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Abeitsrecht: Nebenbeschäftigungen

12/11/2015

Nebenbeschäftigungen sind in rechtlicher Hinsicht nur bruchstückhaft geregelt. Der vorliegende Artikel geht auf die rechtlichen Grundlagen ein und legt dar, welche vertraglichen Regelungen bezüglich Nebentätigkeiten möglich und üblich sind.

1. Unzulässige Konkurrenzierung

Das Obligationenrecht (OR) enthält bezüglich Nebenbeschäftigungen insbesondere eine einschlägige Norm. In Art. 321a Abs. 3 hält das OR fest, ein Mitarbeiter dürfe während der Dauer des Arbeitsverhältnisses «keine Arbeit gegen Entgelt für einen Dritten leisten, soweit er dadurch seine Treuepflicht verletzt, insbesondere den Arbeitgeber konkurrenziert». In der Praxis sind es denn auch insbesondere Fälle einer aktiven Konkurrenzierung, welche die Gerichte bezüglich Nebenbeschäftigungen zu beurteilen haben. Erstaunlich ist dabei immer wieder, mit welcher Dreistigkeit Mitarbeitende ihre Arbeitgeber konkurrenzieren. Die gesetzliche Regelung von Art. 321a Abs. 3 OR ist insofern irreführend, als der Eindruck erweckt wird, dass nur eine entgeltliche Nebentätigkeit verboten sei. Dies ist nicht der Fall. In Lehre und Rechtsprechung ist anerkannt, dass auch eine unentgeltliche Nebentätigkeit gegen die allgemeine Treuepflicht des Arbeitnehmers gemäss Art. 321a Abs. 1 OR verstossen kann. Bei unentgeltlichen konkurrenzierenden Tätigkeiten sind die Gerichte jedoch in der Regel deutlich weniger streng mit den Mitarbeitenden als bei einer entgeltlichen Tätigkeit.

2. Andere unzulässige Nebentätigkeiten

Wie bereits der Wortlaut von Art. 321a Abs. 3 OR festhält, ist nicht nur eine konkurrenzierende Nebentätigkeit verboten. Auch eine nicht konkurrenzierende Tätigkeit kann die Treuepflicht verletzen, so zum Beispiel dann, wenn der Mitarbeitende wegen seiner Nebentätigkeit erschöpft ist und seine vertraglich geschuldete Leistung nicht richtig erbringen kann. Auch dies gilt unabhängig davon, ob die Nebentätigkeit entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt wird. Ein Sachbearbeiter, der regelmässig unentgeltlich während der Arbeitswoche bis Mitternacht in der Bar eines Freundes aushilft, verstösst damit in der Regel gegen seine Treuepflicht, wenn er dadurch am nächsten Morgen übermüdet ist.

Praxisbeispiel: Unzulässig war die Nebentätigkeit eines Lastwagenchauffeurs, der in seiner Freizeit als Nebentätigkeit ohne Wissen seines Arbeitgebers bei einem Taxiunternehmen Taxi fuhr. Durch diese Nebentätigkeit verletzte der Mitarbeitende auch die Höchstarbeitszeiten und die Ruhezeiten. Das Kantonsgericht St. Gallen qualifizierte die von der Arbeitgeberin ausgesprochene fristlose Kündigung als gerechtfertigt und hielt fest: «Durch diese [Nebentätigkeit] verunmöglichte er es, bei der Beklagten die Vorschriften betreffend die Höchstarbeitszeit und die Ruhezeit einzuhalten. Er verletzte damit nicht nur seine Sorgfalts-, sondern auch seine Treuepflicht gemäss Art. 321a Abs. 3 OR. Dass er die Beklagte durch seine [Nebentätigkeit] nicht konkurrenzierte, ist nicht entscheidend. Wesentlich ist es, dass es dem Kläger infolge der [Nebentätigkeit] unmöglich wurde, seine Arbeit bei der Beklagten vorschriftsgemäss zu verrichten.»

3. Nebentätigkeiten während Ferien

Zu erwähnen ist sodann der Spezialfall von Nebentätigkeiten während der Ferien. Ferien dienen grundsätzlich der Erholung. Art. 329d Abs. 3 OR hält daher fest, dass die Arbeitgeberin den Ferienlohn verweigern bzw. bereits bezogenen Ferienlohn zurückverlangen kann, wenn der Mitarbeitende während seiner Ferien entgeltliche Arbeit für einen Dritten leistet und dadurch die berechtigten Interessen des Arbeitgebers verletzt werden. Auch hier ist als berechtigtes Interesse des Arbeitgebers nicht nur das Verbot einer Konkurrenzierung zu sehen. Vielmehr verletzt der Mitarbeitende Art. 329d Abs. 3 OR auch dann, wenn seine Nebentätigkeit den Erholungszweck der Ferien illusorisch macht.

4. Vertragliche Regelungen

Die Bestimmung von Art. 321a Abs. 3 OR ist nicht zwingend (vgl. Art. 361/362 OR). Die Parteien des Arbeitsvertrags können also von dieser Bestimmung auch zu Ungunsten des Arbeitnehmers abweichen und in ihrem Arbeitsvertrag (in den Schranken des Persönlichkeitsrechts) jegliche Nebenbeschäftigung des Mitarbeitenden ausschliessen.

Praxistipp: Im Arbeitsvertrag ist vorzusehen, dass (entgeltliche oder unentgeltliche) Nebentätigkeiten, die einen Einfluss auf die Arbeitsleistungen haben können, nur mit dem vorgängigen schriftlichen Einverständnis der Arbeitgeberin ausgeübt werden dürfen.

Konkurrenzierende Nebentätigkeiten während des Arbeitsverhältnisses werden sodann häufig vom Wortlaut eines vertraglich vereinbarten Konkurrenzverbots mit umfasst (z.B. «Während der Dauer des Arbeitsverhältnisses und für ein Jahr nach dessen Beendigung enthält sich der Mitarbeitende jeglicher konkurrenzierenden Tätigkeit»). Während eine derartige Formulierung für die Dauer des Arbeitsverhältnisses bloss das Verbot der Konkurrenzierung von Art. 321a Abs. 3 OR wiederholt, kann die in ver traglichen Konkurrenzverboten häufig festgeschriebene Konventionalstrafe dem Arbeitgeber den Nachweis eines Schadens bei einer Konkurrenzierung bereits während laufendem Arbeitsverhältnis abnehmen. Entsprechende Klauseln machen also aus der Sicht des Arbeitgebers durchaus Sinn.

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Arbeitsrecht: Nebenbeschäftigungen
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Christian Gersbach, LL.M.
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