Home / Veröffentlichungen / Bedingungen und Vertragszusätze

Bedingungen und Vertragszusätze

SVIT Immobilia

Bedingungen und Vertragszusätze

Die Vereinbarung von Nebenkosten in den allgemeinen Bedingungen oder Vertragszusätzen kommt häufig vor. Dass daraus Konflikte zwischen Mietparteien entstehen können, bestätigt ein Bundesgerichtsentscheid.
Seraina Kihm, SVIT Immobilia - Dezember 2019

Sachverhalt

Dem Bundesgerichtsentscheid 4A_149 / 2019 vom 9. September 2019 liegt folgender, gekürzter Sachverhalt zugrunde: Die beiden Mieter A und B (Beschwerdeführer) schlossen 2002 mit der Vermieterin V (Beschwerdegegnerin) einen Wohnungsmietvertrag ab, der unter der Bestimmung Nebenkosten für die Heizungs- und Warmwasserkosten auf Ziffer 2 sowie für alle «übrigen Nebenkosten» auf die Ziffer 3 der beigehefteten Vertragsbestimmungen verwies (nachfolgend Vertragsbestimmungen genannt). Unter Ziffer 3 «übrige Nebenkosten» dieser separaten Vertragsbestimmungen wurden diverse Nebenkostenpositionen aufgeführt, wie bspw. Abwassergebühr, Strom allgemein, Hauswart, Serviceabonnemente etc. Diese zusätzlichen Vertragsbestimmungen wurden von den Mietern nicht unterzeichnet, bildeten aber gemäss Mietvertrag dessen integrierenden Bestandteil. 2016 verlangten die Beschwerdeführer erfolglos vor der Schlichtungsstelle als auch später vor Miet- und Kantonsgericht die Rückzahlung von zu viel bezahlten Nebenkosten in der Höhe von 26'364.76 CHF bzw. 28'238.35 CHF da ihrer Meinung nach die in den beigehefteten Vertragsbestimmungen erwähnten übrigen Nebenkosten nicht rechtskonform vereinbart worden waren. Auch das Bundesgericht wies ihre Beschwerde in Zivilsachen ab, soweit es darauf eintreten konnte, aber gab den Beschwerdeführern, wie nachfolgend gezeigt werden kann, insbesondere betreffend rechtsgültige Nebenkostenvereinbarung auch teilweise Recht.  

Standardisierter, vorgedruckter Vertragszusatz

Das Bundesgericht hatte sich im vorliegenden Fall mit der Frage auseinanderzusetzen, ob die Vorinstanz Art. 257a Abs. 2 OR (Der Mieter muss die Nebenkosten nur bezahlen, wenn er dies mit dem Vermieter besonders vereinbart hat.) verletzt hat, indem sie annahm, die Parteien hätten eine hinreichend konkrete Vereinbarung betreffend die «übrigen Nebenkosten» getroffen. Das Bundesgericht führte zunächst allgemein aus, dass eine «besondere Vereinbarung» gemäss Mietrecht in der Regel eine ausdrückliche, meist eine schriftliche Vereinbarung ist, wobei diese aber auch formfrei erfolgen oder sich aus den Umständen ergeben kann. Zudem stellte die höchstrichterliche Instanz klar, dass die vom Mieter zu tragenden Nebenkosten im Mietvertrag klar und bestimmt, eindeutig und genau umschrieben werden müssen und alleinig ein Hinweis auf einen standardisierten Vertragszusatz nicht genügt. Anders würde es sich lediglich dann verhalten, wenn die allgemeinen Vertragsbedingungen die Nebenkosten, welche bereits im Mietvertrag zu Lasten des Mieters aufgeführt sind, konkretisierten. Vorliegend befand sich im Mietvertrag ein konkreter Verweis – «alle übrigen Nebenkosten» (nach Abrechnung gem. Ziff. 3 Vertragsbestimmung) – auf die einschlägigen beigehefteten Vertragsbestimmungen, welche ihrerseits dann die übrigen Nebenkostenpositionen im Einzelnen als Liste aufführten. Dies genügt nach Ansicht des Bundesgerichts aber zur rechtsgültigen Nebenkostenvereinbarung nicht. Denn es handelt sich nach Ansicht der höchstrichterlichen Instanz lediglich um einen blossen Hinweis auf einen standardisierten, vorgedruckten Vertragszusatz, der zwar nicht als AGB bezeichnet, doch aber in allgemeiner Art und Weise verfasst und nicht auf das konkrete Vertragsverhältnis, bspw. durch Ergänzungen, Änderungen, Streichungen von Nebenkostenpositionen, angepasst wurde.

