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Änderung des Raumplanungsgesetzes (RPG)

04/03/2013

Am 3. März 2013 hat das Stimmvolk eine Teilrevision des Raumplanungsgesetzes beschlossen. Die Änderungen werden frühestens Anfang 2014 in Kraft treten. Der vorliegende Newsletter soll einen Überblick darüber geben, wie die Landeigentümer von den Neuerungen betroffen sind.

Was ist neu?

Auszonungspflicht: Bereits unter dem geltenden Recht war bei der Bemessung der Bauzonen von einem Bedarf in den nächsten 15 Jahren auszugehen. In gewissen Gemeinden reichen die Bauzonen aber für mehr als 50 Jahre aus. Das revidierte Raumplanungsgesetz legt nun ausdrücklich fest, dass überdimensionierte Bauzonen reduziert werden müssen, d.h. die Kantone bzw. Gemeinden haben neu explizit eine Auszonungspflicht bezüglich überdimensionierter Bauzonen.

Mehrwertabgabe: Neu wird vorgeschrieben, dass die Kantone mindestens 20% des Mehrwertes abschöpfen müssen, welcher durch die Neueinzonung von Land erzielt wird, das bisher ausserhalb der Bauzone lag. Dieser Mehrwert ist dann auszugleichen, wenn das Grundstück überbaut oder veräussert wird; die bezahlte Mehrwertabgabe kann von der Grundstückgewinnsteuer als Teil der Aufwendungen vom Gewinn in Abzug gebracht werden. Der durch die Mehrwertabgabe erzielte Ertrag ist für Entschädigungen im Zusammenhang mit Auszonungen sowie für Massnahmen zur Erhaltung von Kulturland bzw. zur besseren Nutzung von brachliegenden Flächen in der Bauzone und zur Siedlungsverdichtung zu verwenden (z.B. Gestaltung öffentlicher Plätze, Pärke oder Strassen).

Bauverpflichtung: Ausnahmsweise und als letzte Massnahme gegen eine spekula- tive Bodenhortung können die Kantone neu einen Grundeigentümer verpflichten, sein Bauland innert einer angemessenen Frist zu überbauen. Die Einzelheiten dazu (z.B. Fristen, Sanktionen) sind von den Kantonen zu regeln.

Wie wirken sich die Neuerungen aus?

Die neuen Regelungen im Raumplanungsgesetz können Landeigentümer wie folgt betreffen:

Eigentümer von Baulandreserven, d.h. von Grundstücken, die zwar überbaut werden dürfen, aber noch nicht überbaut sind (z.B. aufgrund fehlender oder mangelhafter Erschliessung): Je nach Lage des Grundstücks könnte allenfalls in Zukunft eine Auszonung (d.h. Entlassung aus der Bauzone) stattfinden; das Risiko einer Auszonung hängt massgeblich davon ab, wie gross die Baulandreserven in der betreffenden Gemeinde sind und wo sich das konkrete Grundstück innerhalb der Gemeinde befindet (z.B. periphäre, schlecht erschlossene Lage). Auszonungen sind unter anderem in den Kantonen Wallis, Jura, Glarus, Uri und Neuenburg denkbar. Eine Auszonung erfolgt häufig, aber nicht immer, gegen eine entsprechende Entschädigung.

Eigentümer von Grundstücken ausserhalb der Bauzone, sofern in der betreffenden Gemeinde in den nächsten 15 Jahren ein zusätzlicher Bedarf an Bauland besteht: Der durch die Neueinzonung resultierende Mehrwert des Grundstücks wird bei der Veräusserung bzw. Überbauung zu mind. 20% abgeschöpft werden müssen. Die Kantone haben innert fünf Jahren nach Inkrafttreten der revidierten RPG-Bestimmungen die Einzelheiten der Mehrwertabgabe zu regeln.

Eigentümer von Bauland, welches in Zukunft um- oder aufgezont wird: Das revidierte Raumplanungsgesetz schreibt den Kantonen lediglich vor, eine Mehrwertabgabe bei Einzonungen, d.h. bei der neuen und dauerhaften Zuweisung eines Grundstücks zur Bauzone, zu erheben. Möglicherweise werden gewisse Kantone darüber hinaus auch einen Teil des Mehrwertes bei Um- oder Aufzonungen abschöpfen wollen; dies würde z.B. bedeuten, dass eine Mehrwertabgabe zu entrichten ist, wenn aufgrund einer Bau- und Zonenplanrevision, eines Sondernutzungsplanes oder einer konkreten Baubewilligung auf einem Grundstück eine erhöhte Ausnützung oder eine erhöhte Geschosszahl realisiert werden kann. Entsprechende Vorschriften bestehen bereits heute im Kanton Basel-Stadt. Noch offen ist, ob eine solche Mehrwertabgabe für Um- und Aufzonungen unter dem revidierten Raumplanungsgesetz überhaupt zulässig ist: Sinn und Zweck der Gesetzesrevision ist es, die Siedlungsentwicklung nach innen zu lenken; dieses Ziel könnte im Falle einer weit verstandenen Mehrwertabgabe (d.h. auch bei Massnahmen zur verdichteten Bauweise) unter Umständen unterlaufen werden.

Was geschieht als Nächstes?

Anpassung der Verordnung zum RPG / Inkrafttreten

  • Zur Umsetzung der neuen RPG-Bestimmungen ist eine Anpassung der Raumplanungsverordnung notwendig. Das entsprechende Vernehmlassungsverfahren wird voraussichtlich im Sommer 2013 eröffnet, so dass mit einem Inkrafttreten der neuen RPG-Bestimmungen frühestens Anfang 2014 zu rechnen ist.

