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The Supreme Court will be the only court of instance for arbitration proceedings

15/02/2012

Nach jahrelanger Kritik legt das Justizministerium einen revolutionären Schiedsrechtsentwurf vor: Statt der bisher drei Instanzen soll in Zukunft der Oberste Gerichtshof über Aufhebungsverfahren allein entscheiden.

In die Bestrebungen, Österreich als Schiedsort für internationale Schiedsgerichtsbarkeit zu fördern und zu stärken, reiht sich nunmehr die Gesetzgebung ein: Das Bundesministerium für Justiz hat einen Entwurf zur Änderung des Schiedsverfahrens in der Zivilprozessordnung vorgelegt, der als revolutionär gelten kann. Im Wesentlichen würde für alle den Gerichten zugeordneten Verfahren im Zusammenhang mit Schiedsverfahren der Oberste Gerichtshof erste und letzte Instanz. Insbesondere wäre der OGH demnach für Klagen auf Aufhebung und Feststellung des Bestehens/Nichtbestehens eines Schiedsspruchs alleine zuständig. Ebenso würde er einzige Instanz in allen Verfahren betreffend die Bildung des Schiedsgerichts wie Ersatzbestellung und Ablehnung von Schiedsrichtern sowie vorzeitige Beendigung des Schiedsrichteramts.

Zielsetzung ist einerseits, die im Zusammenhang mit Schiedsverfahren stattfindenden Gerichtsverfahren zu beschleunigen, indem der bisherige Instanzenzug von drei Instanzen auf eine reduziert, de facto also abgeschafft wird. Tatsächlich hat die Praxis die Tatsache, dass ein in Österreich ergangener Schiedsspruch einem Aufhebungsverfahren über bis zu drei Instanzen unterliegt als erheblichen Wettbewerbsnachteil gegenüber anderen Schiedsorten angesehen: Unternehmen wünschen grundsätzlich rasche Verfahren und vor allem Rechtssicherheit. Sie wollen also möglichst bald eine endgültige Entscheidung. Dass eine unterliegende Partei die Vollstreckung eines Schiedsspruchs durch Einbringung einer Aufhebungsklage und Ausschöpfung des Instanzenzuges über Jahre verzögert, ist daher unbefriedigend. Durch die Konzentration der Verfahren vor dem OGH wird dem Rechnung getragen.

Weiters soll damit die besondere Fachkompetenz an einer Stelle konzentriert werden. Auch dies entspricht praktischen Bedürfnissen, weil den ordentlichen Gerichten die Besonderheiten der Schiedsgerichtsbarkeit oft fremd sind, worunter die Entscheidungsqualität leiden kann. Die Bildung und Sicherung des Fachwissens beim OGH wird daher die Qualität erhöhen und verfahrensbeschleunigend wirken, weil sich das Einarbeiten in die Besonderheiten erübrigen wird.

Als Vorbild hat offensichtlich die Schweiz gedient, wo ebenfalls nur eine Instanz in Form des Höchstgerichts entscheidet. Da in den meisten anderen Schiedsplätzen ein Rechtszug über zumindest zwei Instanzen besteht, bedeutet diese Reduzierung auf eine Instanz einen wichtigen Wettbewerbsvorteil für den Schiedsort Österreich.

Revolutionär ist der Entwurf auch deshalb, weil damit der OGH erstmals in Zivilverfahren als Tatsacheninstanz Beweisverfahren durchführen wird. Bislang sind Verfahren beim OGH reine Aktenverfahren, zukünftig würde der OGH in Verfahren über die Aufhebung eines Schiedsspruchs nach den Regeln für das streitige Verfahren erster Instanz verhandeln, die Verfahren im Zusammenhang mit der Bildung des Schiedsgerichts werden dem Außerstreitigen Verfahren zugeordnet.

Allerdings sollen die neuen Regelungen nicht für Schiedsverfahren gelten, in denen ein Verbraucher Partei ist. Bei diesen bleibt es bei den bisherigen Zuständigkeiten und Instanzenzügen. Dies hat insbesondere Bedeutung für Rechtsstreitigkeiten unter Gesellschaftern, wenn darunter auch natürliche Personen sind. Das dahinter stehende Argument ist die Schutzbedürftigkeit des Konsumenten, dem offenbar zur Überprüfung der Wirksamkeit der nur eingeschränkt zulässigen Schiedsvereinbarungen alle Instanzen offen stehen sollen. Dies ist in vielen Fällen weder notwendig noch angebracht, weil nicht Unternehmen den Konsumenten in übergeordneter Form gegenüberstehen, sondern zB als Gesellschafter gleichrangig. Die Frage des Ausmaßes des Verbraucherschutzes im Kontext von Schiedsverfahren harrt generell einer Lösung, die am besten durch eine Konkretisierung des Verbraucherbegriffs erzielbar wäre.

Dennoch ist der Entwurf ein „Großer“: Die vorgeschlagene Änderung ist aus Sicht von in der Schiedsgerichtsbarkeit tätigen Praktikern wie aus Parteiensicht zu begrüßen und zu hoffen, dass diese rasch Gesetz wird.

Der Artikel ist am 15.02.2012 in der österreichischen Tageszeitung "Der Standard" erschienen.

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OGH wird einzige gerichtliche Instanz bei Schiedsverfahren
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