auch nicht mediengerecht, eine URL ohne aktive Verlinkung anzugeben, die der Verbraucher erst in die Suchzeile seines Internet-Browsers hineinkopieren müsse. 

Praxistipp: In dem zu entscheidenden Fall handelte es sich bei dem Online-Angebot um ein Sofortkauf-Angebot bei eBay, für das grundsätzlich andere rechtliche Bewertungsmaßstäbe gelten als für „normale“ Angebotsseiten im Onlinehandel. Da das OLG Nürnberg seine Ausführungen aber auch auf die bisherige Rechtsprechung zu den allgemeinen vorvertraglichen Informationspflichten im Fernabsatz stützt, nach denen Unternehmer verpflichtet sind, Verbrauchern vor deren Vertragserklärung Informationen über das Bestehen und die Bedingungen von Garantien zur Verfügung zu stellen, kann davon ausgegangen werden, dass diese Anforderungen auf den gesamten Onlinehandel übertragen werden können. Onlinehändler sollten daher – unabhängig vom Angebotstyp – darauf achten, dass immer, wenn in einem Angebot auf eine eigene Garantie oder Garantien des Herstellers oder Dritter Bezug genommen wird, die einschlägigen Garantiebedingungen inhaltlich den gesetzlichen Vorgaben entsprechen und klar und gut auffindbar verlinkt werden. 

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Umfang des Anspruchs des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs

(OLG Düsseldorf, Urteil v. 2. April 2020 – 16 U 6/19)

  • Das OLG Düsseldorf hat in einer aktuellen Entscheidung zum Umfang des Anspruchs des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs Stellung genommen. 
  • Dabei folgt das OLG der Rechtsprechung des BGH, wonach der Buchauszug die im Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten Geschäftsverhältnisse vollständig widerspiegeln muss, soweit sie sich aus den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen. Unberücksichtigt bleiben dürften nur zweifelsfrei nicht provisionspflichtige Geschäfte.
  • Ebenfalls nicht Gegenstand des Buchauszugs seien solche Tatsachen, die allein das Vertragsverhältnis zwischen dem Unternehmer und dem Handelsvertreter betreffen. Der Handelsvertreter habe demnach keinen Anspruch auf Angaben zu jeglicher Art von Zahlungen, die der Unternehmer ihm gegenüber erbracht hat. Ebenso wenig könne er verlangen, dass der Unternehmer ihm im Rahmen des Buchauszuges Provisionen abrechnet.

Praxistipp: Durch den Buchauszug soll der Handelsvertreter in die Lage versetzt werden, die erhaltenen Provisionsabrechnungen zu überprüfen. Der Auszug muss daher grundsätzlich alle Informationen enthalten, die für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provision des Handelsvertreters bedeutsam sein können. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf orientiert sich an den vom BGH aufgestellten Grundsätzen zu Inhalt und Umfang des Buchauszugs, zeigt aber zugleich auch noch einmal auf, welche Informationen der Handelsvertreter im Rahmen dieses Anspruchs nicht verlangen kann. Für Unternehmer, die sich umfassenden Auskunftsforderungen von Handelsvertretern ausgesetzt sehen, kann es sich lohnen, genauer zu prüfen, welche Angaben im Rahmen des Buchauszugs tatsächlich offengelegt werden müssen, um einerseits nicht ohne Not interne Informationen preiszugeben und andererseits den mit der Erstellung eines Buchauszugs regelmäßig verbundenen Verwaltungsaufwand möglichst gering zu halten. 