Bereinigung der Bauzonen

  • Die Kantone haben innert fünf Jahren ab Inkrafttreten der RPG-Revision die kantonalen Richtpläne an die Anforderungen des neuen Raumplanungsgesetzes anzupassen. Die revidierten kantonalen Richtpläne sind jeweils vom Bundesrat zu genehmigen. Je nach Kanton werden regionale Richtpläne entsprechend anzupassen sein.
  • Gestützt auf die kantonalen Richtpläne haben die Gemeinden ihre kommunalen Nutzungspläne (insbesondere Zonenplan, Zonenordnung) anzupassen; die kommunalen Nutzungspläne sind jeweils vom Kanton zu genehmigen. Kommunale Nutzungspläne sind öffentlich aufzulegen, wobei den Betroffenen die Möglichkeit einer Anfechtung zusteht. Das Raumplanungsgesetz sieht keine Frist für die Anpassung der kommunalen Nutzungspläne vor.
  • Falls rechtskräftig über die Auszonung eines bestimmten Grundstücks entschieden worden ist, stellt sich die Frage nach einer Enteignungsentschädigung. Das massgebliche Entschädigungsverfahren ist kantonal unterschiedlich ausgestaltet.


    FAZIT: Bis zum Abschluss einer allfälligen Auszonung kann es unter Umständen sehr lange dauern (je nach Komplexität im betreffenden Kanton bis ca. 20 Jahre)! Zeichnet sich allerdings im Rahmen der Richtplanrevision ab, dass ein bestimmtes Siedlungsgebiet neu dem Landwirtschaftsgebiet zugeteilt werden soll, können die Kantone vorsorglich vorsehen, dass in diesem Gebiet vorerst nicht gebaut werden darf (sogenannte Planungszone).Umsetzung der MehrwertabgabeInnert fünf Jahren ab Inkrafttreten der RPG-Revision haben die Kantone die Einzelheiten für den Ausgleich von Planungsvorteilen (d.h. Mehrwertabgabe) zu regeln. Dazu zählen insbesondere die Voraussetzungen, der Abschöpfungssatz sowie das Verfahren für die Mehrwert-abgabe. Die Mehrwertabgabe dürfte in den meisten Kantonen in einer Ergänzung zum kantonalen Bau- und Planungsgesetz verankert werden, je nach Kantonsverfassung unterliegt eine solche Gesetzesanpassung dem fakultativen oder obligatorischen Referendum.

Umsetzung der Mehrwertabgabe

Innert fünf Jahren ab Inkrafttreten der RPG-Revision haben die Kantone die Einzelheiten für den Ausgleich von Planungsvorteilen (d.h. Mehrwertabgabe) zu regeln. Dazu zählen insbesondere die Voraussetzungen, der Abschöpfungssatz sowie das Verfahren für die Mehrwert-abgabe. Die Mehrwertabgabe dürfte in den meisten Kantonen in einer Ergänzung zum kantonalen Bau- und Planungsgesetz verankert werden, je nach Kantonsverfassung unterliegt eine solche Gesetzesanpassung dem fakultativen oder obligatorischen Referendum.

Viele Fragen sind noch offen

Die Auswirkungen des revidierten Raumplanungsgesetzes sind in den Details noch weitgehend offen und hängen unter anderem von folgenden Fragen ab:

  • Wie bestimmt sich der voraussichtliche Bedarf an Bauzonen in den nächsten 15 Jahren?
    Bund und Kantone haben in einem ersten Schritt gemeinsam soge-nannte technische Richtlinien zu erarbeiten, welche die Kriterien für die Berechnung des Bedarfs an Bau-zonen festlegen. Gleichzeitig sind auch die Richtlinien für die Erstellung der kantonalen Richtpläne zu ergänzen. Die neuen, bzw. ergänzten Richtlinien werden spätestens auf das Inkrafttreten des neuen Rechts hin vorliegen müssen.
  • Wo und wann wird ausgezont?
    Erst im Laufe der Anpassung der Richt- und Nutzungspläne wird sich zeigen, ob, wo und wie viel Bauland jeweils zurückgezont werden muss. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe eine Entschädigung im Falle einer Auszonung an den Grundeigentümer zu leisten ist, ist einzelfallweise zu beurteilen und hängt u.a. vom Datum der bisherigen Bau- und Zonenordnung sowie von der Lage und dem Erschliessungsgrad des betroffenen Grundstücks ab.
  • Wie setzen die Kantone die Mehrwertabgabe um?
    Das revidierte Raumplanungsgesetz enthält lediglich Minimalvorgaben an die Kantone (d.h. Erhebung einer Mehrwertabgabe bei Neueinzonungen, Abschöpfung von mind. 20% des Mehrwertes). Noch offen sind die Einzelheiten dieser Mehrwert-abgabe, die von Kanton zu Kanton variieren können. Möglicherweise werden gewisse Kantone einen höheren Abgabesatz oder den Ausgleich von weiteren Planungs-vorteilen wie Um- oder Aufzonungen vorsehen.
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Veröffentlichung
Immobilienrecht: Änderung des Raumplanungsgesetz
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Autoren

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Dr. Sibylle Schnyder, LL.M.
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Dr. Stefan Gerster, LL.M., MRICS
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