Fazit

Demzufolge kam das Bundesgericht zum Schluss, dass die Vorinstanz Art. 257a Abs. 2 OR verletzt hat, als sie argumentierte, dass die Nebenkosten bereits im Mietvertrag zu Lasten der Mieter ausgeschieden und in den beigehefteten Vertragsbestimmungen konkretisiert wurden und damit als vereinbart und geschuldet gelten. Diesbezüglich wurde den Mietern und Beschwerdeführern Recht gegeben. Die höchstrichterliche Instanz befand aber, dass, gestützt auf die verbindliche Sachverhaltsfeststellung der Vorinstanz, die Parteien und insbesondere die Mieter beim Abschluss des Mietvertrages tatsächlich erkannten, welche Nebenkosten ihnen vertraglich aufgebürdet werden, und in diesem Wissen den Mietvertrag schliesslich auch unterzeichneten. Deshalb können sich die Mieter im Nachhinein nicht auf die fehlende Bestimmtheit der Nebenkostenvereinbarung bzw. der Vertragsbestimmungen berufen.

Praktische Tipps

Auch wenn der Bundesgerichtsentscheid im Ergebnis den Mietern nicht Recht gab und ihre Beschwerde abgewiesen wurde, so zeigt dieser Fall exemplarisch einmal mehr, wie wichtig eine rechtsgültige Nebenkostenvereinbarung ist. Vor diesem Hintergrund werden nachfolgend ein paar Dos und Don'ts für das Verfassen einer Nebenkostenvereinbarung gegeben: Nebenkosten sind vom Mieter nur zu bezahlen, wenn dies besonders vereinbart wurde; andernfalls trägt sie der Vermieter, bzw. sind sie im Mietzins inbegriffen. Eine Nebenkostenvereinbarung sollte aus Beweisgründen schriftlich verfasst sein und im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses erfolgen. Die Nebenkosten sollten grundsätzlich im Mietvertrag aufgelistet und genügend bestimmt und konkret bezeichnet werden. Generelle oder pauschale Formulierungen von Nebenkosten genügen nicht. Es sollen nur diejenigen Nebenkosten aufgeführt werden, die im Zusammenhang mit dem Mietobjekt auch tatsächlich anfallen. Der Zusatz «nicht abschliessende» oder «insbesondere» bei einer Liste von Nebenkosten bleibt wirkungslos – nur die aufgeführten Positionen gelten als vereinbart. Wurde der Mietvertrag schriftlich verfasst und das sog. Schriftformerfordernis vorbehalten, so gilt dies auch für Nebenkosten, d. h. diese müssen auch schriftlich verfasst sein. Ein Hinweis auf Allgemeine Bestimmungen oder einen standardisierten Vertragszusatz genügt nicht. Die Einführung neuer Nebenkosten, Änderung des Verteilschlüssels oder der Nebenkostenabrede dürfen nur unter Einhaltung der Frist- und Formvorschriften (wie amtlich genehmigtes Formular) erfolgen.

 

Dieser Artikel wurde in der Zeitschrift für die Immobilienwirtschaft IMMOBILIA im Dezember 2019 veröffentlicht. 

Veröffentlichung
SVIT Immobilia, 12/2019 - Allgemeine Bedingungen und Vertragszusätze
Download
PDF 473,2 kB

Autoren

Seraina Kihm