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Zeitpunkt des Zugangs von WhatsApp-Nachrichten

(LG Bonn, Urteil v. 31. Januar 2020 – 17 O 323/19)

  • Das LG Bonn hat sich mit der Frage befasst, zu welchem Zeitpunkt Nachrichten, die über den Messenger-Dienst WhatsApp versendet werden, dem Empfänger zugehen.   
  • Als sog. Erklärungen gegenüber Abwesenden gehen diese – wie z. B. auch Briefe oder E-Mails – dann zu, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt sind, dass dieser unter normalen Umständen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärungen Kenntnis zu nehmen.
  • Bei WhatsApp-Nachrichten sei dies der Fall, wenn sie das Empfangsgerät des Adressaten erreichen und dort unter normalen Umständen dauerhaft und abrufbar gespeichert werden. Auf die Frage, wann der Empfänger die Nachricht tatsächlich zur Kenntnis nimmt, komme es hingegen (ungeachtet der technischen Möglichkeit, durch die Anzeige von zwei blauen Haken zu erkennen, ob die Nachricht vom Empfänger auch geöffnet wurde) nicht an. 
  • Voraussetzung dafür, dass der Empfänger den Inhalt der Nachricht gegen sich gelten lassen muss, sei dabei allerdings, dass der Empfänger den Kommunikationsweg grundsätzlich eröffnet habe. Diese Voraussetzung war im zu entscheidenden Fall erfüllt, da die Parteien auch zuvor bereits geschäftlich über WhatsApp kommuniziert hatten. 

Praxistipp: Die Entscheidung ist aus rechtlicher Sicht wenig überraschend, doch sie zeigt einmal mehr, dass die Nutzung verschiedener Kommunikationsmittel auch Verpflichtungen mit sich bringt. Wer im geschäftlichen Verkehr einen Kommunikationsweg eröffnet, indem er diesen entweder selbst aktiv nutzt oder die Nutzung zumindest anbietet, muss auch regelmäßig überprüfen, ob auf diesem Weg Nachrichten eingegangen sind. Dies gilt auch, wenn bestimmte Techniken oder Dienste nur gelegentlich genutzt werden: So stellte das LG Bonn ausdrücklich klar, dass es bei rein geschäftlichen Beziehungen nicht ungewöhnlich sei, dass nur anlassbezogen kommuniziert werde. Gerade bei einer weit verbreiteten Applikation wie WhatsApp könne aus einer Phase ohne Kommunikation nicht der Schluss gezogen werden, der Geschäftspartner habe diesen eröffneten Kommunikationskanal wieder aufgegeben. Möchten Unternehmen eine bestimmte Kommunikationsform in Zukunft nicht mehr nutzen, empfiehlt es sich daher, die Geschäftspartner rechtzeitig vor der „Abschaltung“ schriftlich oder in Textform hierüber zu informieren und auf andere bestehende Kontaktmöglichkeiten hinzuweisen. 

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Bundeskartellamt billigt gemeinsame Online-Plattform der Intersport-Händler

(Pressemitteilung des Bundeskartellamts v. 25. Juni 2020)

Das Bundeskartellamt hat das Modell der Intersport-Online-Plattform kartellrechtlich nicht beanstandet. Intersport ist die weltweit größte mittelständische Verbundgruppe im Sportfachhandel. Zu ihr gehören in Deutschland mehr als 900 Mitglieder mit insgesamt rd. 1.500 Sport-Fachgeschäften. Betreiberin der Online-Verkaufsplattform für die angeschlossenen Intersport-Händler in Deutschland ist die Intersport Digital GmbH (IDG). 

Die Plattform wurde im Januar 2019 auf ein sog. Streckengeschäftsmodell umgestellt. Dessen wesentliche Elemente sind lt. der Pressemitteilung:

  • Der Verkauf der Produkte an die Endkunden und die Festsetzung der Verkaufspreise erfolgen ausschließlich durch die IDG.
  • Die Intersport-Händler haben keine direkten Vertragsbeziehungen zu den Endkunden, sondern verkaufen ihre Produkte an die IDG und legen fest, für welchen Preis sie Produkte an die IDG abgeben.
  • Eingehende Bestellvorgänge leitet die IDG nach einem internen Verteilungsschlüssel an einen oder mehrere Händler zwecks Auslieferung an die Endkunden weiter. 
  • Die Händlerauswahl richtet sich nach bestehenden Lieferkapazitäten und der räumlichen Nähe des Händlers zum jeweiligen Endkunden.
  • Wird die Bestellung im Online-Shop durch den Endkunden ausgelöst, kommt auch der entsprechende Kaufvertrag zwischen der IDG und dem Händler zustande.
  • Der Zugang zu der Plattform steht allen Intersport-Händlern diskriminierungsfrei offen.

Praxistipp: Das Vertriebsmodell wird in der Pressemitteilung des Bundeskartellamts nur rudimentär beschrieben. Manche Fragen bleiben offen, insbesondere zur Händlerauswahl: Spielt hier auch eine Rolle, zu welchem Preis der Händler das betreffende Produkt an die IDG verkaufen will? Findet diese Preissetzung ohne jegliche IDG-Beteiligung statt? Wie werden die maßgeblichen Kriterien gewichtet? Was ist, wenn die Kriterien zu einem Pari führen?

Bei der kartellrechtlichen Bewertung ist im Auge zu behalten, dass die Intersport-Händler Wettbewerber sind, abhängig natürlich davon, in welcher räumlichen Nähe sie zueinander liegen. Auch in Ansehung dessen, dass dieser Wettbewerb im Zuge der Online-Zusammenarbeit beeinträchtigt sein könnte, hat das Bundeskartellamt das Modell kartellrechtlich gebilligt. Dabei spielte eine wesentliche Rolle, dass kleine Händler es schwer haben, sich allein gegen große Onlinehändler und die Online-Shops der Hersteller zu behaupten, wie vom Präsidenten des Bundeskartellamts ausdrücklich festgestellt wurde. 

Das Intersport-Vertriebsmodell könnte auch Händlern in anderen Branchen helfen. Es bietet insbesondere dann eine Chance, sich am Onlinehandel zu beteiligen, wenn die Einrichtung und Pflege eines eigenen Online-Shops Händlern wirtschaftlich nicht oder nur schwerlich möglich ist. Außerdem hat ein Online-Shop, der von vielen Händlern getragen wird, naturgemäß eine viel größere Zugkraft.

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Gesetzgebung und Trends

Richtlinie über EU-Verbandsklagen kommt – künftig EU-weit Sammelklagen gegen Verbraucherrechtsverstöße möglich

  • Verstoßen Unternehmen gegen Verbraucherschutzrechte, soll künftig EU-weit die Option bestehen, dass Verbraucherschutzverbände oder ähnliche Organisationen im Wege einer Sammelklage die Rechte geschädigter Verbraucher geltend machen. Entsprechendes sieht der Entwurf einer Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher (Verbandsklagerichtlinie) vor, auf den sich die EU-Mitgliedsstaaten geeinigt haben.
  • Der Richtlinienentwurf ist Teil des europäischen Maßnahmenpakets „New Deal for Consumers“, durch das bereits weitere Bereiche des EU-Verbraucherschutzrechts modernisiert und erweitert wurden und erstmals auch behördliche Sanktionen für Verstöße gegen verbraucherschützende Vorschriften vorgeschrieben werden (siehe dazu unseren Beitrag im Update Commercial 02/2020).
  • Er sieht vor, dass sog. „qualifizierte Einrichtungen“ wie z. B. Verbraucherschutzverbände stellvertretend für geschädigte Verbraucher gegen Unternehmen auf Unterlassung und Schadenersatz klagen können sollen, wenn diese gegen verbraucherschützende Vorschriften verstoßen. Dies soll neben Verstößen gegen allgemeine Verbraucherschutzvorgaben auch die spezielleren Bereiche Datenschutz, Finanzdienstleistungen, Reisen und Tourismus, Energie, Telekommunikation, Umwelt und Gesundheit sowie Rechte von Flug- und Bahnreisenden umfassen.
  • Mit dem Inkrafttreten der Richtlinie wird zum Ende des Jahres gerechnet. Danach haben die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit, die Vorgaben der Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Die entsprechenden Vorschriften sollen dann nach weiteren sechs Monaten angewendet werden.

Praxistipp: In Deutschland existiert mit der Musterfeststellungsklage bereits eine Möglichkeit, kollektiv Ansprüche geschädigter Verbraucher gegen Unternehmen geltend zu machen. In einem solchen Verfahren kann der für die betroffenen Verbraucher klagende Verband bislang allerdings lediglich ein Feststellungsurteil erwirken. Die geschädigten Verbraucher müssen daher nach Abschluss des Verfahrens ihre Ansprüche unter Berufung auf dieses Urteil noch einmal individuell geltend machen, um Schadenersatzzahlungen oder sonstige Leistungen zu erhalten. Damit erfüllt die deutsche Musterfeststellungsklage nicht die Anforderungen des Richtlinienentwurfs, der vorsieht, dass auch die Möglichkeit bestehen muss, mit einer Verbandsklage unmittelbar konkrete Leistungen (wie z. B. Schadenersatz) für die geschädigten Verbraucher zu verlangen. Sollte die Verbandsklagerichtlinie in dieser Form verabschiedet werden, ist daher davon auszugehen, dass sich auch in Deutschland die Regelungen zum Kollektivrechtsschutz noch einmal grundlegend ändern werden.

Weitere Informationen zum Thema finden Sie in unserem Blogbeitrag Deutsche Industrie im Visier einer europäischen Klageindustrie – die neue EU-Verbandsklage macht’s möglich.

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EU-Kommission veröffentlicht Fragen und Antworten zur P2B-Verordnung

(Pressemitteilung der EU-Kommission v. 10. Juli 2020)

  • Seit dem 12. Juli gilt die 2019 in Kraft getretene Verordnung (EU) 2019/1150 zur Förderung von Fairness und Transparenz für gewerbliche Nutzer von Online-Vermittlungsdiensten (Platform-to-Business- oder P2B-Verordnung). Die Verordnung regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Betreibern von Online-Plattformen und Suchmaschinen und Unternehmern, die Geschäfte über diese Plattformen abwickeln, neu und beinhaltet zahlreiche zusätzliche Pflichten für die Plattformbetreiber (wir berichteten im Update Commercial 08/2019).
  • Die EU-Kommission hat dazu nun ein ausführliches Q&A-Dokument (in englischer Sprache) veröffentlicht, das insbesondere Betreibern kleinerer Online-Plattformen und Suchmaschinen als Checkliste für die Umsetzung der neuen Vorgaben dienen soll. Zudem sollen demnächst offizielle Leitlinien veröffentlicht werden, die die Betreiber von Online-Plattformen und Suchmaschinen dabei unterstützen sollen, die in der Verordnung enthaltenen neuen Transparenzanforderungen bzgl. Rankings oder einer differenzierten Behandlung von Angeboten zu erfüllen. 

Praxistipp: Plattformbetreibern, die die neuen Vorgaben bislang noch nicht umgesetzt haben oder unsicher sind, ob sie die zusätzlichen Anforderungen der P2B-Verordnung erfüllen, können die nun veröffentlichten Dokumente eine Hilfestellung bieten, noch erforderliche Maßnahmen oder weitergehenden Beratungsbedarf zu identifizieren. Unternehmern mit Geschäftsbeziehungen zu Betreibern von Online-Plattformen und Suchmaschinen bieten die Unterlagen einen Überblick über die ihnen durch die Verordnung eingeräumten neuen Rechte. Soweit noch nicht geschehen, sollten Betreiber von Online-Plattformen und Suchmaschinen die neuen Vorgaben zeitnah umsetzen. Zwar sind nach Angaben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie bislang bei Verstößen gegen die P2B- Verordnung keine behördlichen Sanktionen vorgesehen. Die Vorgaben der Verordnung sind jedoch als Marktverhaltensregelungen im Sinne des UWG anzusehen, sodass bei Nichterfüllung der Anforderungen nicht nur (zivilrechtliche) Beseitigungs- oder Unterlassungsansprüche, sondern auch Schadenersatzforderungen drohen.  

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